Jeder kennt sie, viele nutzen sie: Bunte und vornehmlich im Rudel auftauchende Leihräder gehören insbesondere in mittleren und grossen Städten inzwischen zum gewohnten Bild. So mancher möchte da fast meinen, das Kauffahrrad hätte schon bald ausgedient. Doch wie gut sind die Anbieter, das Material und vor allem das Preis-Leistungs-Verhältnis?

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Leihräder sind mittlerweile in vielen Städten Deutschlands zu einem festen Bestandteil des Stadtbildes und zu einer echten Alternative zum eigenen Drahtesel geworden. Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Leihräder sind relativ günstig und meist in direkter Nähe verfügbar – zumindest in Ballungsräumen. Genau dort, wo wenig Raum vergleichsweise viel kostet, nehmen sie zudem keinen Platz in Keller, Flur oder Abstellraum ein. Hinzu kommt, dass die Anmietung in der Regel unkompliziert per App möglich ist und der jeweilige Anbieter selbst für Reparaturen und Wartung aufkommt. Besonders für ortsfremde Touristen stellen die innerstädtischen Leihräder daher häufig eine gute Möglichkeit dar, zu vergleichsweise günstigen Konditionen auf Erkundungsreise zu gehen.

Hat das eigene Fahrrad ausgedient?

Doch wie schneiden Leihräder in finanzieller Hinsicht im Vergleich ab? Lohnt sich der Verzicht auf den eigenen Drahtesel. Der ADAC hat sich dieser Frage angenommen und untersucht, was der Entleiher bei welchem Anbieter berappen muss. Auffällig ist dabei, dass sich die Kosten trotz eines vermeintlich recht ausgeprägten Wettbewerbs recht nah beieinander eingependelt haben – zumindest im Kurzzeitbereich. Etwa ein Euro je halber Stunde fällt dem ADAC zufolge als Leihgebühr an. Die Preise unterscheiden sich demnach auf den ersten Blick kaum zwischen den inzwischen recht zahlreichen Wettbewerbern.

Bezieht man jedoch auch Tarifmodelle und Zeitspannen abseits sehr kurzer Ausleihen in die Rechnung mit ein, lassen sich deutliche Unterschiede erkennen. Der Anbieter "Call a Bike" verlangt demnach für einen vollen Tag immerhin 15 Euro, und zwar in allen untersuchten Städten. Genauso viel verlangt auch "nextbike" – allerdings nur in Berlin. In anderen Städten schlägt die 24-Stunden-Nutzung über den Anbieter mit 9 Euro zu Buche.

Etwas günstiger als bei "Call a Bike" und "nextbike" in Berlin kommen Gelegenheitsradler und all jene, die kein eigenes Fahrrad besitzen, beispielsweise bei "StadtRAD" (Hamburg) sowie "MVG Rad" in der bayerischen Landeshauptstadt München weg. Jeweils 12 Euro werden hier für 24 Stunden fällig. Zusätzlich zum 24-Stunden-Tarif haben diese beiden Anbieter aktuell noch eine weitere Gemeinsamkeit. So sind sie laut ADAC die einzigen Anbieter, die kürzere Nutzungen minutengenau abrechnen (jeweils 8 Cent pro Minute, bei "StadtRAD" aber erst ab der 31. Minute).

Welche Nebenkosten gibt es?

Nicht übersehen sollten ambitionierte Radler ohne eigenen fahrbaren Untersatz die Kosten, die sich nicht direkt anhand der tatsächlichen Nutzungsdauer orientieren. So werden bei "StadtRAD" und "MVG Rad" beispielsweise zunächst einmal fünf Euro Einrichtungsgebühr verlangt, die jedoch anschliessend mit den Fahrtkosten verrechnet werden. "Call a Bike" erhebt pauschal eine jährliche Nutzungsgebühr von drei Euro. Bei "nextbike" hingegen genügt schon ein Euro, der auch noch als Startguthaben dient, um durchstarten zu können. Wichtig: Bestimmte Gruppen wie Rentner oder auch Studenten können bei vielen Anbietern von speziellen Konditionen profitieren.

Hier drohen die Kostenfallen

Eine Sonderstellung in gleich mehreren Punkten nimmt übrigens der Anbieter "oBike" im Leihrad-Geschäft ein. Als einziger Fahrradverleiher verlangt "oBike" eine Kaution (79 Euro). Und das aus gutem Grund. Der Anbieter hat nämlich keine festen Stationen, an denen die Räder nach der Nutzung wieder abgegeben werden müssen. Stösst dem Fahrrad etwas zu, kann die Kaution fällig werden.

Aber auch bei den anderen Anbietern drohen Zusatzkosten, wenn mal etwas schief läuft. Wer sein "nextbike" mehr als zwanzig Meter von einer Station entfernt abstellt, zahlt etwa satte 20 Euro. Bei "Call-a-Bike" kostet der gleiche Spass immerhin noch fünf Euro.

Kritik am Leihrad-Konzept wächst

Betrachtet man das Konzept aus einer rein theoretischen Perspektive, könnte alles so einfach, praktisch und unkompliziert sein. Wer möchte, kann von der Entwicklung hin zum stetig wechselnden Leihrad profitieren und sich hin und wieder auf den fix geliehenen Drahtesel schwingen. Und wer von dem Ansatz nichts hält, braucht sich nicht damit auseinandersetzen.

Wie so oft stellt sich die Lage in der Praxis an einigen Orten aber anders dar. Insbesondere "oBike" ist hier zuletzt ins Zentrum der Kritik geraten. Der Hauptgrund dafür findet sich in dem angesprochenen Konzept ohne feste Abgabestationen. Dieses führt immer wieder dazu, dass die geliehenen Räder an Orten abgestellt werden, wo sie schlicht nichts zu suchen haben. In München wurden die Räder so unter anderem schon wahllos in Büschen oder umgedreht am Strassenrand zurückgelassen.

Problematisch ist zudem, dass vermehrt Berichte über Sabotage an Leihrädern aufkommen. Zwar handelt es sich dabei um Einzelfälle, auf die die Anbieter meist schnell reagieren, dennoch kommt hier auch noch eine nicht unerhebliche rechtliche Komponente zum Tragen – von einer gewissen Verunsicherung der Verbraucher ganz abgesehen.  © 1&1 Mail & Media/ContentFleet

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