In einer frechen Zeitungsanzeige macht ein gewisser Polestar ganz offensichtlich mit der kompletten deutschen Autoindustrie Schluss. Aber wer oder was steckt hinter diesem durchaus amüsanten Seitenhieb auf die grossen Autobauer?
"Liebe Autoindustrie, wie soll ich es sagen? Zwischen uns ist es nicht mehr, wie es war. Du bist irgendwann einfach stehengeblieben."
So beginnt eine ganzseitige Anzeige in der Donnerstagsausgabe der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Weiter heisst es in der Anzeige in Form eines Schlussmach-Briefs, dass man sich in Wirklichkeit schon vor Jahren auseinandergelebt habe.
Der Verfasser des Briefs wirft der Autoindustrie vor, einen grossen Anteil an dem Liebes-Bruch zu haben: "Einerseits deine Versprechungen einer besseren Zukunft, andererseits dein Festklammern an der Vergangenheit."
Man habe sich auseinandergelebt und man könne nicht einfach so weitermachen, als ob alles noch so wie früher wäre.
Deshalb zieht der Verfasser einen Schlussstrich, indem er schreibt: "Bitte verstehe, dass ich nicht länger auf dich warten kann. Von hier an gehen wir getrennte Wege."
Unterschrieben ist der Brief von einem gewissen Polestar. Aber wer bitte soll das sein?
Das steckt hinter Polestar
Bei Polestar handelt es sich um die Elektromarke des Automobilherstellers Volvo, der wiederum zum chinesischen Geely-Konzern gehört.
In wenigen Tagen will Geely den sogenannten Polestar 2, das zweite E-Auto der Marke, online präsentieren, weshalb sich das Unternehmen mit der Anzeige etwas Besonderes einfallen liess, um Aufmerksamkeit zu erlangen.
Kreative Werbung scheint dafür kein schlechtes Mittel der Wahl zu sein. Auch wenn den deutschen Autobauern der freche Seitenhieb auf die eigenen unternehmerischen Strategiedefizite nicht schmecken wird.
Ob ihnen der Polestar in Sachen Elektromobilität auf erst einmal den Rang ablaufen wird, bleibt abzuwarten. Allerdings dürfte zumindest ein Hersteller auch von einem Technologie-Transfer profitieren.
Geely kooperiert mit Daimler
Denn Geely ist Grossaktionär von Daimler und strebt eine strategische Partnerschaft an. Geely-Eigentümer Li Shufu war im Februar 2018 überraschend mit fast zehn Prozent bei den Schwaben eingestiegen.
Daraus ergeben sich für beide Unternehmen Chancen. Kooperationen der schwedischen Geely-Tochter Volvo Cars mit den Stuttgartern, aber auch eine Zusammenarbeit mit dem davon getrennten Lkw-Bauer Volvo, an dem Li ebenfalls beteiligt ist - alles scheint möglich.
Für neue Spekulationen sorgte vor wenigen Tagen Dieter Zetsche auf der Bilanz-Pressekonferenz von Daimler. Der Daimler-Chef orakelte, man plane zusammen mit Geely Grösseres. "Wir sind in Gesprächen über andere Themen, die eine grössere Dimension haben", sagte Zetsche.
Spekulationen zufolge könnte es dabei um den Aufbau eine Batteriezellenproduktion für die E-Mobilität gehen. Insofern dürfte wohl zumindest Daimler über die freche Polestar-Anzeige hinweglächeln.
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