Las Vegas - Autos werden immer mehr zu Rechnern auf Rädern und der klassische Maschinenbau verliert mit dem E-Auto an Bedeutung. Kein Wunder, dass die Autobranche mittlerweile auch auf der Technikmesse CES in Las Vegas (bis 8. Januar) stark vertreten ist.
Zwischen Fernsehern so gross wie Kinoleinwände, künstlicher Intelligenz, smartem Sexspielzeug und Roboterküchen gibt es viele PS-Premieren. Selbst Elektronik-Giganten entdecken offenbar die Freude am Fahren und gehen wie Sony unter die Autobauer.
So haben die Japaner gemeinsam mit Honda eine elektrische Limousine entwickelt, die bis 2026 auf die Strasse kommen soll. Was bietet die CES Autofans noch? Das sind unsere fünf Favoriten: 1. VW ID.7: Der Passat für die Generation E Der ID.3 als elektrischer Erbe des Golfs, der ID.4 als Tiguan für die Ladesäule und jetzt der ID.7 als Vorbote einer Elektrolimousine im Format des VW Passat: Mit der Vorpremiere seines aktuell grössten Autos aus seinem Elektrobaukasten schaltet VW bei der Mobilitätswende noch einmal einen Gang hoch. Besonders windschnittig gezeichnet und deshalb sehr effizient, soll er ohne die hier noch zur Schau gestellte kunterbunte Tarnung in diesem Frühjahr gezeigt werden.
Im zweiten Halbjahr soll er mit Normreichweiten von bis zu 700 Kilometern gegen Autos wie den BMW i4 oder das Tesla Model 3 antreten. Zwar will VW damit seine Mittelklasse-Kundschaft elektrisch locken und plant deshalb sogar eine Kombi-Version, doch ist das nicht das Ende des klassischen Passats, beteuern die Wolfsburger. 2. Peugeot Inception: Aufbruch in eine neue Ära Er ist das vielleicht spektakulärste Auto in Sin City und fängt alle Blicke: Der Peugeot Inception. Die fünf Meter lange Coupé-Studie ist bemerkenswert. Nicht nur, weil sie messerscharf aus dem Blech geschnitten ist, eine von den Helmen der Nasa-Astronauten inspirierte Isolierverglasung trägt, einen aufwendig illuminierten Grill ins Publikum reckt oder Dialogstreifen an der Flanke bekommt.
Und auch nicht, weil sie sich mit ihrem neuartigen Bedienkonzept ohne klassisches Lenkrad steuern lässt wie eine Spielekonsole für die Strasse. Sondern vor allem markiert sie einen Neubeginn für die Markenfamilie des Stellantis-Konzerns, stellt Firmenchef Carlos Tavares in Aussicht. Denn nachdem die meisten Marken bislang ausschliesslich umgebaute Verbrenner an die Ladesäule gebracht haben, steht der Inception als erstes Modell auf einer ausschliesslich für Elektrofahrzeuge entwickelten Plattform.
Für die verspricht Stellantis neben grosszügigeren Platzverhältnissen vor allem mehr Reichweite und höhere Ladegeschwindigkeiten. Ganz so weit wie beim Inception allerdings werden es die Ingenieure bei den ab 2026 geplanten Serien-Stromern von Peugeot oder Opel aber wohl nicht treiben. Denn 500 kW/680 PS, weniger als drei Sekunden für den Spurt von 0 auf 100 km/h und Reichweiten von bis zu 800 Kilometern sind für 308, Astra & Co des Guten dann wohl ein bisschen zu viel. 3. BMW i Vision Dee: Neue Klasse Wie Stellantis bereitet auch BMW eine neue Elektroarchitektur vor, die alle kommenden Modelle tragen soll. Weil die als Neue Klasse allerdings erst 2025 an den Start geht, geben die Bayern darauf jetzt zumindest mit der Studie i Vision Dee einen Vorgeschmack.
Und weil das Fahren in Las Vegas Nebensache ist, sprechen sie hier weniger über 20 Prozent mehr Energiedichte, 30 Prozent höhere Ladegeschwindigkeiten und ein Drittel mehr Reichweite. Sondern sie stellen die Digitalisierung in den Vordergrund und lassen bei dem Showcar die Realität mit den virtuellen Welten verschmelzen.
Klingt abgehoben, hat aber Bodenhaftung, sagt Entwicklungsvorstand Frank Weber: Psychedelische Comicwelten auf der Frontscheibe sind zwar genauso unwahrscheinlich wie abgedimmte Seitenfenster. Doch das vollflächige Head-up-Display und mit ihm die weitergehende Verschmelzung realer Aussichten und elektronischer Animationen seien für die Neue Klasse als Nachfolger von 3er und X3 gesetzt. 4. Infotainment: Der Wackeldackel geht unter die Gamer Früher war er das Symbol der Spiesser. Doch jetzt wird der legendäre Wackeldackel zum Kultobjekt der Generation Playstation: Digital animiert statt aus Plüsch oder Plastik wandert er bei Mercedes bald von der Hutablage ins Infotainmentsystem. So wirder zum elektronischen Begleiter auf langweiligen Langstrecken.
Zugleich steht die für die Messe überdimensional und real aus Kunststoff gegossene Figur für einen Trend, der auf allen Ständen zu sehen ist: Während das Fahren selbst immer nebensächlicher wird, gewinnt die Unterhaltung an Bord zunehmend an Bedeutung.
So holen die Hersteller immer mehr Inhalte aus dem Internet ins Auto, bieten besseren Raumklang als im Tonstudio und bauen immer grössere Bildschirme mit immer tieferer Darstellung ein.
Und bisweilen wird das Auto sogar selbst zum Spielzeug und die Insassen können wie etwa bei Audi während der Fahrt eine VR-Brille aufsetzen und damit zum Holo-Ride durch Gaming-Abenteuer starten – bislang allerdings nur auf dem Rücksitz. 5. Detaillösungen für mehr Reichweite: Solarmodule und beheizter Gurt Dass das Auto der Zukunft elektrisch fährt, daran hegt auf der CES keiner mehr Zweifel. Und ausser bei ein paar Hi-Fi-Herstellern findet man in den Messehallen überhaupt keine Verbrenner mehr.
Doch nur weil alle Showcars jetzt einen Stecker haben, ist die Technik noch lange nicht ausgereizt. Sondern Hersteller und Zulieferer ringen gleichermassen um maximale Reichweite. Sie präsentieren deshalb viele Detaillösungen, mit denen die Effizienz steigt und so die Reichweite wächst.
Das beginnt bei den Solarmodulen auf der Karosserie des Lightyear 2, dem frühestens ab 2026 lieferbaren Massenmodell des gleichnamigen niederländischen Start-ups. Das Auto soll unter 40 000 Euro kosten.
Mit einer Ladung soll es 800 Kilometer weit kommen und muss laut Berechnungen des Herstellers dreimal seltener an die Steckdose als ein konventionelles E-Modell.
Und das Ringen um Effizienz endet bei dem beheizbaren Sicherheitsgurt des Zulieferers ZF, der schon in ein, zwei Jahren in Serie gehen könnte. Was nach verschwenderischem Luxus klingt, ist eigentlich eine Energiesparmassnahme, argumentieren die Schwaben. Speziell im E-Auto. Es kostet viel mehr Strom, den gesamten Innenraum aufzuheizen, als mit ein paar Glühdrähten nah am Körper kuschelige Wärme zu erzeugen - Wärmflascheprinzip. © dpa
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