Zum Einstieg einen günstigen gebrauchten Stromer? Wenn sie denn nur leicht zu finden wären. Denn hierzulande gibt es nur einen kleinen Gebrauchtwagenmarkt für E-Autos. Warum das so ist und worauf man beim Kauf achten sollte.
Sich mal eben ein günstiges Elektroauto zu kaufen, ist gar nicht so leicht: Der Anteil der verkauften gebrauchten E-Autos am gesamten Gebrauchtwagenmarkt betrug im vergangenen Jahr gerade einmal 1,6 Prozent, wie das Kraftfahrtbundesamt ermittelt hat.
Zuletzt ist immerhin etwas Bewegung im Gebrauchtwagenmarkt von E-Autos gekommen. Demnach sank der Preis eines Telsa Modell 3 Standard Range Plus bis Herbst 2023 um 7.000 Euro, wie der Branchendienst Deutsche Automobil Treuhand (DAT) mitgeteilt hat. Und ein VW ID.3 Pro S ist um mehr als 4.000 Euro günstiger geworden.
Allerdings hat die Sache für viele Kunden einen Haken: Die Elektromodelle bleiben im Schnitt etwa knapp 10.000 Euro teurer als vergleichbare Benzin- oder Dieselmodelle. Ein gebrauchter Stromer kostete Ende 2023 im Schnitt 36.703 Euro. Der Durchschnitt des gesamten Gebrauchtwagenmarktes lag bei 27.709 Euro.
Zu wenige Modelle auf dem Gebrauchtwagenmarkt verfügbar
So ist selbst für jene, die sich vorsichtig erstmal über einen Gebrauchten an das E-Auto heranwagen wollen, die Lage schwierig. Doch warum ist der Gebrauchtwagenmarkt noch so schlecht ausgestattet? Dies liege ganz wesentlich am zu geringen Angebot, sagt Beatrix Keim vom Center for Automotive Research (CAR) in Duisburg. Die Haltedauer für E-Fahrzeuge sei noch nicht in einem Bereich, dass sie schon weiterverkauft werden würden. Viele Kunden seien mit ihren jetzigen E-Autos offenbar gegenwärtig noch zufrieden.
Ein wesentlicher Punkt sei zudem, dass es noch keine Klarheit über sogenannte "Restwerte" gäbe, so Keim. Damit sind ein angemessener Wiederverkaufswert, die verbleibende Lebensdauer der Batterie und Versicherungskosten gemeint. Dafür brauche es noch Zeit und dies könne noch einige Jahre dauern, so die Autoexpertin. An möglicher zu geringer Qualität liege es hingegen nicht, sagt Keim. "Die Fahrzeuge, die seit Längerem im deutschen Markt angeboten wurden, sind vorwiegend aus etablierten Produktionen." Dies schliesse ausdrücklich auch chinesische Hersteller mit ein.
Ladesituation im Wohnumfeld wichtiger Entscheidungsfaktor
Das E-Auto leidet aktuell aber auch darunter, dass noch immer viele Menschen Vorbehalte gegenüber Stromern haben. Viele fürchten eine begrenzte Reichweite, hohe Anschaffungskosten und mangelnde Infrastruktur, wie eine Umfrage der DAT ergab. Auch haben viele Menschen Angst vor einer möglichen Unzuverlässigkeit von Batterien. Der wichtigste Grund hingegen für den E-Auto-Kauf war bis zuletzt die staatliche Förderprämie. Und diese fiel nun Ende vergangenen Jahres weg.
Dass die Kaufzurückhaltung auch an einer Angst vor zu geringer Reichweite liegen kann, glaubt auch Expertin Beatrix Keim. Besonders, wenn es um Fahrten von 300 bis 400 Kilometern Länge gehe. Dort würden dann die Fragen nach ausreichender Ladeinfrastruktur und der Verlängerung der Reisezeiten durch Ladestopps noch einmal wichtiger werden.
Für den durchschnittlichen Bedarf sei diese Angst unbegründet, so die Expertin. Dort würden die herkömmlichen Batterien durchaus ausreichen. Wichtig sei für viele Kunden hingegen mindestens so sehr, wie die Lademöglichkeiten im eigenen Wohnumfeld gestaltet seien. Bietet das eigene Wohnhaus eine Ladeoption? Wo ist die nächste öffentliche Ladesäule? Diese Fragen seien wichtig, aber auch je nach E-Auto-Modell und eigenem Bedarf sehr unterschiedlich zu beantworten, betont die Automobilexpertin.
Expertin: Nicht nur Anschaffungspreis entscheidend
Und was können Kunden tun, wenn sie einen günstigen Stromer ergattern möchten? Zunächst einmal müsse man sich über die eigenen Bedürfnisse klar sein, sagt Beatrix Keim. Wie viele Kilometer man im Schnitt tatsächlich fahre. Wie die Ladesituation vor Ort sei. Kunden sollten zudem die Prämien der Hersteller im Blick behalten.
Auch sollten Kunden nicht nur auf den Anschaffungspreis blicken. Letztlich gehören dazu auch andere finanzielle Aspekte, wie die Erreichbarkeit der Ladeinfrastruktur fürs E-Auto, die Kfz-Steuer, die Fahrzeug-Versicherung, der Zugang zu Wartung, Service und die Versorgung mit dem Ersatz von Verschleissteilen. "Denn wenn zum Beispiel das Service-Netz nicht ausreicht, die Teileversorgung nicht gewährleistet ist, oder die Marke vom Markt verschwindet, dann wird es noch viel teurer", sagt Keim.
Zuletzt seien oftmals Modelle mit dem Baujahr 2019 auf den Gebrauchtwagenmarkt gekommen, wie der ADAC betont. Dabei handele es sich oftmals um Leasing-Rückläufer. Die Modelle, die nach Recherchen des Verbandes auf dem Gebrauchtwagenmarkt aktuell vermehrt angeboten werden, sind der VW ID.3, der Opel Corsa-e, der elektrische Fiat 500 oder das Tesla Model 3.
Für potenzielle Kunden weist der Automobilclub darauf hin, dass die von dem Verband zusammengestellten Tipps für Gebrauchtwagenkäufe auch für E-Autos gelten. Zudem sollte der Verkäufer den aktuellen Stand der Batterieleistung immer angeben. Auch sei wichtig zu beachten, dass die vom Hersteller angegebenen Werte für die Reichweite zumeist unter den tatsächlichen lägen. Der ADAC hält für jedes Modell ein Informationsblatt für Gebrauchtwagen sowie einen Preisrechner bereit. Erst dann sollten potenzielle Kunden bei Autohäusern oder den üblichen Online-Portalen auf die Suche gehen.
Über die Expertin
- Beatrix Keim ist Direktorin für Business Development & China Projects beim Center for Automotive Research (CAR) in Duisburg
Verwendete Quellen
- Tagesschau: "Der E-Auto-Gebrauchtmarkt in Deutschland ist tot"
- Autobild: Das müssen Sie beim Kauf eines gebrauchten E-Autos beachten
- ADAC: Auto gebraucht kaufen: Worauf Sie achten sollten
- ADAC: ADAC Gebrauchtwageninformationen
- ADAC: Preise für Gebrauchtwagen
- Deutsche Automobil Treuhand: DAT-Report 2024
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