Der Bundesgerichtshof hat Dashcam-Videos als Beweismittel bei Unfallprozessen zugelassen. Doch damit sind solche Aufnahmen noch lange nicht legal. Wer sie nutzt, bewegt sich rechtlich auf dünnem Eis.
Immer mehr Autofahrer wollen Dashcams im Auto installieren, damit sie bei einem Unfall das Verkehrsgeschehen dokumentieren und im Zweifel ihre Unschuld beweisen können. Seit dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 15. Mai 2018 ist das grundsätzlich möglich. Der BGH hatte in seinem Urteil Videos von Dashcams als Beweismittel in Haftungsprozessen zugelassen. Und gleichzeitig hat das Urteil die legale Verwendung solcher Kameras stark eingeschränkt.
Video hat bei Unfallprozess Vorrang vor Datenschutz
Denn nach Auffassung des Gerichts verstossen die Videos im Prinzip gegen Persönlichkeitsrechte. Schliesslich haben die aufgezeichneten Personen nicht ihr Einverständnis dazu gegeben, gefilmt zu werden.
Bei einem Prozess über Unfallhaftpflicht muss jedoch das Recht am eigenen Bild zurückstehen. Denn Teilnehmer am Strassenverkehr setzen sich selbst der Beobachtung aus – und müssen bei Unfallprozessen ohnehin ihre Personalien offenlegen.
Automatische Aufzeichnung von Unfällen zulässig
Nicht erlaubt ist jedoch die Aufzeichnung langer Autofahrten ohne sachlichen Anlass. Die Richter verweisen dazu ausdrücklich auf die technischen Möglichkeiten: Erlaubt ist eine Dashcam, die ihre Aufzeichnungen nach kurzer Zeit durch neue Bildsequenzen überschreibt.
Die Kamera darf jedoch mutmassliche Unfallbilder dauerhaft speichern. Das lässt sich etwa durch einen eingebauten Beschleunigungssensor realisieren, der bei harten Stössen auslöst. Bei der Wahl einer Dashcam sollten Käufer auf solche Funktionen achten, um auf der sicheren Seite zu sein.
Private Videos erlaubt – Veröffentlichung problematisch
Statthaft sind längere Filmaufnahmen dann, wenn sie rein privat genutzt werden. Das lange Video von der Reise in den Urlaub oder der Fahrt über den Alpenpass zum Beispiel ist zulässig, wenn die Aufnahme die eigenen vier Wände nicht verlässt.
Problematisch wird es, wenn die Aufnahme im Internet veröffentlicht wird. Auch dann, wenn es sich um rein touristische Videos handelt. Wer solche Aufnahmen wegen der tollen Landschaft in Netz stellen will, sollte Personen und Autokennzeichen unkenntlich machen. Sonst können die Aufnahmen gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung verstossen.
Bussgelder von mehreren 100.000 Euro möglich
Unlängst hat das Bayerische Landesamt für Datenaufsicht angekündigt, dass es bei Weitergabe von Dashcam-Videos an Polizei, Versicherung oder Internet prüfen will, ob es einen Bussgeldbescheid erlassen will. Der mögliche Bussgeldrahmen dafür reicht bis 300.000 Euro.
Nach Informationen des ADAC wurden in Hessen erstmals Bussgelder wegen solcher Videos verhängt. Da mit den Aufnahmen kein wirtschaftlicher Vorteil einherging, blieb das Bussgeld im unteren Bereich des Rahmens. Das könnte anders aussehen, wenn durch Veröffentlichung auf einem Videoportal Geld durch Werbung verdient wird.
Videobeweis von Verkehrsverstössen riskant
Sollte es auf der Strasse zu polizeilichen Kontrollen von Dashcams kommen, bewegt sich der Fahrer mit langen Videos auf dem Speicherchip in einer Grauzone. Denn es ist für die Beamten nicht erkennbar, auf welche Weise die Aufnahmen später verwendet werden sollen.
In einer Grauzone bewegt sich auch, wer Verkehrsverstösse anderer auf Video festhält und die Aufnahmen der Polizei oder einem Gericht übergibt. Denn Videoaufnahmen zur Strafverfolgung sind nur der Polizei erlaubt, und auch dies nur in engen Grenzen.
Es ist schon passiert, dass ein Gericht das Vorlegen eines Dashcam-Videos mit einer Geldbusse beantwortet hat – so geschehen am Amtsgericht München im August 2017. Andererseits haben Gerichte in schwerwiegenden Fällen solche Videobeweise zugelassen.
Letztlich sind nur zwei Verwendungszwecke von Dashcam-Videos rechtlich unbedenklich: kurze Videosequenzen zur Beweissicherung bei Unfällen und rein privat genutzte Urlaubsfilme. Alle anderen Nutzungsarten bergen rechtliche Risiken, die teilweise beträchtlich sind. © 1&1 Mail & Media/ContentFleet
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