Naumburg (dpa/tmn) - Auch ein noch nicht ganz zwölfjähriges Kind muss im Strassenverkehr gewisse Gefahren erkennen. Etwa dann, wenn es einen Bus verlässt und hinter ihm über die Strasse geht. Ansonsten trifft es ein hohes Mitverschulden.
Der ADAC weits auf folgendes Urteil des Oberlandesgerichts Naumburg hin (Az.: 10 66/16): Mit einem Linienbus fuhr eine fast zwölfjährige Schülerin nach Hause. Unterwegs bat sie den Busfahrer, sie vor der ursprünglichen Haltestelle auf freier Strecke aussteigen zu lassen. Das wäre eine grosse Abkürzung. Dem kam der Fahrer nach, öffnete die Tür, schaltete die Warnblinkanlage aber nicht an. Das Mädchen stieg aus und querte hinter dem Bus die Strasse. Dabei kam es zu einem Unfall mit einem Auto, das langsam auf der Gegenfahrbahn fuhr.
Die Eltern forderten Schadenersatz und Schmerzensgeld. Ihre Argumentation: Ein elfjähriges Kind hafte nicht allein. Die Versicherung verweigerte die Zahlung. Auch ein Kind in diesem Alter hätte die selbst herbeigeführte Situation erkennen können. Es hätte zumindest abwarten müssen, bis der Bus nicht mehr die Sicht versperrt, bevor es über die Strasse ging. 30 Prozent des Schadens seien bereits gezahlt worden.
Das Gericht gab der Versicherung Recht. Ein Kind in diesem Alter verfüge über die notwendige Einsichtsfähigkeit. Und damit über das Wissen, dass es mit erheblichen Gefahren verbunden ist, hinter einem Bus über die Strasse zu gehen. So etwas sei nur mit der entsprechenden Vorsicht zu tun. Daher hätte die Klägerin einen Mitverschuldensanteil von 70 Prozent zu tragen. Der Busfahrer hätte allerdings nicht ausserhalb der eigentlichen Haltestation halten dürfen. Auch der andere Autofahrer hätte früher reagieren können. Das sei aber bereits im Verschuldensanteil von 30 Prozent berücksichtigt.
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