Aus den Gerüchten um die Opel-Übernahme durch den französischen PSA-Konzern könnte bald der zweitgrösste Autokonzern Europas hervorgehen. Für manche unvorstellbar, für andere ganz normal. Denn die gemeinsame Unternehmensbasis gehört bei einem Grossteil der Konkurrenz längst zum Tagesgeschäft.
Wird aus Opel und Peugeot schon bald Peugeot-Opel oder Opel-Peugeot? Oder noch viel schlimmer: OPSA? Der PSA-Konzern mit seinen Marken Peugeot und Citroën löst seit den ersten Meldungen über eine mögliche Fusion mit dem deutschen Traditionshersteller Opel leichte Skepsis in Deutschland aus – nicht nur bei Mitarbeitern. Was die beiden Unternehmen tatsächlich planen, nachdem General Motors (GM) seine praktisch einverleibte Tochterfirma nun doch abstösst, und ob es vielleicht ein grosser Erfolg werden könnte, ist noch nicht abzusehen. Ungewöhnlich ist dieser Vorgang jedoch keineswegs, sieht man sich die internationale Automobilbranche etwas genauer an.
VW, FCA und GM sind regelrechte "Markensammler"
Am Vorzeigebeispiel des Volkswagen-Konzerns erscheint eine Zusammenlegung verschiedener Hersteller längst nicht mehr abwegig: Seit mehreren Jahrzehnten gehören die Marken VW, Audi, Seat und Skoda schon zusammen. Auch Porsche war immer auf gewisse Weise mit den Niedersachsen verbandelt, gehört seit einigen Jahren sogar wieder fest zum Konzern dazu. Mit dem Kauf von Lamborghini, Bentley und Bugatti hat man sogar absolute Prestigehersteller im Portfolio. Das Nutzfahrzeugsegment wird von MAN und Scania abgedeckt. Seit knapp fünf Jahren gehört sogar der italienische Motorradhersteller Ducati zu 100 Prozent zu Audi und damit zum "VW-Sammelkasten".
Zwar sind die Marken der Wolfsburger allesamt auf mehr oder minder verschiedene Zielgruppen zugeschnitten, doch beim Blick auf den seit einigen Jahren bestehenden FCA-Konzern (Fiat Chrysler Automobiles) wird schnell klar, dass auch das nicht zwingend nötig ist: Fiat, Alfa-Romeo, Ferrari, Lancia, Maserati, Chrysler, Dodge, Jeep, Ram Trucks – hier kommt unter einem Konzerndach praktisch alles zusammen, was vier Räder hat. Und auch der US-Hersteller GM, der jetzt Opel loswerden möchte, ist mit den Marken Chevrolet, Cadillac, Daewoo (GM Korea), Holden, Vauxhall, Buick und GMC (nur Nutzfahrzeuge) mehr als breit aufgestellt.
Auch Toyota und Hyundai arbeiten nicht alleine
Der seit vielen Jahren als grösster Autobauer der Welt angesehene Toyota-Konzern besteht ebenfalls nicht nur aus einer einzigen Marke. Im oberen Preissegment macht Lexus das Geschäft, bei den günstigen Modellen ist es Daihatsu. Die Japaner sind besonders in den USA so tief verwurzelt, dass erst kürzlich der Toyota Camry mit der höchsten US-Wertschöpfung als "amerikanischstes" Auto ausgezeichnet wurde. Peinlich für traditionelle US-Hersteller wie etwa Ford, die bis 2008 gemeinsame Sache mit den Briten von Jaguar und Land Rover machten – seit dem Verkauf gehören die Edelmarken zu Tata Motors, einem indischen Kleinwagenunternehmen, und Ford agiert als einer der wenigen Autobauer weitestgehend alleine.
Ein noch junger Erfolg ist hingegen Hyundai: Die Koreaner wollen mit Modellen, die perfekt auf die jeweiligen Märkte zugeschnitten sind (Asien, Europa oder die USA), Absatz machen. Zusammen mit Kia will die Hyundai Kia Automotive Group alles vom Kleinstwagen zur Luxuslimousine anbieten, sogar im Lkw-Bereich ist der Konzern aufgestellt. Aber man muss gar nicht über den Atlantik oder nach Asien schielen, um ausser VW noch weitere, grössere Markengebilde in der Automobilbranche zu finden. So gehört die Renault-Nissan-Gruppe mit den Marken Renault, Dacia, Nissan, Infiniti und Datsun seit 1999 zu den grössten Herstellern der Welt.
BMW und Mercedes stehen längst nicht mehr auf einem Bein
Auch die deutschen "Premiumhersteller" haben auf die aggressive Expansion der Konkurrenz bereits reagiert: BMW führt seit 2001 etwa die Marke Mini mit grossem Erfolg. Der Neuauflage des britischen Klassikers wurde nach und nach zu einem ernsthaften Autobauer mit vielen verschiedenen Modellen ausgebaut. Und wer glaubt, Rolls-Royce sei noch eine eigenständige, britische Marke, der muss von BMW-Managern enttäuscht werden: Seit knapp 17 Jahren drehen die Bayern hier am Wurzelholzlenkrad.
Die Daimler AG ist seit der Trennung von Chrysler im Jahr 2007 ebenfalls nicht alleine geblieben. Neben den Marken von Mercedes-Benz Cars (Mercedes-Benz, Smart, AMG und die Mercedes-Produktlinie Maybach) sind es im Besonderen die vielen Lkw-Marken, die zu den Schwaben gehören und sie weltweit gross machen: Mercedes-Benz-Lkw, Unimog, Freightliner (USA), Western Star Trucks (USA), Thomas Built (USA), Mitsubishi Fuso (Asien) und BharatBenz (Indien) – allesamt sind Teil der Daimler AG. Daneben führt Daimler auch noch drei Busmarken (Mercedes-Benz, Setra und Orion). © 1&1 Mail & Media/ContentFleet
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