- Das erste Streckenradar südlich von Hannover hat schon fast 2.000 Temposünder erwischt.
- Bei einer solchen Abschnittskontrolle wird nicht die Geschwindigkeit an einem bestimmten Punkt gemessen, sondern die Durchschnittsgeschwindigkeit auf einer festgelegten Strecke.
- Das Land Niedersachsen will einen Einsatz des Systems an weiteren Strecken prüfen.
Wo Blitzer stehen, wissen sich Autofahrer in der Regel zu helfen: kurz vorher auf die Bremse treten, dann einfach wieder Gas geben. Gegen diese Masche ist aber ein Kraut gewachsen - das bundesweit erste Streckenradar zur Geschwindigkeitskontrolle südlich von Hannover soll solche Autofahrer überlisten.
Jetzt will das Land Niedersachsen prüfen, ob das System an weiteren Strecken eingesetzt wird, wie Niedersachsens Innenminister
Die Abschnittskontrolle sei "eine der innovativsten Verkehrsüberwachungstechniken", sagte der SPD-Politiker. Auch Anforderungen des Datenschutzes würden berücksichtigt. Freuen würde er sich, wenn auch andere Bundesländer die Technik künftig auf unfallbelasteten Strecken einsetzten, sagte Pistorius: "Unser gemeinsames Ziel muss es sein, den Verkehr auf Deutschlands Strassen noch sicherer zu machen."
Nach Einschätzung des Autofahrerklubs ADAC gibt es andernorts aber bislang keine konkreten Pläne dafür. Zudem sei die Technik teurer und aufwendiger als herkömmliche Systeme, daher sei eine Evaluation wünschenswert - was bringt die Anlage für die Verkehrssicherheit? Konkrete Veränderungen müssten erfasst werden, sagte eine ADAC-Sprecherin. Ähnliche Anlagen gibt es aber beispielsweise in Österreich.
Anlage misst Durchschnittsgeschwindigkeit in bestimmtem Abschnitt
Die Anlage an der Bundesstrasse 6 bei Laatzen in der Region Hannover misst das Tempo nicht an einer einzelnen Stelle. Stattdessen ermittelt sie die Durchschnittsgeschwindigkeit auf einem gut zwei Kilometer langen Abschnitt.
Dafür werden die Kennzeichen aller vorbeifahrenden Autos unabhängig von ihrem Tempo erfasst und kurzfristig anonymisiert gespeichert. Werktags sind dort täglich mehr als 15.500 Fahrzeuge unterwegs.
Seit Inbetriebnahme der Abschnittskontrolle im November 2019 bis Ende November 2020 wurden den Angaben zufolge mehr als 1.750 Geschwindigkeitsüberschreitungen geahndet.
Dabei zogen rund 85 Prozent ein Verwarnungsgeld nach sich - das bedeutet, der jeweilige Fahrer fuhr maximal 20 Kilometer pro Stunde zu schnell. Die höchste bisher von "Section Control" gemessene Geschwindigkeitsüberschreitung lag bei Tempo 160 im Juni 2020 - bei erlaubten 100 km/h. Die Folge: ein Bussgeld von 240 Euro, zwei Punkte in Flensburg und ein einmonatiges Fahrverbot.
Pistorius: "'Section Control' die gerechteste Möglichkeit"
"'Section Control' ist aus meiner Sicht die gerechteste Möglichkeit in Deutschland, um Geschwindigkeitsüberschreitungen zu überprüfen", sagte Pistorius. Dieses Fazit wolle er bei der Innenministerkonferenz ziehen.
"Diese Technik, bei der die Geschwindigkeit ja nicht nur an einem Punkt, sondern auf einer Strecke von mehreren Kilometern gemessen wird, sorgt dafür, dass nicht nur unmittelbar vor einem herkömmlichen stationären Blitzer abgebremst wird, sondern auf der gesamten Strecke angepasst gefahren wird."
Seit Ende September ist auch klar: Das Streckenradar ist rechtmässig im Einsatz. Das Bundesverwaltungsgericht wies den Antrag eines Klägers auf Zulassung einer Revision zurück.
Damit war der seit Anfang 2019 laufende Rechtsstreit über "Section Control" endgültig abgeschlossen, das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg war rechtskräftig. Das System war im vergangenen Jahr zeitweise abgeschaltet worden, ein Anwalt hatte datenschutzrechtliche Bedenken angemeldet. Als das Oberverwaltungsgericht die Klage im November 2019 abwies, ging die Anlage wieder in Betrieb.
Dank geringerer Durchschnittsgeschwindigkeit sinke nachweislich das Unfallaufkommen, "Section Control" werde so zu einem "Gewinn für die Verkehrssicherheit", erklärte der Minister. "Das bringt spürbar mehr Akzeptanz für die Verkehrsüberwachung mit sich." (dpa/lh)
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