Alles begann vor 15 Jahren mit einem banalen Video von einem Elefanten. Danach wurde YouTube zum Riesen in der Unterhaltungswelt. Doch je grösser der Erfolg, desto gewaltiger auch die Probleme, auf die das Portal zusteuerte.
Den Anfang machten ein paar Elefanten im Zoo von San Diego. "Das Coole an diesen Typen ist, dass sie diesen echt langen Rüssel haben", sagt YouTube-Mitgründer Jawed Karim, zwei Dickhäuter im Hintergrund.
Das erste YouTube-Video: "Me at the zoo"
Das erste Video auf der Online-Plattform ging am 23. April 2005 online; es war banal und unspektakulär - ganz im Gegensatz zum Aufstieg von YouTube, der folgen sollte. Die am 15. Februar 2005 ins Leben gerufene Website entwickelte sich rasch zum Inbegriff des kurzweiligen Internet-TVs und ist heute eine Supermacht der Unterhaltungswelt.
Doch so gross der Erfolg, so gross ist inzwischen auch die Kritik. Zum 15. Geburtstag ist YouTube umstritten wie nie.
Google, Kommerzialisierung und Werbemilliarden
Nette Tierfilmchen gibt es zwar noch immer, doch die Zeiten der Unschuld sind längst vorbei. Die Übernahme durch Google, die Kommerzialisierung, die Werbemilliarden - der einstige "Broadcast Yourself"-Spielplatz für Privatvideos ist für Googles Mutterkonzern Alphabet längst nur noch ein grosses Geschäft.
Mit dem rasanten Wachstum der Bandbreite haben jedoch auch Einfluss und Verantwortung massiv zugenommen. In der Ära von Fake News, Hetze und Filterblasen im Netz ist YouTube ein steter Stein des Anstosses.
Das weiss auch YouTube-Chefin Susan Wojcicki: "Alle sind die ganze Zeit wütend auf dich", sagte sie der "New York Times" vergangenes Jahr in einem Interview zu YouTubes umstrittenem Umgang mit extremen Inhalten. Enorme rund zwei Milliarden aktive monatliche Nutzer hat die Plattform nach eigenen Angaben inzwischen.
Vor fünf Jahren waren es noch halb so viele. Was YouTube zu Alphabets Erlösen beiträgt, war lange eines der bestgehüteten Geheimnisse der Finanzmärkte - kürzlich gewährte der Konzern erstmals Einblick. 2019 spielte die Plattform demnach bereits Werbeerlöse von gut 15 Milliarden Dollar ein.
Clips von Holocaust-Leugnung und Selbstmord
Dass YouTube-Chefin Wojcicki alle Hände voll zu tun hat, liegt folglich nicht an den Finanzen. Probleme machen vor allem anstössige Inhalte und der Umgang damit. Soziale Medien geraten zunehmend unter Druck, gegen die Verbreitung von Propaganda und Extremismus vorzugehen. YouTube ist hier keine Ausnahme.
Alleine schon die schiere Masse an Videos - über 300 Stunden an Material werden pro Minute von Nutzern hochgeladen - macht das Ausmisten zu einer Herkules-Aufgabe. Doch kann sich ein Grosskonzern mit einem Jahresgewinn von über 34 Milliarden Dollar mit sowas rausreden?
Fest steht: Regelwidrige Clips können sich auf der Plattform durch ständiges Wiederhochladen so rasant verbreiten, dass YouTube trotz ausgeklügelter Algorithmen mit dem Löschen kaum hinterherkommt. Kritiker bezweifeln aber, dass das Unternehmen alles in seiner Macht Stehende tut.
In den vergangenen Jahren kam es zu etlichen Skandalen - von Selbstmord-Aufnahmen in den "Trending"-Empfehlungen über Pädophilen-Clips und Sex-Videos im Kinderbereich bis hin zu Videos mit Holocaust-Leugnung und anderer Propaganda. Ex-Mitarbeiter beschuldigten YouTube, die Kontrolle kontroverser Inhalte dem geschäftlichen Nutzen unterzuordnen.
So etwas würde das Unternehmen natürlich nie zugeben. Doch gegenüber der "New York Times" gestand Wojcicki durchaus Schwächen im Umgang mit problematischen Uploads ein. "Ich weiss, dass wir es besser machen können, aber wir kommen dahin", sagte die 51-Jährige.
"Wir erreichen einen Punkt, an dem wir viele dieser Probleme gelöst haben, und ich habe das Gefühl, dass wir schon deutliche Fortschritte gemacht haben." Das war im April 2019. Seitdem wurde es tatsächlich ruhiger um die Plattform, auch wenn es weiter viele Kontroversen gibt - etwa um politische Werbung und manipulative Inhalte.
YouTuber ist zum Beruf geworden
Es wäre allerdings auch unfair, YouTube zum 15-jährigen Jubiläum auf Diskussionen um strittige Videos zu reduzieren. Ein grosser Teil der bisherigen Geschichte ist von harmlosen viralen Phänomenen geprägt - die Plattform ist eine schier unerschöpfliche Fundgrube für Clips aller Art, in der sich von Musikvideos über Rezepte bis hin zu historischen Sportübertragen oder Beauty- und Lifestyle-Guides eigentlich alles findet.
Das Portal ist ein riesiges Archiv, das Nutzer durch sein cleveres Empfehlungssystem bei der Stange hält. YouTube hat die Unterhaltungsindustrie damit nachhaltig verändert und sogar Spuren in der Berufswelt hinterlassen - aus Hobby-Entertainern wurden "YouTuber", die an Werbeerlösen beteiligt werden und teilweise ordentlich Geld mit ihren Videos verdienen. Einige von ihnen sind Stars, an denen sich Millionen von Fans orientieren.
Die Plattform hat massgeblich dazu beigetragen, der Influencer-Kultur den Weg zu ebnen. Die Kommerzialisierung geht indes weiter: Inzwischen versucht YouTube auch, mit selbst produzierten Inhalten und Bezahlabos im von Netflix dominierten Streamingmarkt Fuss zu fassen. (af/dpa)
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