An die Zungenbrecher-Namen der neuen iPhones muss man sich noch gewöhnen. Doch die Qualität ist wie gewohnt: Das iPhone XS und XS Max überzeugen mit ihrem Display und Innovationen bei der Kamera. Die grösseren Varianten sind aber auch so teuer wie nie.
Apple aktualisiert seine iPhone-Modelle seit geraumer Zeit in einem Zwei-Jahres-Rhythmus: Auf eine grössere Innovation folgt im Jahr darauf ein "S-Modell" mit kleineren Produktverbesserungen.
Zum zehnjährigen iPhone-Jubiläum war 2017 ein grösserer Sprung fällig. Damals stellte Apple-Chef Tim Cook das iPhone X vor, das erste Apple-Smartphone mit einem fast randlosen Super-Retina-Display und der neuen Gesichtserkennung "FaceID". Die diesjährige iPhone-Generation kommt ohne solche spektakulären Neuerungen aus, bietet aber dennoch wertvolle Produktverbesserungen.
iPhone XS in zwei Grössen
Das neueste iPhone von Apple wird nun in zwei unterschiedlichen Grössen angeboten. Das iPhone XS (sprich: Zehn S) hat identische äussere Abmessungen mit dem iPhone X. Die Bildschirmdiagonale beträgt wie gehabt 5,8 Zoll (2.436 x 1.125 Pixel). Das iPhone XS Max ist spürbar grösser, die Gehäuse-Abmessungen ähneln dem iPhone 8 Plus. Beim grösseren 6,5-Zoll-Display (2.688 x 1.342 Pixel) überschreitet Apple erstmals die Schwelle von drei Millionen Pixel.
Im Test bewährt sich die von Apple verwendete True-Tone-Technik. Damit wird die Farbdarstellung des Displays an das Licht in der Umgebung anpasst. Farben werden so immer gleich dargestellt, egal unter welchen Lichtverhältnissen. Wichtig ist aber auch die Tatsache, dass die OLED-Schirme beider Spitzenmodelle Fotos und Videos in einem verbesserten HDR-Modus darstellen können (High Dynamic Range). In der Praxis zeigt sich, dass nun grosse Helligkeitsunterschiede präziser als bei Vorgängermodellen dargestellt werden. Helle Stellen überstrahlen nicht, im Dunklen sind auch noch filigrane Details zu erkennen. Und wenn eine Stelle komplett schwarz sein soll, sind OLED ohnehin unschlagbar, weil die Pixel einfach ausgeknipst werden.
Fotos werden durch HDR aufgewertet
Die HDR-Technologie spielt auch beim Fotografieren und Filmen mit den beiden neuen iPhone-Modelle eine wichtige Rolle. Mit einer runderneuerten Kamera-Software haben beide XS-Varianten eine Funktion erhalten, die Apple "SmartHDR" nennt. Dabei werden vier unterschiedlich belichtete Varianten einer Aufnahme in Echtzeit zu einem optimierten Gesamtbild berechnet. Bei der Kamerahardware kombiniert Apple die bewährte 12-Megapixel-Doppelobjektiv-Technik (Weitwinkel- und Teleobjektiv mit jeweils sechs Linsen) mit einem komplett neuen Bildsensor. Er ermöglicht Fotos mit einem deutlich grösseren Helligkeitsumfang. Beide Objektive sind mit einem hochwirksamen optischen Bildstabilisator ausgestattet.
Ambitionierte Fotografen - aber auch Gelegenheitsknipser - können sich ausserdem auf einen optimierten Porträt-Modus freuen. Porträts sehen einfach besser aus, wenn der Hintergrund des Bildes nicht knackig scharf erscheint, sondern mit einer geringen Tiefenschärfe ein wenig verschwimmt. Dieser Bokeh-Effekt kann bei den beiden XS-Modellen nun sogar nachträglich verändert und die Unschärfe hinter der fotografierten Person nach Wunsch eingestellt werden.
Neuer Prozessor bei Fotos spürbar
Bei diesen überzeugenden Bild-Funktionen erahnt man auch, warum Apple die beiden XS-Modelle mit verstärkter Rechenleistung ausgestattet hat. Ein verbesserter Bildsignalprozessor (ISP) übernimmt die Berechnungen für HDR und den Bokeh-Effekt. Beim Hauptchip, dem A12 Bionic, verfolgt Apple eine Doppelstrategie: Zwei Kerne kümmern sich um Spitzenanforderungen, vier Effizienz-Kerne sind für das Energiesparen zuständig. Im Vergleich zum A11 aus dem iPhone X sind die Performance-Kerne bis zu 15 Prozent schneller, während die Effizienz-Kerne bis zu 50 Prozent weniger Energie verbrauchen.
Das Ergebnis bekommt man auch in der Praxis zu spüren. Keine einzige App bringt die beiden neuen iPhone-Modelle an die Leistungsgrenze - auch grafisch aufwendige Spiele wie Asphalt 8 oder Augmented-Reality-Apps nicht. Trotzdem macht der Akku nicht vorzeitig schlapp. Das XS Max schafft es im Test, fast 12 Stunden lang Videos abzuspielen, das kleinere XS gut 11 Stunden.
Die Rechenpower auf den neuen iPhone-Modellen ist so üppig, dass Apple auf dem Gerät selbst sensible Berechnungen für die "künstliche Intelligenz" ablaufen lassen kann. Auf vielen anderen Smartphones werden die für das Maschinenlernen benötigten Daten zunächst in die Cloud hochgeladen und dort von Grossrechnern verarbeitet.
Kein Schnelladegerät fürs iPhone
Trotz der guten Akku-Leistung hätte man von Apple erwarten können, bei Smartphones in dieser Preisklasse ein Schnellladegerät beizulegen. So liegt in der Box nur das übliche 5-Watt-Mini-Netzteil mit einem USB-Lightning-Kabel, das man auch aus den vergangenen iPhone-Generation kennt. Ladegeräte mit mehr Leistung (12 und 30 Watt) bietet Apple für 25 und 59 Euro an. Immerhin kann jetzt der Akku etwas schneller drahtlos mit einem handelsüblichen Qi-Ladegerät mit Energie versorgt werden.
Eine kleine Premiere gibt es bei den SIM-Karten: Während bislang nur ein Mobilfunk-Konto unterstützt wurde, bieten die neuen iPhones neben dem üblichen Slot für eine Nano-SIM-Karte nun zusätzlich auch eine integrierte eSIM. Bislang unterstützen in Deutschland nur Vodafone und die Telekom die eSIM mit Zwei-Jahres-Verträgen. Im Ausland gibt es aber zum Teil attraktive Angebote, etwa in den USA von T-Mobile.
In der Werbung verspricht Apple "LTE in der Gigabit"-Klasse. Im Test stellt sich heraus, dass Kunden hier leichte Abstriche machen müssen. Zwar sind die LTE-Verbindungen schneller als beim iPhone X. In der Praxis kommt man aber selbst auf einem gut versorgten Testgelände in Berlin-Adlershof nicht über eine Geschwindigkeit von 680 Megabit pro Sekunde hinaus - was aber immer noch megaschnell ist.
Wie bei allen iOS-Geräten liefert Apple auch die neuen iPhone-Modelle mit dem Versprechen aus, Sicherheit und Datenintegrität zu gewährleisten, vor allem im Vergleich mit Android. Das Google-Betriebssystem war zuletzt in die Kritik geraten, weil es ständig die Positionsdaten des Smartphones an Google sendet, selbst wenn die Anwender die Funktion deaktiviert haben,
Apple dreht noch einmal an der Preisschraube
Die neuen iPhone-Modelle, die am Freitag in die Läden kommen, sind recht teuer, auch weil Apple keine Quersubventionen durch Werbegeschäfte eingeht. Das iPhone XS kostet (wie vor einem Jahr das iPhone X) mit 64 Gigabyte 1149 Euro inklusive Mehrwertsteuer. Für den vierfachen Speicher (256 GB) werden 170 Euro Aufschlag fällig, insgesamt also 1319 Euro. Für das Spitzenmodell mit üppigen 512 GB Speicher verlangt Apple sogar 1549 Euro. Diese Variante kommt aber eher für Video-Profis infrage. Für das grössere Max-Modell berechnet Apple einen Aufschlag von je 100 Euro.
Wem diese Preise zu hoch erscheinen, sollte sich noch einen Monat lang gedulden. Am 19. Oktober kommt das abgespeckte iPhone XR in sechs unterschiedlichen Farben ab 849 Euro (64 GB) mit einem 6,1-Zoll-LCD-Display auf den Markt. © dpa
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