Berlin (dpa) - Hassreden und Falschnachrichten im Netz haben die Beschwerdestelle des Internetverbands eco im Jahr 2016 zunehmend beschäftigt. Allein der Anteil an Beschwerden wegen rassistischer Inhalte seien um 80 Prozent angestiegen, sagte Alexandra Koch-Skiba, Leiterin der Beschwerdestelle.

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Einer sorgfältigen rechtlichen Prüfung konnten aber etliche Beschwerden nicht standhalten. "Über 50 Prozent der gemeldeten Inhalte waren letztlich nach deutschem Recht nicht zu beanstanden und zulässig, durften daher online bleiben."

"Gerade bei Hasskommentaren ist eine Einschätzung darüber, ob es sich um eine Verletzung einer Person oder einen Straftatbestand handelt, sehr schwierig", sagte Koch-Skiba. Die Beschwerdestelle arbeite dabei intensiv etwa mit dem Bundeskriminalamt und anderen Behörden zusammen. Nach konkreten Absprachen würden die Provider oft erst einigen Tagen informiert, um eine Strafverfolgung nicht zu gefährden. Eine Löschfrist von 24 Stunden, die in der Politik etwa für Plattformen wie Facebook diskutiert wird, sei auf dieser Basis "ausserordentlich sportlich, eigentlich nicht machbar".

Es sei begrüssenswert, dass die Öffentlichkeit mehr über die inzwischen 15-jährige Arbeit der eco-Beschwerdestelle erfahre, sagte Gerd Billen, Staatssekretär des Bundesjustizministeriums am Dienstag in Berlin. Die Einrichtung sei quasi "die Reinigungstruppe, die für Ordnung im Internet" sorge. "Das Internet ist kein rechtsfreier Raum, Straftaten sind nicht folgenlos." Vieles müssten wir jedoch ertragen, weil es unter dem Radar des Strafrechts bleibe. "Hier muss die Politik mit Diskussionen einsetzen und für Transparenz sorgen."

Koch-Skiba betonte: "Strafverfolgung bleibt Aufgabe des Staates. Provider dürfen nicht zu Hilfssheriffs des Staates gemacht werden." Dagegen müsse der Staat durch effektive Strafverfolgung der Täter die Ursachen des Problems bekämpfen und in der Öffentlichkeit ein stärkeres Bewusstsein für illegale Äusserungen schaffen.

Den grössten Teil der Beschwerden, die bei der eco-Beschwerdestelle eingegangen sind, hätten mit 63 Prozent kinderpornografische Inhalte ausgemacht, erläuterte Koch-Skiba. Insgesamt seien im vergangenen Jahr 3517 Fälle gemeldet worden - Spam und Inhalte aus Spezialforen ausgenommen. In 1564 Fällen wurden die Juristen aktiv. In der Folge wurden weltweit 78 Prozent der Fälle aus dem Netz entfernt, in Deutschland waren es sogar 100 Prozent.

Ziel der Beschwerdestelle sei es, inkriminierte Inhalte in Zusammenarbeit mit Strafverfolgungsbehörden so schnell wie möglich aus dem Netz zu entfernen. Die grosse Herausforderung sei jedoch herauszuarbeiten, ob die gemeldeten Inhalte überhaupt gegen Gesetze verstiessen. Während das bei Kinderpornografie in 83 Prozent der Fälle zutreffe, sei der Anteil mit 45 Prozent bei Beschwerden über rassistische Einträge vergleichsweise gering. In vielen Fällen würden sich bei den gemeldeten Inhalten einem zwar die Nackenhaare aufstellen, doch sie könnten oft strafrechtlich nicht belangt werden, sagte Koch-Skiba.  © dpa

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