Was Menschen nicht nachvollziehen können oder beängstigend finden, lehnen sie eher ab. Insofern ist es verständlich, dass Chatbots, also auf künstlicher Intelligenz basierende Sprachsysteme, als stupide, unpraktisch und unausgereift gelten. Was ist dran an dieser Meinung?

Miriam Meckel
Eine Kolumne
von Miriam Meckel
Diese Kolumne stellt die Sicht von Miriam Meckel dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Die Vorwürfe, dass auf künstlicher Intelligenz basierende Sprachsysteme, sog. Chatbots, stupide, unpraktisch und unausgereift sind, sind nicht nur unoriginell, sondern auch falsch. Denn in Wahrheit sind die Systeme inzwischen ziemlich gut – und bisweilen sogar bessere Verkäufer als echte Menschen.

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Kreditverkauf durch Chatbots

Das zumindest legt eine Studie von Xueming Luo nahe, Marketingprofessor an der amerikanischen Fox School of Business in Philadelphia. Für seine Untersuchung kooperierte er mit einem asiatischen Fintech. Über mehrere Monate hinweg erhielten knapp 6.300 Kund*innen einen Anruf, entweder von echten Mitarbeiter*innen im Call-Center oder von einem Chatbot.

In allen Gesprächen versuchte das Unternehmen, den Kund*innen einen neuen Kredit anzudrehen. Und tatsächlich: Wenn sich der Chatbot als solcher zu erkennen gab, waren nicht nur die Telefonate mit den Kund*innen kürzer. Dann machte er ausserdem knapp 80 Prozent weniger Abschlüsse.

Ganz anders war das Ergebnis hingegen, wenn die Chatbot-Stimme ihre wahre Identität verbarg. Tat sie einfach so, als wäre sie ein echter Mensch, schlug sie sich nicht nur genauso gut wie die besten Call-Center-Angestellten. Mehr noch: In der Incognito-Rolle machte sie sogar vier Mal mehr Abschlüsse als die besonders unerfahrenen Mitarbeiter*innen.

Künstliche Intelligenz: Pausenlos und ohne Gehaltsansprüche

Was das bedeutet? Zum einen zeigt die Studie, dass die digitalen Kundenberater längst mehr sind als intellektuelle und verbale Einfaltspinsel. Inzwischen können sie in manchen Bereichen durchaus produktiv und konstruktiv mitarbeiten.

Zum anderen sollten sich all jene, deren Leistung leicht messbar ist, ernsthaft mit den Folgen der Automatisierung beschäftigen und womöglich über Alternativen nachdenken.

Denn wenn eine Maschine, die nie müde wird, keine Pause braucht und kein Gehalt bezieht, die gleiche Aufgabe besser erledigt, ist es nur eine Frage der Zeit, bis der Mensch nicht mehr gebraucht wird.

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