Physische Kontakte, die eine elementare Rolle in unserem Leben spielen, müssen wir nun auf ein Minimum reduzieren. Das ist bitter. Die Rettung sind Online-Videokonferenzen, über die sich Verwandte und Freunde weiter munter austauschen können. Auch im Homeoffice spielen sie jetzt eine wichtige Rolle. Die besten Dienste und die wichtigsten Tipps.

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Die Lieblingsserie ist zu Ende gestreamt, die Wohnung glänzt - aber ausgerechnet das letzte Treffen mit den Freunden oder den Grosseltern ist schon etwas her. Die Corona-Krise verlangt uns einiges ab, der weitgehende Verzicht auf soziale Kontakte ist besonders schwer.

Viele verabreden sich deshalb jetzt für Videokonferenzen, um einander nicht nur zu hören wie am Telefon - sondern auch, um einander zu sehen. Gerade für Kinder, die ihre Grosseltern nun nicht treffen dürfen, ist das besonders wertvoll.

Was brauche ich für einen Videochat?

Soll die Verbindung nur zwischen zwei Menschen oder zwei Geräten stattfinden, reicht oft die Messenger-App, die man ohnehin nutzt. Aber etliche Programme und Apps können mittlerweile deutlich mehr als zwei Geräte für ein Videogespräch zusammenschalten. Meist hat man im Smartphone oder Tablet bereits alles eingebaut, was man braucht, um gleich loslegen zu können.

Soll es über den Computer laufen, werden die meisten ein Notebook nutzen, in dem schon eine Webcam integriert ist. Ansonsten gilt wie beim Desktop-PC: Webcam besorgen, damit die Videokonferenz funktioniert. Gegebenenfalls müssen auch ein Mikro und Lautsprecher angeschlossen werden.

Videokonferenzen: Die bekanntesten Dienste

Diese fünf Dienste können ganze Familien und Freundeskreise verbinden - und einige bieten sogar noch ein paar spannende Sonderfunktionen:

Hangouts

Googles Kommunikationsplattform kann Textnachrichten, Sprachanrufe und Videokonferenzen - in der kostenlosen Ausgabe für bis zu 10 Teilnehmer. Praktisch: Hangouts läuft auf iOS- und Android-Smartphones und am Rechner im Browser. Jeder Teilnehmer braucht ein Google-Konto. Wer mag, kann seine Telefonnummer damit verknüpfen und ist dann auch darüber auffindbar. Hangouts findet man im App- und Play Store, sowie in der App-Auswahl im Google-Konto.

  • Bewertung: Funktioniert gut für Nutzer mit verschiedenen Geräteplattformen und Google-Konto.

Facetime

Apples Sprach- und Videoanrufe-App ist auf allen Apple-Geräten vorinstalliert - und funktioniert auch nur mit ihnen. Dafür können Nutzer von iPhones, iPads und iMacs damit sehr einfach Videokonferenzen mit ihren Kontakten anstossen. Das geht entweder aus der App selbst, aus Gruppenchats oder aus dem Kontaktverzeichnis. Facetimegespräche sind kostenlos, im Mobilfunknetz verbrauchen sie wie alle anderen hier vorgestellten Lösungen allerdings Datenvolumen.

Und: Nutzer brauchen mindestens ein iPhone 6s, iPad Air 2, iPad mini 4 und iOS 12.1.4. Wer ein älteres Gerät hat, das aber iOS 12.1.4 unterstützt, kann sich also trotzdem einwählen, dann aber nur als Audiogast.

  • Bewertung: Die einfachste Lösung, wenn alle Apple-Nutzer sind. Leichter geht es nicht.

Skype

Schon lange ein Klassiker unter den Videotelefonie-Diensten im Web. Bis zu 50 Personen können hier zu einem Gruppenanruf zusammengeschaltet werden. Voraussetzung ist die Skype-App auf dem iOS- oder Android-Smartphone oder entsprechenden Tablets beziehungsweise die Vollversion auf PC oder Mac.

Auch externe Nutzer ohne Skype können per Link eingeladen werden und erhalten dann über Skype for Web Zugang. Zur Nutzung von Skype auf dem Smartphone und PC braucht man ein Skype- oder Microsoft-Konto.

Bewertung: Praktisch für Kommunikation über Hersteller- und Gerätegrenzen. Konto notwendig.

WhatsApp

Bis zu vier Teilnehmer können sich über die App mit der grünen Sprechblase zusammenschalten. Dazu beginnt man einfach einen Anruf mit der ersten Person und fügt bis zu zwei weitere hinzu. Oder man wählt gleich alle drei Kontakte aus und startet einen neuen Anruf. Das klappt mit Android- und iOS-Smartphones. Wer Android nutzt, braucht mindestens Version 4.1 des Betriebssystems.

  • Bewertung: Ist weit verbreitet und klappt mit iOS und Android, aber die Teilnehmerzahl ist begrenzt.

Jitsi

Dieser kostenlose und quelloffene Dienst (bulgarisch für "Drähte" oder "Leitungen") setzt zu grossen Teilen auf dem offenen Standard WebRTC und ermöglicht verschlüsselte Kommunikation zwischen Teilnehmern. Nutzer können es über Smartphone-Apps für iOS und Android nutzen oder im gleich im Browser am PC. Jitsi lässt sich ausserdem in die Kollaborationssoftware Slack integrieren.

  • Die Funktionen: Textnachrichten, Bildschirm teilen und Videokonferenzen. Praktisch: Man braucht kein Nutzerkonto und kann Teilnehmer wie bei Skype einfach über einen Link einladen.
  • Bewertung: Praktisch, niedrigschwellig, klappt über Geräte- und Herstellergrenzen hinweg.

Videokonferenzen am besten im WLAN

Am besten hält man Videochats und -konferenzen im WLAN daheim ab. Dann sind die Anrufe mit den beschriebenen Apps und Diensten kostenlos und die Internetverbindung - entsprechende Anbindung vorausgesetzt - am stabilsten.

Unterwegs zahlt man mit dem monatlichen Datenvolumen. Und hier sind Videochat-Apps recht hungrig. Eine Minute Videochat benötigt zwischen 2,5 und 5 Megabyte Datenvolumen. Kleine Verträge sind da schnell am Limit.

Damit alles gleich klappt, haben alle Teilnehmer am besten die aktuellste Version des entsprechenden Dienstes oder der App installiert. Wer Browser-Lösungen wie Skype for Web oder Jitsi nutzt, braucht einen aktuellen Browser.

Experten-Tipps fürs Videomeeting

Nicht nur innerhalb der Familie, auch im Homeoffice kommen Videokonferenzen jetzt verstärkt zum Einsatz. Damit die virtuellen Besprechungen in Corona-Zeiten wirklich reibungslos ablaufen, geben Experten diese Tipps:

Technik prüfen und testen

Es muss nicht immer gleich eine Videoschalte sein. Manchmal sind Telefonkonferenzen die bessere Alternative, erklärt Effizienzexperte Jürgen Kurz. Das sei insbesondere dann zu empfehlen, wenn die Datennetze nicht stabil sind, nur wenige Teilnehmer dabei sind oder es nicht um Unterlagen geht, die man gemeinsam besprechen muss.

Ausserdem sollte man die Funktionen, die ein Online-Meeting-Raum bietet, immer zunächst spielerisch testen, empfiehlt Mediencoach Sabine Appelhagen. Wer ist wann zu sehen? Wie funktioniert der Chat und wie schaltet man von der Präsentation zurück in den Videomodus? "Nichts ist nerviger, als wenn die Technik hakt."

An Gesprächsregeln halten

Klingt banal - wichtigstes Gebot ist aber, dass Personen, die nur mithören, sich stumm schalten. So vermeidet man Chaos und unschöne Rückkopplungen.

"Bei virtuellen Meetings geht immer ein Teil der nonverbalen Kommunikation verloren", so Kurz. Die Teilnehmenden brauchen deshalb mehr Zeit als üblich, um zu antworten, nachdem etwas gesagt wurde.

Ausserdem sollten sich alle bemühen, deutlich und langsam zu sprechen. Der Konferenzleiter fragt am besten öfter mal nach, ob alles richtig verstanden wurde - und die Teilnehmenden geben Rückmeldung.

Sabine Appelhagen rät zu klaren Vorgaben, wie Teilnehmende sich zu Wort melden oder Fragen stellen. Etwa, indem sie sich über die Chatfunktion melden oder ein vereinbartes Zeichen geben, zum Beispiel eine bunte Karte in den Bildschirm halten.

Auf die Länge achten

Auch bei Videokonferenzen gilt: weniger ist mehr. Daher sollten die Meetings möglichst kurz sein und maximal 60 bis 90 Minuten dauern, empfiehlt Kurz.

Teilnehmerzahl begrenzen

Ein Videomeeting ist einfacher, wenn eher weniger Personen mit dabei sind. Kurz gibt als Faustregel maximal acht Personen an. "Zu viele Leute, die zu wenig beizutragen haben, machen einerseits die Verbindung langsam und führen andererseits dazu, dass im Zweifel zu viele Menschen durcheinander reden", warnt auch Andreas Weck vom Digitalmagazin "t3n".

Deshalb sollten nur die dabei sein, die wirklich etwas Essenzielles beizutragen haben.

Körperhaltung

"Häufig hängen die Menschen leicht vornübergebeugt vor ihren Monitoren", hat Appelhagen festgestellt. Wer etwa als Führungskraft überzeugen will, sollte das vermeiden. Wenn möglich positioniert man den Monitor mit der Kamera auf Augenhöhe, damit der Blick klar und geradeaus gerichtet ist. "Im Zweifel ein paar Bücherstapel darunter schieben", rät sie.

Infos festhalten

"Das A und O ist ein Protokoll", erklärt Andreas Weck. Ein Teilnehmer sollte zumindest in Stichpunkten mitschreiben, was besprochen wird.

Wichtig sei auch, festzuhalten, wer welche Infos mitgeteilt hat und was für ein To-do sich daraus ergeben hat. Und: "Meetings, die ein sehr sensibles Thema behandeln oder an dem Konfliktparteien teilnehmen, sollten am besten komplett aufgezeichnet werden", so Weck. (af/dpa)

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