Facebook hat eine neue Software zur automatischen Gesichtserkennung entwickelt. "DeepFace" soll beinahe so präzise sein wie das menschliche Gehirn. Technologisch betrachtet ist dies ein grosser Fortschritt. Datenschützer befürchten eine umfassende Überwachung.
Die Bilder seiner User machen Facebook zum grössten Fotoalbum der Welt. Nun hat das soziale Netzwerk die Software "DeepFace" entwickeln lassen. Sie soll automatisch Gesichter auf den Fotos erkennen. Nach Angaben von Facebook identifiziert sie in 97,25 Prozent der Fälle, welche Person auf einem Foto zu sehen ist. Beim Menschen liegt die Trefferquote bei 97,5 Prozent.
"DeepFace", welches anhand vier Millionen Nutzerfotos getestet wurde, ist damit um 25 Prozent effektiver als das bisherige Verfahren zur Gesichtserkennung. Neu ist der Einsatz der künstlichen Intelligenz namens Deep Learning. Sie soll auch aus grossen Datenmengen eindeutige Muster erkennen. Zudem erstellt "DeepFace" ein dreidimensionales Modell und eine numerische Beschreibung des fotografierten Gesichts, welches dann mit der Datenbank abgeglichen wird.
Datenschützer befürchten Missbrauch
Die neue Technologie ist gleichermassen beeindruckend wie beunruhigend. Facebook könnte die Technologie nicht nur dazu nutzen, um das Markieren von Personen in Fotos und Videos zu erleichtern. Das Unternehmen wüsste mehr über das Beziehungsgeflecht von Personen, als die öffentlich von sich Preis geben. Zudem ist das Wissen um die Abgebildeten wertvoll, wenn es darum geht, massgeschneiderte Werbeanzeigen zu platzieren.
"Wenn ein Staat solch eine riesige Datenbank voller biometrischer Daten initiieren würde, würde man den Überwachungsstaat ausrufen. Das öffnet die Tür für zahlreiche Missbrauchsszenarien", kritisiert Ulrich Kühn, Referatsleiter beim Hamburgischen Beauftragten für Datenschutz auf Anfrage.
Es sei eine umfassende Überwachung möglich. Auch die Polizei könnte dann per Facebook fahnden. Die Nutzer würden auch in den unzähligen Fällen erkannt werden, in denen sie auf dem Urlaubsfoto eines Unbekannten landeten und dieses auf Facebook hochgeladen wurde.
"DeepFace": Einführung in Deutschland unwahrscheinlich
Noch ist "DeepFace" ein Forschungsprojekt. Sollte Facebook die Einführung planen, dürfte aus Deutschland massiver Protest auf das Unternehmen zukommen. Als Facebook 2011 seine jetzige Gesichtserkennung einführte, erreichten die Datenschützer im Folgejahr eine Einstellung der Technologie in Europa und eine Löschung der europäischen Gesichtsdatenbank.
Die Software habe gegen europäisches und deutsches Recht verstossen, weil keine ausdrückliche Einwilligung der Nutzer eingeholt worden sei und die Möglichkeit gefehlt habe, diese zurück zu nehmen. "Wir haben bei Facebook klargemacht, dass wir eine Wiedereinführung mit entsprechenden Verfahren begleiten werden", sagt Kühn. Daraufhin habe das Unternehmen mitgeteilt, dies nicht zu planen. © Glutamat
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