Die Schweiz ist führend bei der Forschung und Entwicklung von Drohnen. Deshalb spricht man immer öfter vom "Drone-Valley" zwischen den Technischen Hochschulen Zürich und Lausanne, wo in den letzten Jahren über 80 Drohnen-Startups gegründet wurden. Was ist das Geheimnis dieses Erfolgs? Und wie kann ein Chaos am Himmel vermieden werden?

Mehr aktuelle News finden Sie hier

"Es ist der beste Ort in Europa, um sich mit Robotik zu beschäftigen und seine eigenen Ideen umsetzen zu können", sagt Przemyslaw Kornatowski.

"In diesem Bereich sind wir wirklich gut. So gut, dass es Unternehmen gibt, welche die USA verlassen, um in jene Region zu kommen, die gemeinhin als Drone-Valley bekannt geworden ist", sagt Maximilian Boosfeld.

Die beiden sind Gründer und Direktoren von zwei Schweizer Startups. Kornatowski hat mit Dronistics im eigenen Schutzkäfig fliegende Drohnen auf den Markt gebracht, die kleine Pakete transportieren können. Boosfeld ist Direktor von Wingtra, das 2017 eine auf Kartografie und Topografiereliefs spezialisierte Drohne auf den Markt gebracht hat und heute 45 Personen beschäftigt.

Innovation erobert den Markt

Wingtra entstand aus einem Forschungsprojekt an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH). Die Wingtra-Drohne startet senkrecht wie ein Helikopter und geht nach dem Start über in einen Horizontalflug wie ein Flugzeug. "Dank diesem Trumpf konnten wir die Konkurrenz ausstechen", sagt Boosfeld.

"Unsere Starrflügel-Drohne kann grössere Flächen abdecken als ein Quadrocopter und ist in der Lage, Bilder mit hoher Auflösung aufzunehmen, weil sie mit hochentwickelten Kameras ausgestattet ist."

Die Wingtra-Drohne kommt weltweit zum Einsatz, so etwa bei grossen Infrastrukturbauten oder in Tagbau-Minen, um von oben die Bauarbeiten oder den Abbau zu beobachten.

Die Drohne von Dronistics hingegen wurde an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne (EPFL) entwickelt. Gegenwärtig beschäftigt das Startup sieben Robotik-Experten.

"Unsere Drohne kann man im Flug in die Hand nehmen, ohne Gefahr, sich an den Propellern zu verletzen", sagt Kornatowski. Der aus Kohlefaser bestehende Schutzkäfig kann wie ein Paket geöffnet werden. Nach der Entnahme der Lieferung – Briefe, Medizin, Erstversorgungs-Artikel oder Lebensmittel – fliegt die Drohne dank einer von EPFL-Forschenden entwickelten App selbständig an den Ausgangpunkt zurück.

"Wenn sie nicht benutzt wird, kann die 'Packdrone' zusammengefaltet und bequem in einem Rucksack oder einer Schublade aufbewahrt werden", sagt Dronistics-Direktor Kornatowski. "Unsere Idee kommt gut an und hat bereits das Interesse einiger Kunden geweckt."

Drei Erfolgsfaktoren

Der Erfolg kommt nicht von ungefähr. Tatsächlich steht im Gebiet zwischen den beiden Technischen Hochschulen Zürich und Lausanne eine Art "Drone Valley" in voller Blüte. In den letzten Jahren entstanden über 80 Unternehmen, die 2500 Arbeitsplätze geschaffen haben.

Diese Entwicklung basiert auf verschiedenen Faktoren. "Die Schweiz verfügt über zwei ausgezeichnete Robotik-Schulen, die besten in Europa, wenn nicht sogar weltweit. Ein Startup muss die klügsten Köpfe zusammenbringen, um eine Idee in ein Erfolgsprodukt zu verwandeln. Und das ist in der Schweiz möglich", sagt Boosfeld. "Hier gibt es Programme und Strukturen, die innovative Projekte und Startups unterstützen, darunter Innosuisse", ergänzt Kornatowski.

Zudem wendet die Schweiz in diesem Bereich eine pragmatische Gesetzgebung an, die den Forschenden viele Freiheiten gewährt; auch deshalb ist die Schweiz heute führend in der Drohnentechnologie.

"Die Eidgenossenschaft will ihre Pionierrolle aufrechterhalten und ist daran interessiert, diese Branche weiter wachsen zu lassen. Für jene, die in dieser Branche arbeiten, bedeutet dies, mit einem sehr entgegenkommenden Gesetzgeber zu arbeiten, der die Bedürfnisse von Forschung und Entwicklung berücksichtigt und so unnötige und langwierige Bürokratie verhindert", betont Boosfeld.

Der Himmel wird immer voller

In der geltenden Schweizer Gesetzgebung kommt der Begriff Drohne gar nicht vor. Diese unbemannten fliegenden Objekte gelten als Flugzeugmodelle, auch wenn sie viel mehr können, als einfach nur fliegen. Das Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) hat begonnen, die geltenden Vorschriften gründlich zu überarbeiten.

Um die Risiken von Drohneneinsätzen abzuschätzen, hat das BAZL neue Leitlinien eingeführt, das "Specific Operations Risk Assessment" (SORA). Dieser Analyseprozess setzt sich langsam durch und etabliert sich weltweit.

Zudem soll ein Register für Drohnen geschaffen werden, dank dem die Besitzer eruiert werden können. Schon beim Kauf soll dieser sein Gerät registrieren, das mit einem technischen System ausgestattet sein muss, um die Identifizierung des Piloten zu ermöglichen. Nur so können jene gefunden und bestraft werden, die Drohnen für illegale Aktivitäten wie etwa die Verletzung der Privatsphäre nutzen.

Drohnen über unseren Köpfen gehören immer mehr zum Alltag. In der Schweiz gehen jedes Jahr 22'000 Stück über den Ladentisch, und mehr als 100'000 schwirren bereits am Himmel herum.

"Der Himmel ist gross genug für alle – Vögel, Helikopter, Flugzeuge, Fallschirmspringer –, aber es braucht eine Strategie, um das Zusammenleben zu regeln", sagt Boosfeld.

Aus genau diesem Grund hat die Nichtregierungs-Organisation Global UTM Association mit Sitz in Lausanne ein System für die Organisation des Drohnenverkehrs auf nationaler Ebene geschaffen. Es ist jenem ähnlich, das die Flugsicherung Skyguide für alle Zivil- und Militärflüge anwendet.

Mit U-Space – so heisst die digitale Infrastruktur zur Kontrolle der Drohnen im Himmel – soll vor allem der Verkehr im Luftraum über dicht besiedelten Zentren oder in der Nähe von Flughäfen reguliert werden. Ein Pionierprojekt für Europa, im Drohnen-Mekka Schweiz.


(Übertragung aus dem Italienischen: Christian Raaflaub)  © swissinfo.ch

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.