Die Firma Cambridge Analytica behauptet von sich selbst, mit Daten Weltpolitik zu machen. Auch Facebook wurde zum Lieferanten persönlicher Informationen. Weitet sich der Skandal über die Wahl von US-Präsident Trump hinaus aus?

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Im Skandal um die Nutzung von Facebook-Daten für den US-Wahlkampf wächst der Druck auf das soziale Netzwerk und die Datenanalyse-Firma Cambridge Analytica.

Die britische Datenschutzbehörde ICO liess in der Nacht zum Samstag die Londoner Zentrale des Beratungsunternehmens durchsuchen, das unter Verdacht steht, Millionen US-Amerikaner mit Hilfe unrechtmässig gesammelter Nutzerdaten gezielt mit verbotener Wahlwerbung für Donald Trump beeinflusst zu haben.

Derweil kehren erste Unternehmen dem weltgrössten Online-Netzwerk Facebook zumindest zeitweise den Rücken - etwa der Elektroauto-Hersteller Tesla und die Raumfahrt-Firma SpaceX.

Die Bundesregierung hat die europäische Facebook-Spitze für diesen Montag zum Gespräch gebeten. Die Londoner Behörden ermitteln einem Bericht des "Guardian" zufolge auch in der Frage, ob Cambridge Analytica bei der Volksabstimmung über den Brexit, also den EU-Austritt Grossbritanniens, eine Rolle gespielt hat.

Datenschutzbehörde sichert Beweise

Berichten zufolge verschafften sich 18 ICO-Mitarbeiter am Freitagabend Zugang zur Firmenzentrale. Man werde nun Beweise sichern, auswerten und bewerten, bevor Schlüsse gezogen würden, hiess es in einer Mitteilung.

Cambridge Analytica will mit seiner Datenauswertung zum Sieg Donald Trumps bei der US-Präsidentschaftswahl 2016 wesentlich beigetragen haben.

Eine ehemalige Mitarbeiterin der Beratungsfirma sagte dem "Guardian", Cambridge Analytica habe mit der Kampagne auch eine Kampagne zum EU-Austritt, Leave.EU, zusammengearbeitet, das aber später abgestritten.

Einer der Mitgründer der Kampagne, Richard Tice, sagte der BBC, die Firma habe ihre Dienste zwar angeboten, man habe sie aber nicht engagiert.

Geschäftsführer prahlt mit Erpressungsversuchen

Cambridge Analytica war heftig unter Druck geraten, nachdem sein Geschäftsführer Alexander Nix vor versteckter Kamera mit Versuchen zur Erpressung von Wahlkandidaten geprahlt hatte. Seine Firma könne "Mädchen zum Haus des Kandidaten schicken", sagte er.

Ein Reporter des britischen Senders Channel 4 hatte sich für den Vertreter eines potenziellen reichen Kunden ausgegeben, der für den Erfolg mehrerer Kandidaten bei einer Wahl in Sri Lanka sorgen wolle. Nix wurde daraufhin suspendiert.

Das Unternehmen war am vergangenen Wochenende von Facebook ausgesperrt worden. Cambridge Analytica habe unrechtmässig erhaltene Nutzerdaten entgegen früheren Zusicherungen nicht gelöscht, erklärte das Netzwerk zur Begründung.

Die Datenanalyse-Firma soll sich von einem App-Entwickler unberechtigt Zugang zu einigen Informationen von rund 50 Millionen Facebook-Nutzer besorgt haben.

Facebook wusste seit 2015 davon, gab sich aber mit der Zusicherung zufrieden, dass die Daten gelöscht worden seien. Die Nutzer wurden nicht informiert, was Facebook inzwischen als Fehler bezeichnet und nachholen will.

Gründer und Chef Mark Zuckerberg betonte, dass die Software-Schnittstellen, die einer Umfrage-App einen so breiten Zugriff auf Nutzerdaten überhaupt möglich machten, bereits 2014 dichtgemacht worden seien.

Die US-Verbraucherschutzbehörde Federal Trade Commission (FTC) leitete nach Informationen der "Washington Post" eine Untersuchung gegen Facebook ein.

Unternehmen kehren Facebook den Rücken

Das Image des Netzwerks leidet unter dem Skandal. In der Nacht zum Samstag gingen die Facebook-Seiten des Elektroauto-Herstellers Tesla und der Raumfahrt-Firma SpaceX vom Netz, wohl auf Veranlassung des Chefs der beiden Unternehmen, Elon Musk.

Bereits zuvor kündigte Mozilla, der Entwickler des Web-Browsers Firefox, an, keine Werbung mehr auf Facebook zu platzieren, bis es Datenschutz-Einstellungen verbessere.

Der Anbieter vernetzter Lautsprecher Sonos stoppt für eine Woche die Online-Werbung nicht nur bei Facebook, sondern auch bei der Foto-Plattform Instagram, Google und Twitter.

Facebook versuche nun, hinter den Kulissen Werbeagenturen zu beruhigen und ihnen zu versichern, dass die Daten ihrer Kunden sicher seien, berichtete das "Wall Street Journal" unter Berufung auf informierte Personen. Das Online-Netzwerk mit über zwei Milliarden Nutzern verdient praktisch sein gesamtes Geld mit Werbeanzeigen.

Hashtag "#deletefacebook"

Im Netzwerk Twitter macht seit Tagen der Hashtag "#deletefacebook" ("lösche Facebook") die Runde. Er wurde auch von WhatsApp-Mitgründer Brian Acton aufgegriffen, der seine Messaging-App einst für rund 22 Milliarden Dollar an Facebook verkauft hatte und bis vor kurzem dort auch beschäftigt war.

Der Präsident des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik, Arne Schönbohm, fordert Konsequenzen. Das Beispiel zeige, "dass der Schutz in der Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen noch höherer Qualität bedarf", sagte Schönbohm der "Rheinischen Post" (Samstag).

Die Möglichkeit einer Beeinflussung von Wahlen in Deutschland sieht er nach eigenem Bekunden nicht: "Wir haben in Deutschland im Vorfeld vergangener Bundestags- und Landtagswahlen Schutzmassnahmen ergriffen, um Datenmissbrauch, wie er im Zuge der US-Wahl erfolgt sein soll, zu vermeiden."

Der CSU-Europapolitiker Manfred Weber sagte der "Passauer Neuen Presse" (Samstag) auf die Frage, ob es ein europäisches Facebook geben sollte, dies könnten die Staaten nicht organisieren.

"Wir leben in einer freien Marktwirtschaft, da entscheiden die Menschen, welche Plattformen sie nutzen." Das Wichtige sei, dass ein europäischer digitaler Binnenmarkt geschaffen werde.  © dpa

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