Der Datenskandal um Cambridge Analytica erschüttert das Vertrauen in Facebook. Investoren verkaufen die Aktie und ziehen vor Gericht. Nutzer wollen mit einer Petition erreichen, dass das Netzwerk persönliche Daten nicht mehr so leichtfertig weiterreicht.
Im Datenskandal um Facebook erhöhen Investoren und Anwender den Druck auf das grösste soziale Netzwerk der Welt. In San Francisco verklagten Aktionäre den Konzern.
Aktionäre verklagen Facebook
Facebook habe "sachlich falsche und irreführende Aussagen" zur Firmenpolitik gemacht, heisst es in der Klageschrift, die am Dienstag (Ortszeit) bei einem Bundesgericht in San Francisco eingereicht wurde, wie CNN und weitere US-Medien berichteten.
Nutzer des Netzwerks verlangten in einer Petition der Mozilla-Stiftung, Facebook müsse mehr für den Schutz der Daten tun und seine Nutzer respektieren.
Zuvor war der Kurs der Facebook-Aktie eingebrochen. Seit Bekanntwerden des Datenskandals um die britische Analysefirma Cambridge Analytica sackte der Kurs von 185 Dollar um rund 20 Prozent.
Facebook habe mitteilen müssen, dass es Dritten Zugriff auf Daten von Millionen Nutzern ohne deren Zustimmung gewährt habe, argumentieren die Kläger. Da das Unternehmen das nicht früher getan habe, hätten sie grosse Verluste erlitten.
Facebook betont Opferrolle - Zuckerberg schweigt
Facebook sieht sich unterdessen selbst als Betrogenen. "Das gesamte Unternehmen ist entsetzt darüber, dass wir hintergangen wurden", teilte Facebook mit.
Die umstrittene Datenanalyse-Firma, die nach Angaben ihres inzwischen suspendierten Chefs Alexander Nix einen Grossteil des Wahlkampfs für US-Präsident
Dabei geht es auch um eine Vereinbarung, die Facebook im November 2011 mit der FTC geschlossen hatte. Damals hatte sich das Netzwerk zur Einhaltung bestimmter Datenschutzregeln verpflichtet.
Die FTC ermittelte damals wegen einer Änderung der Datenschutz-Regeln im Jahr 2009. Facebook hatte zuvor die Standard-Einstellungen für Profile verändert und die Informationen öffentlich zugänglich gemacht. Viele Facebook-Mitglieder reagierten nicht darauf.
Dadurch waren zuvor private Daten vieler Nutzer offen im Netz abrufbar, ohne dass es den Mitgliedern bewusst war. Die Änderung wurde kurz darauf zurückgenommen.
Facebook beteuert weiterhin, Nutzerdaten zu schützen
Das Unternehmen erklärte nun, es werde alles tun, um seine Richtlinien durchzusetzen und die Informationen der Nutzer zu schützen. Firmenchef Mark Zuckerberg und alle Verantwortlichen seien sich des Ernsts der Lage bewusst.
In einer Petition, die von der Mozilla-Stiftung gestartet wurde, beklagten sich bis zum Mittwoch Tausende Unterzeichner darüber, dass Daten von bis zu 50 Millionen Facebook-Nutzern von Cambridge Analytica ohne ihr Wissen oder ihre Zustimmung genutzt worden seien.
"Dies war kein Datenleck", heisst es da "niemand hat sich bei Facebook eingehackt oder Passwörter gestohlen. Der Grund war, dass Facebook-Apps nicht nur Zugang zu sensiblen Daten von Menschen gestattet hätten, die diese Programme nutzen – sondern auch zu den Daten von deren Freunden."
Facebook habe inzwischen angekündigt, Schritte zu unternehmen, um "den Zugriff von Entwicklern auf detaillierte Freundesdaten einzuschränken".
"Aber die aktuellen Standardeinstellungen von Facebook lassen viele Fragen offen und viele Daten ungeschützt. Eines ist klar: Facebook muss mehr tun und seine Nutzer respektieren", heisst es in der Petition.
Cambridge Analytica wurde bekannt als die Firma, deren Datenauswertung zum Sieg Donald Trumps bei der US-Präsidentenwahl 2016 beigetragen haben soll - möglicherweise mithilfe von unrechtmässig gesammelten Facebook-Daten.
Alexander Nix, der am Dienstagabend suspendiert worden war, hatte einem angeblichen Kunden gegenüber Angaben zu den Verbindungen seines Unternehmens zu Trump gemacht. Der vermeintliche Kunde entpuppte sich aber als britischer Fernsehreporter von Channel 4.
Der Undercover-Reporter hatte sich mit Alexander Nix und anderen Top-Managern von November 2017 bis Januar 2018 mehrfach in Londoner Hotels getroffen.
Unternehmen beschafft angeblich negative Informationen über Gegner
An einer Stelle antwortete Nix auf die Frage nach der Möglichkeit, negative Informationen über politische Gegner zu beschaffen, seine Firma könne "Mädchen zum Haus des Kandidaten schicken". Ukrainerinnen seien "sehr schön, ich finde, das funktioniert sehr gut".
Eine weitere Vorgehensweise sei, einem Kandidaten viel Geld für seinen Wahlkampf anzubieten, zum Beispiel mit Ländereien als Gegenleistung - und das Ganze auf Video aufzunehmen und später zu veröffentlichen.
Auch bei Facebook könnte es laut "New York Times" personelle Veränderungen geben. Die Zeitung berichtete, dass der in Fachkreisen angesehene Sicherheitschef Alex Stamos Facebook verlassen wolle.
Er habe sich dafür eingesetzt, offener über die russische Einmischung in den US-Präsidentenwahlkampf 2016 zu informieren, sei aber von anderen Managern abgebügelt worden.
Erst nach Untersuchungen im US-Kongress räumte das Online-Netzwerk schrittweise ein, dass 150 Millionen Nutzer von Facebook und Instagram mit politischer Propaganda aus Russland in Berührung gekommen sein dürften. © dpa
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