Jeder Internet-Nutzer sieht sich zwangläufig irgendwann mit Falschmeldungen konfrontiert. Doch es gibt Warnsignale, auf die man achten kann.
Gefühlt nimmt die Zahl der Fakes ständig zu. Nicht nur werden die Möglichkeiten der Bildmanipulation ausgefeilter, heute hat jeder Mensch mit Internet-Zugang die Möglichkeit, Informationen ins Netz zu stellen - völlig ungeachtet dessen, ob sie aus einer seriösen Quelle stammen oder frei erfunden sind.
Aber stimmt es überhaupt, dass es immer mehr Falschmeldungen gibt? "Nein, ganz gewiss nicht", sagt Andre Wolf vom Fake-Aufdecker-Portal Mimikama.
Seit vier Jahren sei das Aufkommen relativ gleich, es gebe lediglich verschiedene Moden: So tauchen in unregelmässigen Abständen falsche Todesmeldungen von Stars auf und alle vier bis sechs Wochen gibt es einen Kettenbrief.
Ziel einer guten Fälschung: Nicht entlarvt werden
Eine gut gemachte Falschmeldung, soll als solche nicht erkannt werden. "Sie beinhaltet reale Elemente, die man nicht widerlegen kann", erklärt Wolf.
Dazu seien im Lauf der Zeit Erzählmuster entstanden, die sich immer wieder in anderen Falschmeldungen wiederfänden. "Und weil man diese Narrative kennt, existiert dann eine gefühlte Wahrheit", sagt Wolf.
Zum Beispiel wird so getan, als sei ein sieben oder acht Jahre alter Vorfall jetzt gerade passiert. "Das hat man häufig: Die Geschichte ist zwar echt, aber sie hat mit Hier und Jetzt nichts zu tun. Und dementsprechend hätte sie überhaupt keine Relevanz", erläutert Wolf.
Ein relativ neues Phänomen sind sogenannte Phantom-Diskussionen: Debatten darüber, dass christliche Feste wie Ostern oder St. Martin angeblich abgeschafft werden sollen. "Kein Mensch fordert das", versichert Wolf. "Aber auf Social Media gehen Privatleute und sogar Politiker davon aus, dass christliche Traditionen absichtlich unterdrückt werden."
Im Frühjahr kam das Gerücht auf, der Osterhase von Milka sei in "Schmunzelhase" umbenannt worden. "Solche Narrative muss man erklären und ihnen den bösen Zauber rauben", betont Wolf. In dem Fall war es einfach: "Man spricht mit Milka, und die sagen 'Nein, das Ding hiess immer schon so'."
Verschiedene Fake-Arten - mit unterschiedlichem Gefahrenpotenzial
Der Duden bezeichnet Fake News als "in manipulativer Absicht verbreitete Falschmeldungen". Sie lassen sich laut "Fakenewswatch" grob in drei Kategorien einteilen:
- Satire-Websites - Gefahrengrad: harmlos
- Clickbait-Websites - Gefahrengrad: bedingt gefährlich
- Fake/Hoax-News-Websites - Gefahrengrad: sehr gefährlich
Satire-Websites dienen zur Unterhaltung. Im Normalfall sind sie als Satire deklariert. Spätestens ein Blick ins Impressum offenbart, worum es geht. Zudem sind die Inhalte meist völlig überdreht. Die bekanntesten deutschsprachigen Beispiele sind "Der Postillon" und "Die Tagespresse".
Clickbait-Websites stricken Geschichten um einen wahren Kern, dramatisieren aber einen Teilaspekt völlig und vernachlässigen dafür andere Elemente, die für die Einordnung wichtig sind. Meist dienen die Inhalte Unterhaltungszwecken und richten wenig Schaden an.
Hoax-Sites wollen leichtgläubige Nutzer dazu verführen, Inhalte ungeprüft zu teilen. Hoax bezeichnet eine Falschmeldung, die für wahr gehalten und deswegen weiterverbreitet wird. Darunter fallen gefälschte Attentate oder Anschläge, ebenso wie falsche Todesmeldungen oder Meldungen, die Menschen in Angst versetzen wollen. Die Website "24aktuelles.com" verbreitete zwischenzeitlich etwa eine Menge Meldungen über Angriffe von Horror-Clowns, aufgrund derer die Polizei zu Einsätzen gerufen wurde.
So erkennen Sie Fälschungen
Wer einen mutmasslichen Fake entdeckt hat, kann sich mehrerer Instrumente bedienen, um herauszufinden, womit er es zu tun hat. Der Verein Mimikama aus Wien gibt auf seiner Website Tipps:
1. Beim Inhalt auf Alarmsignale achten
Ist ein Inhalt bewusst überspitzt formuliert, enthält viel Meinung, aber keine belastbaren Quellen, ist das ein Alarmsignal.
2. Betreiber einer Site ausfindig machen
Wenn im Impressum nur ein Postfach angegeben ist oder eine Site überhaupt kein Impressum besitzt, sollte man die Informationen kritisch betrachten. Zur Einschätzung ebenfalls wichtig: Handelt es sich um die Website eines seriösen Mediums oder um einen Meinungsblog?
3. Inhalt gegenchecken
Gibt es für ein Thema mehrere Quellen und haben es verschiedene seriöse Medien aufgegriffen? Oder handelt es sich um Kopien ein und derselben Meldung, die von anonymen Blogs weiterverbreitet wurde?
Um das herauszufinden, lässt sich Google News nutzen: Es gruppiert Meldungen zu einem Thema und bietet so einen Überblick. Zudem lässt sich nach gleichlautenden Sätzen suchen, indem man sie in Anführungszeichen setzt. So entdeckt man Meldungen mit dem exakt gleichen Wortlaut - was auf unreflektierte Kopien hindeutet.
4. Rückwärtssuche für Bilder nutzen
Oft werden bei Manipulationen Bilder aus dem Zusammenhang gerissen oder alte Fotos in einen neuen Kontext gesetzt. Um dem auf die Schliche zu kommen, lassen sich Rückwärtssuchen nutzen - etwa die von Google, TinEye Reverse Image Search oder Yandex. Einfach das fragliche Bild hochladen und das Ergebnis checken.
5. Suchfilter einsetzen
Über Zeitfilter in der Suchmaschine lässt sich herausfinden, wann ein Inhalt das erste Mal im Netz veröffentlicht wurde - und gegenchecken, ob der Sachverhalt wirklich so aktuell ist, wie er einem verkauft werden soll.
6. Gezielt nach Falschmeldungen suchen
Es gibt eine eigene Suchmaschine für Fakes. Hier lässt sich im Archiv der Fake-Aufdecker von Mimikama anhand von Begriffen nach Falschmeldungen suchen.
Mimikama: Ein Verein gegen Fakes
Der Verein Mimikama klärt seit 2011 über Internet-Betrug und Falschmeldungen auf. Facebook-Nutzer kennen ihn unter dem Motto "Zuerst denken, dann klicken".
Am Anfang stand ein Zufall: Gründer Tom Wannenmacher war selbst auf eine Browser-Erweiterung hereingefallen, die ihm mehr Goodies für ein Online-Spiel versprach - sich aber als Abo-Falle entpuppte.
Wannenmacher stellte eine Warnung ins Netz, die innerhalb weniger Tage mehrere Tausend Mal geteilt wurde: eine Marktlücke.
Seither berichtet der Verein über Falschmeldungen, Kettenbriefe, Bildfälschungen, urbane Legenden und Polit-Manipulationen. Zu 95 Prozent arbeiten hier Ehrenamtliche. In Wien halten drei angestellte Mitarbeiter die groben Strukturen am Laufen. Die Zusammenarbeit organisiert der Verein über eine Redaktionsgruppe: Dort wird besprochen, wer welches Thema bearbeitet.
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