Die offizielle App des spanischen Fussballbunds macht ihre Anwender zu Informanten - und aktiviert ferngesteuert deren Mikrofon. So will "La Liga" Bars und Lokalen auflauern, die für ihre Fussball-Übertragungen keine Lizenzgebühren bezahlen.
Eine Fussball-App macht ihre Nutzer zu Spionen für die spanische Fussballliga: Die offizielle Anwendung von "La Liga" greift verschiedene Daten ab - offenbar im Kampf gegen illegale öffentliche Fussball-Übertragungen.
Wie La Liga der spanischen Tageszeitung "El Diario" bestätigt hat, schaltet die App ferngesteuert das Mikrofon von Geräten ein, auf denen sie installiert ist. Zudem wird der Standort des Geräts abgegriffen.
So will La Liga herausfinden, ob jemand gerade Fussball schaut - und wenn ja, in welcher Bar er sich dabei mutmasslich befindet.
Dank DSGVO öffentlich geworden
Der Skandal kam im Zuge der Umsetzung der EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) ans Licht: Wie auch im Rest der EU müssen spanische App-Betreiber ihre Nutzer nun darüber aufklären, was mit ihren Daten im Detail passiert.
Wie La Liga in einer Pressemitteilung bekannt gab, "greift niemand auf die Audiofragmente zu". Vielmehr würden diese "automatisch in ein Signal, einen Binärcode" umgewandelt. Dieser werde wiederum automatisch analysiert.
Die Aufnahmen würden dabei nicht gespeichert. Sie dienten lediglich dazu, gegen "Piraterie an öffentlich zugänglichen Orten" wie Bars vorzugehen. Mikrofon und Standort würden zudem nur während der Spielzeiten aktiviert.
La Liga entsteht durch die Ausstrahlung von Spielen ohne Lizenz nach eigenen Angaben ein Schaden von "über 150 Millionen Euro".
Wer zustimmt, wird zum "Informanten"
Bei der Installation der App muss der User den Nutzungsbedingungen zustimmen. Wie "El Diario" per Screenshot festgehalten hat, wird direkt darunter die Option angeboten, "das eigene Team zu unterstützen" - indem man Informationen weitergibt.
Wer hier einen Haken setzt, wird zum Spion für La Liga. Und nimmt in Kauf, dass das Mikrofon des Smartphones jederzeit eingeschaltet werden kann.
Wie lange der Mechanismus bereits greift, ist unklar. Seitdem die DSVGO in Kraft ist - also seit 25. Mai - muss jedoch auch La Liga in seinen AGB spezifizieren, was mit den Daten der Nutzer im Detail passiert.
Darin heisst es: "La Liga kann das Mikrofon deines Geräts aktivieren, um herauszufinden, ob du Fussballspiele der Mannschaften von La Liga anschaust. Diese Information wird dazu benutzt, um Betrüger zu entlarven."
Das Mikro nehme Audiofragmente auf, "um herauszufinden, ob du ein Fussballspiel schaust". Mit der Funktion wolle man "1. statistische Muster zum Fussballkonsum erarbeiten, 2. betrügerische Übertragungen von La Liga (Piraterie) aufspüren".
Die App wurde laut Google Play für Android mehr als zehn Millionen Mal heruntergeladen. Apple gibt im App Store nur die Bewertungen an, nicht aber die Zahl der Downloads.
App-Berechtigungen lassen sich entziehen
Wer möchte, kann der App die Berechtigungen nachträglich entziehen: In den Einstellungen lässt sich der Zugriff auf Mikrofon und Standort trotz Einwilligung auch nach Installation einschränken.
Zumindest in der englischsprachigen Version 6.4.7, die ausserhalb Spaniens ausgeliefert wird, fehlt in unserem Selbstversuch der Zusatz bei den Nutzungsbedingungen.
Die Deutsche Fussballliga (DFL) teilte auf Anfrage unserer Redaktion mit, auf den von der DFL und ihren Tochtergesellschaften betriebenen Plattformen gebe es "keine solchen Funktionen". Sky reagierte nicht auf Anfragen.
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