Damit Meta ein KI-Modell entwickeln kann, soll es mit Nutzerdaten gefüttert werden. Wer das nicht will, muss sich wehren.
Facebook-Gründer
Das reicht dem Tech-Giganten aber nicht. Ab dem 26. Juni 2024 will Meta seine KI-Modelle mit Daten seiner Nutzer, sprich Kunden trainieren. Textbeiträge, Fotos und Bildunterschriften auf den Plattformen Facebook, Instagram und Threads sollen verwendet werden, um ein hauseigenes KI-Modell zu entwickeln. Das Modell soll auf Basis der gesammelten Inhalte künftig neue Beiträge per Knopfdruck basteln können. Immerhin: Privatnachrichten will der Konzern nicht verarbeiten und auch Inhalte von Minderjährigen sollen aussen vor bleiben.
Man kann mit Daten zahlen
Zumindest für die Datenverarbeitung zu Werbezwecken benötigt Meta nach der Datenschutz-Grundverordnung eine Erlaubnis. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat im vergangenen Jahr entschieden, dass eine individuelle Einwilligung der Nutzenden oder ein Vertrag mit diesen erforderlich ist. Heute kann man sich unter der Überschrift "Pay or consent" entscheiden.
Man hat die Wahl: "Zahle für die Nutzung eines Onlinedienstes mit Geld oder willige in die Datenverarbeitung ein und zahle mit Deinen Daten für die Leistung". Dieser Weg ist rechtlich grundsätzlich vorgegeben, auch wenn sich der Europäische Datenschutzausschuss aktuell kritisch dazu äussert.
Bis zu der Klarstellung aus Luxemburg hatte Meta sich bei der Datenverarbeitung für seine Dienste darauf berufen, berechtigte und gewichtigere Unternehmensinteressen für seine Datenverarbeitung beim Angebot seines Dienstes zu haben als die Nutzer an ihrer Privatsphäre. Ist die Rechtfertigung der Datenverarbeitung mit einem berechtigten Interesse an der Entwicklung eines KI-Modells auch aussichtslos oder hat Meta diesmal Recht?
Kommunikation und Werbung
Meta bietet vordergründig eine digitale Kommunikations- und Vernetzungsdienstleistung an. Aber natürlich sind diese Angebote wirtschaftlich betrachtet gigantische Vehikel für Werbung mit Nutzerdaten. Das spricht dafür, dass auch das Training des Sprachmodells Werbeinteressen dient. Zumindest die Datenschutzorganisation Noyb um den Datenschützer Max Schrems ist von der Rechtswidrigkeit des Vorgehens überzeugt und hat kürzlich in elf Ländern Beschwerde gegen die Praxis von Meta eingelegt.
Wie ist der Fall zu bewerten? Grundsätzlich muss Meta die Nutzenden nicht nach einer Einwilligung fragen. Es steht dem Unternehmen im Rahmen seiner unternehmerischen Freiheit zu, sich auf sein berechtigtes Interesse an der Datenverarbeitung zur Entwicklung seiner KI zu berufen.
In der Folge kommt es dann aber nicht darauf an, ob Nutzer die Einwilligung in die Verarbeitung ihrer Daten zum Training der KI erteilen. Sie können und müssen in diesem Fall Widerspruch gegen das Vorgehen des Unternehmens einlegen.
Nach der DSGVO müssen Nutzende beim Widerspruch Gründe gegen die Datenverarbeitung benennen, "die sich aus ihrer besonderen persönlichen Situation ergeben." Ein blosses: "Ich will nicht" reicht also nicht. Meta bietet bei den Einstellungen unter "Datenschutzrichtlinie" ein Formular für den Widerspruch an. Man muss sein Wohnsitzland und seine E-Mail-Adresse angeben. Zudem findet sich dort ein Textfeld. Das sollte man ausfüllen, um seine berechtigten Nutzerinteressen darzulegen.
Argumente gegen Meta
Man konnte zunächst als Nutzer bei Erhebung der Daten nicht absehen, dass Meta die Daten für die Entwicklung eines KI-Modells verarbeiten würde. Man weiss auch nicht, was mit den Daten in der autonomen KI geschieht. Selbst Entwickler können nicht genau vorhersagen, welchen Einfluss ein einzelnes Datum auf die Ergebnisse der KI hat.
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Darüber hinaus ist unklar, ob und wie die verwendeten Daten aus der KI abgerufen werden können. Ist die Entwicklungsphase einmal abgeschlossen, sind die Daten nur noch in Form abstrakter Parameter im KI-Modell vorhanden. Sie beeinflussen die Ermittlung der Ergebnisse in kaum messbaren Nuancen.
Das bedeutet aber nicht, dass die Daten für immer aus der Welt sind. KI-Systeme geben bei entsprechenden Anfragen Teile ihrer Trainingsdaten zusammenhängend wieder. Sind die Daten aber erst einmal in das KI-Modell eingeflossen, besteht für die Nutzer keine praktisch realisierbare Möglichkeit mehr, sie daraus wieder entfernen zu lassen.
Man kann sich dann nicht mehr gegen eine unfreiwillige oder verfälschte Replikation wehren. Insbesondere wenn man auch mit Kindern abgebildet wird, ist nicht nachvollziehbar, wie Meta deren Daten löscht. Auch ist nicht erkennbar, wie Meta die Daten anderer Personen anonymisiert, die Widerspruch eingelegt haben.
Widerspruch bis zum 26. Juni 2024
Es spricht also einiges gegen ein überwiegendes Interesse von Meta. Wer jedenfalls seine eigenen Beiträge gegen eine Verarbeitung zur Entwicklung der Meta-KI verwahren will, hat bis zum 26. Juni die Gelegenheit, ihr zu widersprechen. An fehlenden Argumenten sollte der Widerspruch nun nicht mehr scheitern.
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