Schon so mancher Film lehrte uns merkwürdige Gesetzmässigkeiten. Denn wer zum Beispiel nach "Star Wars" denkt, dass es im Weltall Fluggeräusche gibt, der irrt.

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Phänomene dieser Art treten auch in Videospielen auf, ja manche Szene ist bei genauer Betrachtung geradezu grotesk. Anders als der Film-Zuschauer macht der Spieler diese Erfahrungen jedoch sehr direkt, denn er muss selbst ins Geschehen auf dem Bildschirm eingreifen.

In der realen Welt, jenseits von Film und Spiel, gelten ohnehin ganz andere Regeln. So wäre es beispielsweise fatal, sich wie Spider-Man Peter Parker von einer Spinne beissen zu lassen, um so an Superkräfte zu kommen. Im Gegenteil: Der Mensch würde hier eher den Tod riskieren. Unsere Games-Weisheiten:

Pixelhelden haben's leichter

Bereits als Kind lehren uns die Eltern, keinen Unrat von der Strasse aufzuheben. Denn wir könnten uns im zarten Alter Keime und Bakterien einfangen und so von hässlichen Krankheiten heimgesucht werden. Im Videospiel ist das Sammeln von Gegenständen dagegen meist im Sinne des Spiels - und ohnehin eine ganz andere Sache. Es beginnt damit, dass sich das Aufheben für den Spiel-Protagonisten weit unkomplizierter gestaltet als im echten Leben. Während wir Menschen uns jedes Mal bücken müssen, um das Begehrte am Boden zu erreichen, genügt es unserem Pixelhelden meist, kurz über den Gegenstand zu laufen. Als Maximal-Aufwand muss auf das gewünschte Item oder eine Taste gedrückt werden, schon ist das eigene Inventar ein bisschen vollständiger.

Selbst das Verstauen fällt im Spiel leichter, denn die Dinge verschwinden automatisch im Fundus. Plastikbeutel oder Rucksack zum Transport sind nicht vonnöten - auch das Gewicht drückt nicht unnötig auf die Schultern. So kann der eigene Besitz ohne Scheu und Reue weiter aufgestockt werden. Als Held im Spiel ist man selbst auf grosser Reise bei der Auswahl des Gepäcks nicht eingeschränkt. Während wir Menschen gerade in Flugzeug und Bahn kaum das Nötigste mitführen können, greift sich der Held Hunderte von Tränken, Waffen, Rüstungen und weiterem Utensil, um sich dann mit unbeschwerter Leichtigkeit rennend, hüpfend und vor allem fantastisch kämpfend durch die virtuelle Welt zu schlagen. Sollte das Gepäck doch mal überfrachtet sein, kann unnötige Ausrüstung bei NPCs verscherbelt oder an beliebiger Stelle ein kleiner Markt eröffnet werden. Zur Not wird das Gerümpel einfach weggeschmissen - in virtuellen Welten bleiben da Beschwerden aus und teurer Sondermüll entfällt. Umweltverschmutzung? Im Spiel ein Fremdwort. Auch mit der Erderwärmung ist man nicht vertraut, zumindest solange der Lüfter oder die Wasserkühlung des Rechners ihre Dienste tun.

Nur mal kurz die Welt retten

Mit einem starken Willen kann man viel erreichen. Und so lehren uns Videospiele noch mehr als unsere Eltern und Grosseltern, dass wir etwas ganz Besonderes sind und alles schaffen können, was wir wollen. Die Welt als Einzelgänger innerhalb von acht Stunden retten - kein Problem! Schliesslich verkörpern wir oftmals eine speziell ausgebildete Einheit, besitzen übermenschliche Kräfte oder wissen einfach intuitiv, wie es funktionieren muss.

Ganz so leicht wird es den Protagonisten aber nicht immer gemacht. Schliesslich gibt es diverse Fallen, denn ohne sie träte das Schlimmste ein, weit schlimmer als der virtuelle Weltuntergang: die Langeweile vor dem PC. So gilt im Spiel in den meisten Fällen: Die erste Vermutung ist nicht die richtige. Irreführungen sind Standard, sie sind Programm vom Programmierer. Kommen wir irgendwo nicht weiter, haben wir etwas Wichtiges übersehen.

Verschiedene Welten

Der Spieler vor dem Rechner lernt schnell, der virtuelle Held mit ihm. So ist zum Beispiel augenscheinlich, dass unsere gelben Fässer mit dem schwarzen Radioaktiv-Zeichen in Videospielen meist die roten Fässer sind, oft mit einer Flamme versehen. Kurz gesagt: Man lernt es, jene Gegenstände zu meiden. Denn schiesst der Spieler eine dieser roten Tonnen ab, geht sie in Luft. Der Tod des virtuellen Helden kann die Folge sein.

So riskant wie in der Realität ist das allerdings nicht, denn man kann am letzten Speicherpunkt einfach wieder weitermachen. Diese Option, und das ist wohl eine der einfachsten und wichtigsten Erkenntnisse, gibt es im richtigen Leben nicht. Leider. So sollten wir es tunlichst unterlassen, Aggressionen aus dem Spiel mit hinaus in die Welt zu nehmen. In Pixelwelten werden wir für gezielte Gewalt mit Waffen, Schlüsseln und vielem mehr belohnt. In unserer Welt wartet Bestrafung statt Gewinn.

Eigene Physik und Realität

Wie Science-Fiction-Filme auch, wenden sich Videospiele gerne von der Realität ab und schaffen ihre ganz eigene Welt, mit ganz eigenen Gesetzen.

Da ist zum Beispiel der Fakt, dass maskierte Protagonisten im Spiel immer maskiert bleiben, egal wo sie sich aufhalten und was sie gerade tun. Selbst im Versteck, wenn die Ganoven unter sich sind, zeigen diese Charaktere nie, was wirklich "unter der Haube steckt". Im Gegensatz dazu bietet selbst Star Wars dem Filmzuschauer einen Darth Vader ohne seinen Helm. Und in der realen Welt? Da reisst sich der Räuber die Maske schon im Fluchtwagen wieder vom Gesicht und selbst der Fasching hat sein festgelegtes Ende. Im Spiel dagegen herrscht Allzeit-Anonymität. Ob die Bösewichter jemals ihr eigenes Gesicht gesehen haben?

In Spielen wie Quake kann man sich, sofern Teambeschuss ausgestellt ist, sogar mit Raketenwerfern weiterhelfen. Die Explosion dient dann als Katapult, um auf Erhöhungen zu kommen oder hohe Sprünge zu machen. Im Leben wäre dies ein mehr als gewagtes Unterfangen.

Oftmals können wir uns im Spiel auch die Schwierigkeitsstufe selbst aussuchen und müssen uns damit weder unter- noch überfordert fühlen. Im Notfall hilft ein Pausenknopf, dann können die Einstellungen im Fall der Fälle noch während des Spiels angepasst werden. Wir können cheaten und den God- oder Stealth-Mode wählen - all das fehlt in der realen Welt. Und so müssen wir uns im Leben wohl damit abfinden, dass wir eben keine Superhelden sind. Eine Weisheit aus der Welt des Spiels, die beide Welten umso attraktiver macht.

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