Als der Informatiker Tim Berners-Lee Ende 1989 ein System erfand, das den Austausch von Forschungsergebnissen mit Kollegen weltweit erleichtern sollte, ahnte er nicht, zu was sich das World Wide Web entwickeln würde. Heute sind zwei Drittel der europäischen Haushalte online, in Deutschland rund 50 Millionen Menschen. Und egal ob sie mailen, shoppen oder chatten – fast immer benutzen sie einen Browser.
Von WorldWideWeb zu Netscape Navigator
Gemeinsam ist allen Browsern, dass sie das von Berners-Lee entwickelte Hypertext Transfer Protocol (HTTP) verstehen. Bilder zeigte der WorldWideWeb-Browser dadurch allerdings nicht, erst 1993 wurde dem Internet Farbe eingehaucht – und verhalf ihm zum Durchbruch: Vom Mosaic-Browser des National Center for Supercomputing Applications (NCSA) waren knapp ein Jahr nach der Veröffentlichung waren mehrere Millionen Kopien in Umlauf. Viele der mit Mosaic eingeführten Funktionen wie Vor- und Zurück-Buttons oder die Adresszeile gibt es noch heute.
Um mit dem Browser auch Geld zu verdienen, verliess NCSA-Entwickler Marc Andreessen das Mosaic-Team, gründete Netscape und veröffentlichte 1994 die erste Version der legendären Navigator-Reihe. Er war im Vergleich zum Mosaic vor allem eins: schnell. Ausserdem entwickelte er sich mit den wachsenden Userwünschen an das Internet oder stiess selbst Entwicklungen an. Stichwort: CSS, SSL, Cookies, Javascript, Frames, HTML – oder auf Deutsch: Der User konnte immer besser mit dem und über das Web kommunizieren. Und noch etwas erfand Netscape: das Plug-in, also eine Schnittstelle für digitales Zubehör wie Musikspieler.
Microsofts IE gewinnt den Browserkrieg
Trotz der Weiterentwicklung zum Netscape Communicator mit integriertem Mail- und News-Client verschwand Netscape innerhalb weniger Jahre in der Versenkung. Hauptgrund war die Entscheidung Microsofts im Jahr 1995, sich doch mit dem Internet zu befassen. Ehrfürchtig sprechen User vom Browserkrieg, aus dem der Internet Explorer als Sieger hervorging. Dabei war die erste IE-Version keine Eigenentwicklung, sondern basierte auf Mosaic. Bis zur 4. Version 1997 hinkte Microsoft Netscape technisch hinterher, gewann aber vor allem durch die Bündelung mit Windows stetig Marktanteile. Über 90 Prozent waren es um 2002 – allerdings ohne Revolutionäres zu bieten.
Das boten andere: zum einen das Mozilla-Projekt, das durch die Veröffentlichung des Netscape-Quellcodes entstand. Durch die Trennung der einzelnen Communicator-Teile entstand unter anderem Firefox: schlanker, schneller, sicherer – und bis heute grösster IE-Konkurrent. Er überzeugte schon in der ersten Version mit Funktionen wie Tab Browsing, also mehreren gleichzeitig geöffneten Seiten, oder einem RSS-Reader für Nachrichten-Abos. Nicht frei, sondern bis 2000 kostenpflichtig war der Opera-Browser. Während Firefox vor allem durch seine Kompaktheit punktete, war Opera als Tausendsassa konzipiert: E-Mails, Adressbuch, RSS-Feeds, FTP-Client sowie zahlreiche Anpassungs-Möglichkeiten waren an Bord. Auch Mausgesten, also die Steuerung durch bestimmte Mausbewegungen, unterstützte Opera.
Der Browser als Fenster zur WWW-Welt
Microsoft reagierte 2006 auf die wachsende Konkurrenz mit dem eigentlich gar nicht geplanten IE 7, der viele Entwicklungen wie Phishing-Filter nachholte; im IE 8 von 2009 waren es Suchvorschläge und Seitenvorschauen. Dennoch muss sich Microsoft den Markt mittlerweile teilen – vor allem mit Firefox, aber auch mit dem 2008 vorgestellten Chrome-Browser von Google. Hinter der optischen Verschlankung aller aktuellen Browser verstecken sich zahlreiche Neuerungen, wie die Synchronisierung von Lesezeichen mit Online-Konten, um so überall darauf zugreifen zu können – beispielsweise auf Smartphones, für die es mittlerweile ebenfalls Browser gibt.
Und Google geht mit seinem Betriebssystem ChromeOS noch weiter. Es heisst nicht nur fast wie der Browser, es soll auch so funktionieren: ein kleines Fenster in die grosse Welt des WWW – mit allen Daten in der Cloud, abrufbar von überall. Im Endeffekt hat sich aber in 20 Jahren nichts an der Grundaufgabe des Browsers geändert: das Chaos von Nullen und Einsen für den Menschen zu übersetzen.
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