Auf den ersten Blick ist SBB-FREE WiFi eine feine Sache: Während Bahnreisende auf ihren Zug warten, können sie kostenlos im Internet surfen. Heute startet der Service an weiteren Bahnhöfen. Was den wenigsten bewusst ist: Wirklich gratis ist das nicht - man zahlt mit seinen Daten.
Rund 100 Bahnhöfe wollen die SBB bis Ende 2015 mit kostenlosem Internetzugang ausstatten. Nach Stationen wie Bern Wankendorf und Montreux wird der Zugang jetzt in Zürich Altstetten, Bülach, Weinfelden, Thalwil, Pfäffikon SZ und Stettbach freigegeben. 60 Minuten können sich Reisende nach einer Registrierung kostenlos im Web tummeln.
Allerdings gibt es einen Haken. Auf ihn weist der auf IT-Recht spezialisierte Rechtsanwalt Martin Steiger im "Tages-Anzeiger" hin: "Wer das SBB-Angebot nutzt, zahlt mit seinen Daten." Denn die SBB speichert die Handynummer, die Mac-Adresse zur Identifizierung des Endgeräts sowie Ort, Datum und Zeit jeder Nutzung. Auf diese Weise können sie umfangreiche Nutzungs- und Bewegungsprofile erstellen.
Vielen Nutzern dürfte nicht klar sein, dass sie mit ihrer Zustimmung zu den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) den SBB erlauben, all diese Daten zu erheben, zu bearbeiten - auch mithilfe von Dritten im In- und Ausland. Und das bedeutet: Die SBB analysieren das Reiseverhalten der Bahnfahrer, um ihr Angebot zu optimieren.
Zusätzlich behalten sie sich eine "persönliche Ansprache des Kunden" mit Werbeinformationen oder Umfragen vor. Im "Tages-Anzeiger" versucht Stephan Wehrle, Leiter der Medienstelle SBB, zu beschwichtigen. Es werde nur "auf der Startseite Werbung geschaltet". Werbeanrufe oder -Mails müssten die Nutzer nicht fürchten.
Möglich und realistisch ist laut "Tages-Anzeiger" aber auch eine Verknüpfung der Daten mit dem von den SBB geplanten Handy-Portemonnaie Wally. So könnte die Bahn mehr Rendite aus den Bahnhöfen ziehen. Wehrle will sich nicht festlegen. Ob es zu einer Vernetzung komme, sei noch nicht klar.
Zwölf Monate lang wollen die SBB die Nutzerdaten personenbezogen speichern und verwenden. Danach erst werden sie anonymisiert. Datenschutzrechtlich ist das problematisch. Schliesslich schreibt das Bundesgesetz zur Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs eine Aufbewahrungsdauer von sechs Monaten vor - und das auch nur zu Strafverfolgungs- und Personensuchzwecken, nicht aber für Marketing. Das Gesetz soll jedoch überarbeitet werden. Darauf verweisen die SBB schon jetzt. So könnte die Speicherfrist auf ein Jahr verlängert werden.
Wehrle findet: "Dem Benutzer steht es frei, diesen Gratis-Service nicht zu nutzen."
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