Mit der Verbreitung von Smartphones hat sich auch die Social-Media-Landschaft kräftig verändert. Doch was bedeutet das für Freundschaften? Enge Beziehungen zu pflegen scheint durch soziale Medien heute zwar einfacher. Doch "Online-Freundschaften" verändern das Verständnis von innigen Beziehungen nicht immer zum Guten.

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Tausende Follower auf Instagram oder Twitter, Hunderte Freunde bei Facebook - viele vor allem jüngere Menschen sind in den sozialen Netzwerken mit zahlreichen Personen befreundet.

"Aber Freundschaft ist nicht gleich Freundschaft", weiss Psychologin Anna Schneider von der Hochschule Fresenius in Köln. Denn Online-Freunde zu haben sei lediglich eine Vorgabe des Netzwerkes. Das digitale Zeitalter hat nach ihren Angaben reale Freundschaften nicht grundlegend verändert - vielmehr seien neue Möglichkeiten entstanden.

Um intensive Verhältnisse zu pflegen, könnten die sozialen Netzwerke helfen, betont Anna Schneider, die zu Freundschaften im digitalen Zeitalter geforscht hat. "Instagram und Co. können verhindern, dass Freundschaften zu Bekanntschaften werden." Die Kontaktpflege auch über grosse Distanzen fiele leichter denn je - und ein "Gefällt mir" oder "Online-Herzchen" könnten wichtige Symbole der Zuwendung sein, sagt sie im Vorfeld des Internationalen Tags der Freundschaft am 30. Juli.

Irgendwann fehlt die Nähe

Die Symbole allein reichten jedoch nicht. Solch "soziale Snacks" suggerierten, Teil einer Gemeinschaft zu sein. In Wahrheit hinterliessen sie einen faden Beigeschmack. "Spätestens dann, wenn die Beziehung belastet wird - zum Beispiel bei einem Umzug - kann man auf diese Menschen meist nicht zählen", sagt die Psychologin.

Der Titel "Freund" sei online ein ganz anderer als im realen Leben. Das offenbart auch eine Studie des britischen Forschers Robin Dunbar von der Universität Oxford aus dem Jahr 2016. Ergebnis: Facebook-Nutzer sehen nur etwa vier ihrer Online-Freunde als enge, vertraute Bezugspersonen an.

Für Schneider ist das keine Überraschung. "Denn wahre Freundschaften leben von Begegnungen, von Nähe. "Und wie soll man solch eine Bindung denn mit oft mehreren Hundert Online-Freunden aufbauen?", fragt die Forscherin. Echte Umarmungen zeigten doch erst, wie es dem Gegenüber körperlich und seelisch gehe. "Skype-Anrufe können also niemals dauerhafter Ersatz für persönliche Treffen sein", erklärt sie.

Starker Internet-Konsum erhöht Wahrscheinlichkeit für soziale Isolation

Als "innige und persönliche Herzensbeziehung" definiert der Berliner Psychologe Wolfgang Krüger Freundschaft. Normalerweise habe jeder rund drei dieser engen "Herzensfreunde" und zwölf weitere Durchschnittsfreunde. "Mehr kriegen wir nicht hin. Schliesslich muss man Freundschaften aufbauen und pflegen. Das ist eine Lebensaufgabe", sagt der Buchautor.

Enge Verhältnisse haben laut Krüger eine Dauer von über 30 Jahren und sind haltbarer als so manche Liebesbeziehung. "Freundschaften sind weniger konfliktanfällig, da einfach ein bisschen mehr Abstand da ist als in einer Partnerschaft." 50 Prozent der anderen, weniger engen, Freundschaften scheiterten hingegen innerhalb von sieben Jahren. "Wir sind da wie ein Durchgangsbahnhof", so der Psychologe.

Vor allem starker Internet-Konsum, insbesondere der sozialen Medien, geht einher mit weniger realen Freundschaften. Das zeigt eine Studie des Medizinforschers Brian Primack von der Universität Pittsburgh aus dem Jahr 2017. Bei Menschen, die mehr als zwei Stunden täglich auf Instagram und Co. verbringen, ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie sozial isoliert sind, demnach etwa doppelt so gross wie bei Menschen, die weniger als eine halbe Stunde dort verbringen.

Freundschaft ist nicht gleich Freundschaft

"Klar, wenn man zur Internetsucht neigt, geht das immer zu Lasten aktiver Freundschaften. Das ist aber eine geringe Ausnahme", kommentiert Wolfgang Krüger die Untersuchung. Gut vernetzt zu sein, heisse nicht, dass man sich im realen Leben einsam fühle. Gerade in der jüngeren Generation bis 35 Jahre herrsche eine gesunde Skepsis. "Die sind sich durchaus bewusst, dass Online-Freunde nicht gleichzusetzen sind mit realen Freunden."

Aber Digitalisierung hin oder her: "Echte Freundschaften brauchen echte Begegnungen", fasst Expertin Schneider zusammen. Grundsätzlich habe sich das Wesen der Freundschaft durch die Digitalisierung also nicht geändert: "Freundschaften werden heute nur anders gelebt".

So würden neue Kontakte durch den gezielten Einsatz von bestimmten Kommunikationskanälen auf Sicherheitsabstand gehalten, während vertrauten Kontakten der vollumfängliche digitale Zugang gewährt werde. Videotelefonie sei ein beliebtes Mittel innerhalb der Familie oder engen Freunden. "Aber wenn der Vermieter eine Videobotschaft schickt, wäre das wohl eher verstörend", sagt Schneider. Denn auch online gelte: Freundschaft ist nicht gleich Freundschaft. (dpa/kad)

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