Schuhe, Möbel, Unterhaltungselektronik - es gibt fast nichts, was sich nicht im Internet bestellen lässt. Doch der Konsum im Netz hat auch Schattenseiten: Nicht immer stimmt es mit der Zahlungsmoral der Kunden und auch Kriminelle wittern ihre Chancen.
Ein paar Klicks am Smartphone oder Tablet, und schon ist das tolle Kleid oder der neue Fernseher ausgewählt und an der virtuellen Kasse bezahlt. Der Online-Handel macht den Konsum einfach, schnell und bequem.
Doch damit kommt nicht jeder Verbraucher zurecht. Mancher verliert den Überblick über seine Rechnungen - und auch die organisierte Kriminalität auf Kosten der Händler greift um sich, wie die Branche und der Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen (BDIU) berichten.
Zahlungsmoral so gut wie seit 20 Jahren nicht
Dabei ist die Zahlungsmoral der Verbraucher angesichts der florierenden Wirtschaft und der guten Lage auf dem Arbeitsmarkt so gut wie seit 20 Jahren nicht mehr, sagt Marco Weber vom BDIU. Trotzdem bleibt es bei einer hartnäckigen Verschuldung in Deutschland: Zwar ging die Zahl der Privatinsolvenzen 2016 laut der Wirtschaftsauskunftei Creditreform um zwei Prozent auf 78 200 zurück.
Doch im Gegenzug nahm die Zahl überschuldeter Bürger über 18 Jahre zum dritten Mal in Folge zu, und zwar um ebenfalls knapp zwei Prozent auf 6,8 Millionen.
Gerade im Online-Handel wachsen nach BDIU-Angaben die Probleme - natürlich auch, weil die Branche seit Jahren boomt. Hinzu kommt: Der Einkauf im Internet ist ein anonymes Distanzgeschäft, bei dem sich Anbieter und Kunde nicht in die Augen schauen, ganz im Gegensatz etwa zum Handwerker, den man ins Haus bestellt und vielleicht schon vorher persönlich kannte.
Internet-Handel setzt sich zur Wehr
Manche Handwerker sind deshalb möglicherweise auch etwas zurückhaltender wenn es darum geht, ihr Geld bei säumigen Auftraggebern einzufordern. Im Internet-Handel dagegen weiss man sich zunehmend zur Wehr zu setzen. "Bei den Auftraggebern der Inkassounternehmen liegt der Online-Handel auf Platz eins", sagt BDIU-Sprecher Marco Weber. Da sei eine neue Generation von Unternehmern herangewachsen, die bei Zahlungsverzug auf professionelles Forderungsmanagement setze.
Damit verschafft der Online-Handel auch den 560 Mitgliedsunternehmen des Verbands gute Geschäfte: Alleine die Zahl aussergerichtlicher Mahnungen habe in den vergangenen vier Jahren um zehn Prozent zugenommen, sagt Weber.
Auch die Auskunftei Schufa profitiert vom wachsenden Bedarf nach Personen- und Bonitätsauskünften: "Wir wachsen im Kerngeschäft mit Banken sowie im Online-Handel und im Privatkundengeschäft", sagte Schufa-Chef Michael Freytag kürzlich der "Wirtschaftswoche".
Bei Deutschlands zweitgrösstem Online-Händler Otto.de sieht man zwar keine Probleme mit säumigen Käufern - im Gegenteil: "Die Zahlungsmoral der Kunden ist sehr gut", sagt ein Unternehmenssprecher. Zugleich aber sei eine Zunahme von Betrugsversuchen zu beobachten. Platzhirsch Amazon hält sich zu der Frage bedeckt und verweist lediglich auf seine Hinweise zu den Zahlungsoptionen im Internet.
Zwanzig Prozent der Waren auf Rechnung bestellt
Als besonders anfällig gilt der Kauf auf Rechnung, weil hier die Händler in Vorleistung gehen, wie Sebastian Schulz vom Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland sagt. Trotzdem wird gut ein Fünftel der bestellten Waren über Rechnung bezahlt.
Mit dem Boom wittern derweil auch Kriminelle ihre Chance: Von Warenauslieferungen über Strohmänner und falschen Lieferadressen in leerstehenden Häusern bis hin zum Abfangen von Paketboten - der Kreativität sind kaum Grenzen gesetzt und auch die Landeskriminalämter haben den Bestellbetrug im Visier, wie Schulz sagt.
Generell müsse die Branche einen Spagat bewältigen, wenn sie den Internet-Einkauf möglichst bequem für die Verbraucher gestalten und zugleich ihre eigenen Schäden möglichst gering halten will. "Am Ende des Tages ist das eine unternehmensinterne Risikoabwägung." © dpa
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