Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer hat bei Facebook einen kleinen Shitstorm ausgelöst. Spöttisch hatte er den Rückzug eines SPD-Konkurrenten aus dem Wahlkampf kommentiert, ohne aber dessen Beweggründe für die Entscheidung zu kennen. Das ist ihm jetzt ziemlich peinlich.

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Manche Dinge sollte man besser unkommentiert lassen, oder sich erst äussern, nachdem man sich die Zeit genommen hat zu reflektieren. In der schnelllebigen Welt von Facebook ist das eine ziemlich grundsätzliche Erkenntnis. Was einmal publiziert wird, ist so schnell nicht aus der Welt zu schaffen.

Erst denken, dann posten

Diese Erfahrung macht nun auch Horst Seehofer. Am Montag hatte der online-affine Bayer (man erinnere sich an seine skurrile Facebook-Party in der Münchner Nobeldisco P1 im vergangenen Jahr) höchstpersönlich auf seiner Seite gepostet: "Ich habe in meinem Stimmkreis noch gar nicht mit dem Wahlkampf begonnen und mein Gegenkandidat hat trotzdem schon aufgegeben. Das soll mir erstmal einer nachmachen."

Die Rede war von Mahmoud Al-Khatib (SPD), Seehofers direktem Gegenkandidaten im Stimmkreis Neuburg-Schrobenhausen. Al-Khatib, der unter anderem auch Christian Udes Berater für Integrationspolitik war, hatte sich aus persönlichen Gründen aus dem Wahlkampf zurückgezogen. Einzelheiten zu dieser Entscheidung wollte er eigentlich nicht öffentlich machen.

Seehofer-Post zwingt Al-Khatib zu privater Äusserung

Durch Seehofers spöttisches Statement sah sich Al-Khatib allerdings regelrecht zu einer Erklärung gezwungen. Die lieferte er dem CSU-Chef in Form eines Kommentares direkt unter dessen Facebook-Post:

"Meine hochschwangere Frau durchlebt eine sehr komplizierte Schwangerschaft mit zum Teil lebensbedrohlichen Begleiterscheinungen. Sie braucht mich JETZT und nicht erst nach der Wahl!!! Daher auch der Entschluss, mit sofortiger Wirkung zurückzutreten. Ich bitte inständig darum, dies zu respektieren. Wer sind Sie nochmal, Herr Seehofer? Vorsitzender der CHRISTLICH Sozialen Union ? Sie sollten sich schämen..."

Das hat gesessen. Weil nun auch Seehofer klar wurde, dass er mit wehenden Fahnen übers Ziel hinausgeschossen war, entschuldigte er sich knapp zwei Stunden später peinlich berührt und in aller Form. Er habe erst durch den Post Al-Khatibs von dessen Beweggründen erfahren. Nun tue ihm die Sache aufrichtig leid, "ich wünsche Ihnen und Ihrer Familie von Herzen alles Gute. Meine Gedanken sind bei Ihrer Frau."

Facebook-Nutzer laufen sturm

Die Netz-Gemeinde hatte da natürlich schon längst Wind von der Seehofer'schen Entgleisung bekommen und zeigte sich entrüstet.

"So ist Seehofer halt! Zuerst mal drauf hauen und dann erst mal nachdenken!" schrieb etwa der User Max-Josef Kuchler. Ein Tenor, der sich durch etliche weitere Kommentare zieht. Kai Obenauer setzt noch einen drauf: "Wie in der Politik Herr Seehofer, erst denken (falls sie das überhaupt können) Ihnen scheint ja ausserehelicher Beischlaf wichtiger zu sein."

Die CSU hat derzeit einen ohnehin schon schweren Stand. Geradezu krampfhaft konservative Positionen bei Fragen zur Gleichstellung Homosexueller haben das sozialpolitisch rückwärtsgewandte Image der Partei für viele Wähler unterstrichen. Seehofers unbedachtes Verhalten wirkt da fast schon wie ein Seemannshecht ins Fettnäpfchen. Und das, um den Mann beim eigenen Wort zu nehmen, soll ihm erstmal einer nachmachen!

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