Influencer sind eine neue Art von Stars. Durch ihre grossen Fangemeinden sind sie in den letzten Jahren für Unternehmen interessant geworden. Wir erklären, was es mit dem Influencer-Marketing auf sich hat.

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Beim Thema Werbung wird immer wieder kontrovers darüber diskutiert, welche Massnahmen legitim sind, um Produkte an den Kunden zu bringen.

Google und Facebook beispielsweise geraten für ihr Geschäftsmodell regelmässig in die Kritik. Denn die Strategie der amerikanischen Digitalkonzerne basiert hauptsächlich auf der Ausspielung von zielgerichteten und personalisierten Anzeigen.

Damit diese möglichst genau die Leute treffen, die an dem beworbenen Produkt auch interessiert sein könnten, sammeln die Suchmaschine und das soziale Netzwerk Daten über ihre Nutzer. Anhand dieser bestimmen sie wiederum, wer als potenzieller Kunde infrage kommen könnte.

Für die Nutzer ist das prinzipiell nicht unpraktisch. Allerdings befürchten auch viele von ihnen, durch die Daten, einen Teil ihrer Privatsphäre zu verlieren. Und es wirkt nicht selten befremdlich, plötzlich beim Surfen auf allen Seiten von Kaffeemaschinen-Werbung erschlagen zu werden, weil man einmal danach gegoogelt hatte.

Neben der Gefahr für die Konzerne durchschaubar zu werden, warnen Datenschützer auch immer wieder vor dem Missbrauch der gesammelten Informationen.

Was ist Influencer-Marketing?

Anders sieht es beim sogenannten Influencer-Marketing aus. Bei dieser Methode wird die Werbung von der Zielgruppe meist nicht nur akzeptiert, sondern der "Werber" wird von den potenziellen "Kunden" - den Fans auf seiner Seite - selbst gesucht. Kritik an der Marketing-Methode gibt es aber trotzdem.

Im Mittelpunkt der Werbestrategie stehen die sogenannten "Influencer". Der Name stammt vom englischen Verb "to influence", was zu Deutsch "beeinflussen" bedeutet.

Unter einem Influencer versteht man deshalb eine Person, die in der digitalen Öffentlichkeit steht und "Einfluss" auf ihr Publikum nehmen kann.

Influencer beschäftigen sich für gewöhnlich intensiv mit verschieden Themenbereichen im Netz. Beispielsweise Mode, Beautyprodukte, Videospiele oder Ernährung.

Über verschiedene Social-Media-Kanäle wie Facebook, Youtube oder Instagram verbreiten sie dazu Inhalte. Dadurch generieren sie Fans beziehungsweise Follower, die sie an ihrem Alltag teilhaben lassen.

Im Laufe der Zeit bauen viele von ihnen eine Art "Promi-Status" auf. Manchmal bringen Influencer auch bereits eine gewisse Bekanntheit mit, wie im Fall von Sängerin Lena Meyer-Landrut oder Elena Carrière aus "Germany's Next Topmodel". Die Regel ist das aber nicht.

Während "klassische" Prominente normalerweise für ihre Fans grösstenteils unnahbar sind, bleiben Influencer in engem Kontakt mit ihren Followern. So tauschen sie sich mit ihnen aus und holen sich Feedback ein. Ihre Beliebtheit ergibt sich zu einem grossen Teil aus eben dieser Publikumsnähe.

Weil sie sich selber für die Themen interessieren, mit denen sie ihre Fans unterhalten, sind sie gewissermassen auch selbst Teil der Zielgruppe. Das lässt sie besonders authentisch wirken.

Nicht jeder "Youtuber" oder Blogger ist allerdings auch gleich ein Influencer. Für Unternehmen werden die Inhalts-Produzenten erst ab einer gewissen Anzahl von Fans wirklich interessant. Denn je mehr Follower, desto grösser ist der potenzielle Einfluss des "Influencers" auf die Zielgruppe.

Das Konzept

Wie jede andere Werbemassnahme zielt auch das Influencer-Marketing darauf ab, die Verkaufszahlen eines Unternehmens anzukurbeln. Werbung basiert zu einem grossen Teil auf Vertrauen: Wenn ein Kunde nicht daran glaubt, dass ein Produkt seinen Ansprüchen und Wünschen genügt, wird er es kaum kaufen.

Beim Influencer-Marketing sind es die reichweitenstarken Influencer, über die Vertrauen in das Produkt aufgebaut werden soll.

Wenn ein passionierter "Zocker" das neuste Videospiel eines Entwicklerstudios bewertet, wirkt das eben glaubwürdiger als Aussagen aus der Marketingabteilung. Deswegen beauftragen die Firmen die Social-Media-Stars, um ihre Produkte zu bewerben.

Das kann zum Beispiel in Form von Test-Videos oder von Produkt-Placements geschehen. So wird der Influencer selbst - sowie jedes Foto oder Video von ihm - zur potenziellen Werbefläche. Der Marktwert eines Influencers bemisst sich vor allem an der Zahl von Menschen, die ihm folgt.

Kein zu unterschätzender Faktor

Das Influencer-Marketing hat in den vergangenen Jahren deutlich an Relevanz in der Werbebranche gewonnen.

"Für Unternehmen ist das ein wichtiges Marketingtool. Es geht um sehr viel Geld", sagt Reiner Münker, Geschäftsführer der Wettbewerbszentrale gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa).

Laut einer Befragung im Auftrag des Bundesverbandes Digitale Wirtschaft (BVDW) hat jeder sechste Online-Nutzer in Deutschland im Alter von 14 bis 29 Jahren schon einmal ein Produkt gekauft, das er zuvor bei einem Influencer gesehen hat.

Noch ist der deutsche Markt im Vergleich zum milliardenschweren Gesamtwerbemarkt allerdings klein. Der 2017 gegründete Bundesverband Influencer Marketing (BVIM) schätzt das Bruttowerbebudget auf einen hohen zweistelligen Millionenbetrag.

Die Zuwachsraten entwickeln sich aber rasant. Dem BVIM zufolge dürften es zuletzt (Stand April 2018) 20 bis 30 Prozent gewesen sein.

Kritik am Modell

Nicht jeder Inhalt, den die Internet-Promis in den sozialen Medien veröffentlichen, dient zu werblichen Zwecken. Oft steht schlicht der Kontakt mit dem Publikum beziehungsweise dessen Unterhaltung im Vordergrund.

Wann es sich um Werbung handelt, ist aber nicht immer sofort ersichtlich. Das sorgt für Kritik. Unter anderem auch von der Wettbewerbszentrale.

Ein Urteil des Berliner Landgerichts zum Thema Schleichwerbung sorgte in der Branche erst vor Kurzem für Aufsehen.

Darin war eine Bloggerin und Influencerin dazu verpflichtet worden, Instagram-Posts, in welchen sie Marken verlinkt, als Werbung zu markieren. Und zwar selbst dann, wenn sie für die Posts nicht bezahlt wurde.

Influencer haben eine grosse Verantwortung gegenüber ihren Followern, "weil sie direkt mit ihnen kommunizieren und so Einfluss üben können", mahnte Linda van Rennings, Social-Media-Expertin des Digitalverbands Bitkom jüngst im Gespräch mit der dpa.

"Für Werbung gelten klare Regeln, etwa dass bezahlte Werbung auch als solche kenntlich gemacht werden muss. Das sollte auch für Influencer selbstverständlich sein."

Ein berechtigter Einwand, wie es scheint. Denn wie eine Bitkom-Umfrage herausfand, ist zwar 92 Prozent der Social-Media-Nutzer, die den Begriff Influencer kennen, bewusst, dass diese ihr Geld mit Produktwerbung verdienen. Jeder Vierte (26 Prozent) betrachtet die Präsentationen allerdings nicht als Werbung.

Mit Material der dpa
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