Berlin/Cupertino - Als erstes fallen beim iPhone 14 Pro die riesigen Kameras ins Auge. Jede der drei Linsen hat einen Durchmesser von 1,6 Zentimetern. Die massive Objektiv-Kachel auf der Rückseite gehört zu einem neuen Kamerasystem der beiden Pro-Modelle. Im Mittelpunkt steht ein Bildsensor mit 48-Megapixeln.

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Nicht nur optisch hebt sich die Pro-Version des iPhone 14 in diesem Jahr stärker als gewohnt vom Standard-iPhone ab. Zwar bekommen alle Modelle des iPhone 14 quer durch die Bank neue Funktionen. Zum Beispiel die Erkennung von Autounfällen, einen "Action Mode" für verwacklungsfreie Videos oder Notfall-SMS per Satellit.

Doch zwei weitere Neuerungen bleiben Käufern eines iPhone 14 Pro vorbehalten: Das ständig aktive Display (Always on) und die "Dynamic Island", ein sich wandelnder Bereich am oberen Bildschirmrand rund um die Aussparung für Selfie-Kamera und Sensoren zur Gesichtserkennung. Beide Neuerungen verändern, wie man ein iPhone im Alltag nutzt.

Die Dynamic Island - mehr als nur Spielerei

Seit dem iPhone X prangt am oberen Bildschirmrand die "Notch" genannte Halbinsel für Sensoren und Lautsprecher. Damals im Zuge der Ausweitung der Displaygrösse eine Notlösung, wird der Displaybereich mit der "dynamischen Insel" fünf Jahre später von der Not zur Tugend.

Die Notch wurde verkleinert und ein paar Millimeter von der Bildschirmkante runtergeschoben. Sie wirkt für Nutzer nun schwarz - und genauso tiefschwarz können die Pixel der OLED-Bildschirme des iPhone sein. Damit kann der Balken rund um die Lücke grösser und kleiner werden, während er verschiedene Informationen anzeigt.

Diverse Benachrichtigungen und Symbole - etwa das geöffnete Vorhängeschloss beim Entsperren des iPhone, die durchgestrichene Glocke beim Stummschalten, die Batteriewarnung - sie alle wandern nun in die "Dynamic Island". Ist etwas los, erweitert sie sich und zeigt es an.

Die Insel bringt Ordnung ins Info-Chaos

Wird Musik abgespielt, zeigt der Balken ein winziges Albumcover und tanzende Soundwellen ab. Tippt man ihn kurz an, öffnet sich die dazugehörige Musik-App. Ein langer Druck klappt das kompakte Player-Widget aus. Auch wenn man etwa das iPhone ans Ladekabel stöpselt, Bluetooth-Ohrhörer anschliesst, oder die FaceID-Gesichtserkennung benutzt - die Hinweis dazu landet flink in der Insel.

Der kleine Balken hat gleich in mehrerlei Hinsicht grosse Auswirkungen. Bisher waren die verschiedenen Benachrichtigungen über den Bildschirm verstreut. Nun haben sie einen festen Platz und ein einheitliches Format. Während das Auge bisher trainiert war, die Notch auszublenden, wird die Insel um sie herum im Gegenteil zum Ort, den es zur Info sucht.

Statt sich wie bisher in den Vordergrund zu drängen, schweben die Informationen nun auf einer zusätzlichen Ebene oberhalb der App, die man gerade nutzt. Bisher können App-Entwickler über die "NowPlaying"-API für Multimedia-Wiedergabe und CallKit für Anrufe auf die Insel zugreifen. Wenn Apple sie für die "Live-Aktivitäten"-Schnittstelle freigibt, wird die "Dynamic Island" mehr von ihrem Potenzial entfalten können.

Dann werden in dem Bereich etwa auch Live-Sportergebnisse oder die Ankunftszeit eines Fahrdienstes angezeigt werden können. Läuft parallel ein Timer, wird er räumlich in einen eigenen kleinen Kreis abgekapselt.

Mehr Informationen auf einen Blick

Um mehr Informationen auf einen Blick geht es auch bei dem ständig aktiven Display. Im Stand-by ist es nicht mehr schwarz, sondern zeigt den Sperrbildschirm an. Damit die Funktion nicht schnell die Batterieladung leert, werden Displayhelligkeit und Bildwiederholrate gedrosselt. Und wenn etwa das Telefon mit dem Bildschirm nach unten auf dem Tisch liegt, geht er aus.

Dieses Always-On-Display kann unterhalb der Uhrzeit Informationen in einer Reihe aus bis zu vier kleinen Widgets anzeigen. Das können zum Beispiel die Aktivitäts-Ringe oder die Lufttemperatur sein. Die Funktion wirkt noch ein wenig wie ein unbeschriebenes Blatt - buchstäblich, denn der Grossteil des Displays bleibt leer. Mit der Zeit könnten diesen Platz die Entwickler-Widgets mit Live-Aktivität ausfüllen. Das würde es möglich machen, seltener das Telefon entsperren und eine App öffnen zu müssen.

Mehr Pixel für mehr Kamera-Details

Während das Always-On-Display und die "Dynamic Island" die Bedienung aufpolieren, gehört die Kamera zu den meistgenutzten Funktionen eines Smartphones. Apple, das über Jahre darauf fokussiert war, das Maximum aus 12-Megapixel-Sensoren herauszuholen, rüstet nun nach Konkurrenten wie Samsung auch bei der Zahl der Bildpunkte auf.

Die Idee dabei ist, meistens die 48 Megapixel der neuen Pro-Modelle in Vierergruppen zu bündeln, um so eine 12-MP-Auflösung mit grösseren Pixeln zu bekommen. Grössere Pixel können mehr Licht aufnehmen und das ist besonders bei schwachen Lichtverhältnissen hilfreich. Das neue Kamerasystem hat auch den Vorteil, dass sich das Teleobjektiv mit zweifacher Vergrösserung jetzt einfach 12 Megapixel aus der Mitte des Sensors herauspickt.

In Apples ProRAW-Format kann man aber auch die volle Sensor-Auflösung von 48 Megapixeln ausschöpfen. Ein Bild kann dann allerdings je nach Motiv einige Dutzend oder auch mehr als 100 Megabyte gross sein - was einiges an Speicherplatz erfordert. Zudem ist das Format nichts für Schnappschuss-Serien: Das Telefon braucht etwas Zeit, um ein Bild zu verarbeiten. Und alle 48 Megapixel nutzt die Kamera nur bei Fotos mit dem Standard-Weitwinkelobjektiv (1x).

Nach den ersten Eindrücken liefert die Kamera des iPhone 14 Pro etwas schärfere und detailreichere Bilder mit einer leicht kühleren Farbpalette als die Vorgänger-Modelle. Die Verbesserungen sind speziell bei schlechten Lichtverhältnissen sichtbar.

Und was ist nun mit dem "gewöhnlichen" iPhone 14?

All die Neuerungen der Pro-Modelle stellen es etwas in den Schatten. Das Technologie-Blog "The Verge" erklärte es prompt zu einem iPhone 13S - in Anlehnung an Apples frühere Namensformel, im Zweijahres-Rhythmus Modellen mit weniger radikalen Änderungen nur ein "S" zu ergänzen.

Ein Argument dafür: Im Standard-Modell des iPhone 14 steckt der Vorjahres-Chip A15 Bionic, statt des A16 der Pro-Version. Im Vergleich zum Chip im iPhone 13 erhielt einen zusätzlichen Grafik-Core. Und anstelle der "dynamischen Insel" behält es die gewohnte Notch.

Die wichtigsten Veränderungen, die man beim auch iPhone 14 im Alltag merken wird, betreffen die Kameras. Da wäre zum einen der "Action Mode". Er soll verwackelte Videos verhindern, wenn man beim Gehen, Rennen oder Radfahren dreht. Schon die Standard-Bildstabilisierung der iPhones ist sehr solide, der "Action Mode" hält das Bild aber selbst dann wackelfrei, wenn man das iPhone in Bewegung vorsätzlich wild schwenkt.

Die Software greift dafür zur Ultra-Weitwinkelkamera (0,5x) und schneidet Bild für Bild die Ränder ab, um ein stabiles Video in der Mitte zu liefern. 4K-Videos kann man damit deshalb nicht drehen - und die Funktion funktioniert deutlich besser bei guten Lichtverhältnissen.

Unfallerkennung und ein Notruf ins Weltall

Zugleich hat die gesamte iPhone-14-Reihe zwei Funktionen, die im Alltag unsichtbar bleiben. So richtig gut testen lassen sie sich auch nicht und werden hoffentlich auch nie benötigt. Im Notfall können sie aber Leben retten. Das ist zum einen die Erkennung von Autounfällen. Die iPhones bekamen dafür neue Sensoren. Sie können heftige Belastungen bei einem Aufprall registrieren, erkennen Druck-Veränderungen durch das Öffnen von Airbags und sie werten Umgebungsgeräusche aus.

Die Software kann Frontal- und Seitenaufpralle, Auffahrunfälle sowie ein Überrollen erkennen und danach automatisch einen Notruf auslösen, wenn man nicht binnen 20 Sekunden reagiert. Auch in der Apple Watch Series 8 ist die Technologie integriert.

Wer in Gegenden ohne Mobilfunk-Empfang in Not gerät, kann mit allen Modellen der iPhone-14-Reihe einen Hilferuf direkt per Satellit absetzen. Die Funktionen soll ab November zunächst nur in den USA und Kanada verfügbar sein. Aber auch Reisende aus anderen Ländern werden dort von ihr profitieren können. Und es ist davon auszugehen, dass Apple die Abdeckung schnell auf mehr Regionen ausweitet.

Der Kontakt zum Satelliten ist nicht ganz unkompliziert

Für zwei Jahre soll der Satelliten-Notruf kostenlos nutzbar sein, wie viel er danach kosten wird, ist bisher nicht bekannt. Hinter der Funktion steckt ziemlicher Aufwand: Das iPhone muss dafür direkt auf den fürs Auge nicht sichtbaren Satelliten gerichtet sein. Je nach Empfangsstärke kann das 15 Sekunden bis hin zu über einer Minute dauern. Die Software gleicht die Position des Handys und verfügbare Satelliten ab und zeigt in einer Grafik auf dem Display an, wohin man mit dem iPhone zielen soll.

Mit dem iPhone 14 versucht Apple mit Nachdruck, die umprogrammierbare eSIM im inneren der Geräte als neuen Standard statt der gewohnten Plastik-SIM zu etablieren. Die US-Versionen des iPhone 14 haben gar keinen Schlitz für eine physische SIM-Karte mehr. In Deutschland kann man seine bisherige Mobilfunk-Karte zwar weiterhin verwenden. Wenn man ein iPhone 14 mit Hilfe des bisherigen iPhones konfiguriert, bietet der Einrichtungs-Assistent aber auch gleich an, die Telefonnummer in die eSIM zu überführen.

Starker Dollar macht das iPhone 14 teurer - keine Mini-Version

Während Apple in den USA die Preise stabil hielt, sorgt der starke Dollar in Europa für zum Teil kräftige Preissteigerungen. So kostet das Grundmodell des iPhone 14 mit 128 Gigabyte Speicher 999 Euro gegenüber 899 Euro beim iPhone 13. Die neue Plus-Version mit grösserem Display (6,7 statt 6,1 Zoll) gibt es ab 1149 Euro. Sie folgt im Oktober, während die restliche Modellpalette jetzt verfügbar ist. Anders als bei der 13er-Modellreihe gibt es kein iPhone 14 mini mit kleinerem 5,4-Zoll-Bildschirm.

Die Preise für das iPhone 14 Pro fangen nun bei 1299 Euro statt zuvor 1149 Euro an. Beim grösseren Pro Max sind es jetzt mindestens 1449 Euro statt zuvor 1249 Euro. Und das teuerste iPhone, das Pro Max mit einem Terabyte Speicher, kostet nun 2099 Euro - 250 Euro mehr als beim iPhone 13.

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