• Kryptowährungen stehen aufgrund ihres immens hohen Energieverbrauchs in der Kritik.
  • Wie schädlich sind Bitcoin & Co. für das Klima?
  • Und gibt es auch weniger energieintensive Kryptos?

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Hohe Transparenz, Sicherheit, kostengünstige Transaktionen – Kryptowährungen versprechen eine ganze Reihe an Vorteilen. Doch es gibt eine Kehrseite: der immens hohe Energieverbrauch. Bitcoin, Etherum & Co. gelten als wahre Klimakiller.

Die Universität Cambridge schätzt den Energieverbrauch, den die Erzeugung des Bitcoin pro Jahr benötigt, auf 139,59 Terawattstunden (Stand 21. April 2022). Das ist mehr Strom als zum Beispiel ganz Polen, Norwegen oder die Niederlande verbrauchen. Wohlgemerkt: Es ist hier nur vom Bitcoin die Rede, also einer von über 10.000 Kryptowährungen – wenn auch der grössten.

Damit ist der Bitcoin für 65,4 Megatonnen an CO2-Ausstoss pro Jahr verantwortlich, wie der niederländische Ökonom Alex de Vries vorrechnet. Das entspricht ungefähr der Menge, die Griechenland produziert.

Da überrascht es kaum, dass in vielen Ländern und Regionen über ein Bitcoin-Verbot nachgedacht wird. Erst Anfang März 2022 hatten Sozialdemokraten, Grüne und Linke auf EU-Ebene ein Vorhaben angestossen, Kryptowährungen zu verbieten. Allerdings stimmte das EU-Parlament gegen die entsprechende Richtlinie.

Serverfarmen für Mining: Darum verbraucht der Bitcoin so viel Energie

Doch was macht den Bitcoin eigentlich so energieintensiv? Bitcoin werden durch das sogenannte "Schürfen" oder "Mining" produziert. Vereinfacht gesagt, lösen dabei hochleistungsfähige Computer ein mathematisches Problem, wofür die "Miner" dann mit Bitcoin belohnt werden. Um solche Rechenaufgaben zu bewältigen, reicht ein einfacher Laptop nicht aus. Stattdessen sind hier ganze Serverfarmen im Einsatz, die entsprechend viel Energie fressen.

Hinzu kommt, dass immer mehrere Miner an einer Aufgabe arbeiten. Wer als erster die Aufgabe löst, erhält die Bitcoin. Doch erst die Berechnungen der anderen Miner bestätigen das Ergebnis. Man nennt dieses Verfahren "Proof of Work".

Der hohe Energieverbrauch ist also systemimmanent. Das sagt auch Benjamin Schaub von der Unternehmensberatung INTAS.tech: "Da es sich hier um rein dezentrale Netzwerke handelt, wurde diese Entscheidung in der Architektur bewusst gewählt, denn der hohe Energieverbrauch sorgt letztendlich für die Datensicherheit." Schaub sieht den hohen Energieeinsatz als Hürde, um vor Manipulation zu schützen. "Der Aufwand (Energieverbrauch) für das Schreiben von Daten wird so hochgesetzt, dass kein Anreiz für böswillige Teilnehmer besteht, diese Daten verändern zu wollen."

Je mehr Krypto, desto schädlicher fürs Klima? Es gibt Alternativen

Das Problem: Die Kryptotechnologie steht immer noch am Anfang. Je mehr Menschen Krypto nutzen und je mehr Coins dadurch geschürft werden, desto höher der Energieverbrauch. Wäre der Bitcoin ein Staat, läge er heute schon unter den 30 stromintensivsten Ländern der Welt, wie die Umweltschutzorganisation Greenpeace aufzeigt. Tendenz stark steigend.

Dabei gäbe es durchaus Alternativen zum Proof of Work. Beim "Proof of Stake"-Verfahren etwa rechnen nicht viele Miner zugleich an einer Aufgabe, sondern nur ein einziger. Der wird durch eine Art Zufallsauswahl bestimmt, wobei dessen Renommee von seinem Besitz (Stake) an Coins abhängt.

Eine der bekanntesten Kryptowährungen, Ethereum möchte im Laufe dieses Jahres den Mechanismus umstellen, "sodass der Energieverbrauch massiv reduziert wird", sagt Benjamin Schaub. Und zwar um mehr als 99 Prozent, wie das Online-Portal "Trending Topics" berichtet. Beim Bitcoin allerdings ist so eine Umstellung vorerst nicht in Aussicht, nicht zuletzt, da der Mining-Mechanismus hier fest etabliert ist.

Sind erneuerbare Energien die Lösung für Kryptowährungen?

Der hohe Energieverbrauch bleibt also ein zentrales Problem der Kryptowährungen. Auf der anderen Seite steht die Frage, aus welchen Quellen diese Energie überhaupt stammt. "Hier gibt es eine klare und starke Tendenz zur Nutzung erneuerbarer Quellen", sagt Schaub. "Die Krypto-Industrie ist sich also des Themas durchaus bewusst und nimmt sich diesem an."

Für den Bitcoin scheint das noch nicht zu gelten, zumindest wenn man Alex de Vries folgt. In einem Artikel bezeichnet er Bitcoin als so "wenig grün wie noch nie". Und das liegt überraschenderweise an einem Verbot.

Ein grosser Teil der Bitcoin-Miner war bis vor kurzem in China aktiv. Dabei nutzten die Miner vor allem Energie aus den chinesischen Kohlekraftwerken. 2021 verhängte die Staatsführung jedoch ein landesweites Schürfverbot. Laut einer Untersuchung, an der de Vries beteiligt war, hat dieser Schritt die Nutzung erneuerbarer Stromquellen jedoch noch reduziert.

Zukunft des Bitcoin: Setzen sich nachhaltige Kryptos durch?

So sei in China zumindest noch ein Teil der Energie aus erneuerbaren Quellen gekommen, etwa aus Wasserkraft während der Regenzeit in den Sommermonaten. Nun seien die Miner abgezogen in Länder wie zum Beispiel Kasachstan, wo der Strom fast ausschliesslich aus Kohle oder Gas gewonnen werde. Dadurch sei "der Anteil der erneuerbaren Energien, die das Netz mit Strom versorgen, von 41,6 Prozent auf 25,1 Prozent gesunken", so de Vries. Im gleichen Zeitraum seien die CO2-Emissionen um 17 Prozent gestiegen.

Der Bitcoin steht also weiter vor grossen Herausforderungen. "Die Mängel von Bitcoin zu beheben und seine Rolle zu stärken, stellt eine bedeutende Möglichkeit dar, Bitcoin zu einer nachhaltigeren Investition zu machen", schreibt auch Bitcoin-Experte Philipp Sandner vom Frankfurt School Blockchain Center in einer Studie.

Benjamin Schaub hofft, dass die Kraft des Marktes die Kryptoproduktion grüner machen wird: "Die Förderung qualitativ hochwertiger nachhaltiger Projekte zur Kompensation etwaiger CO2-Emissionen ist bereits und wird ein zunehmend entscheidendes Kriterium für Investoren, sodass der Markt hierdurch automatisch zu noch mehr Nachhaltigkeit 'gezwungen' wird."

Gut möglich, dass das Thema Nachhaltigkeit also entscheidend dafür sein wird, welche Kryptowährungen in Zukunft eine Rolle spielen.

Über den Experten: Benjamin Schaub ist Senior Consultant bei der Unternehmensberatung INTAS.tech, die auf Wertpapier und Blockchain-Themen spezialisiert ist.

Verwendete Quellen:

  • Interview mit Benjamin Schaub
  • University of Cambridge: Cambridge Bitcoin Electricity Consumption Index
  • Digiconomist.net: Bitcoin Energy Consumption Index
  • Digiconomist.net: Bitcoin less "green” than ever before
  • tagesschau.de: Kein Bitcoin-Verbot in der EU
  • greenpeace-magazin.de: Kann der Bitcoin grün werden?
  • trendingtopics.eu: Krypto: So soll der Energieverbrauch von Ethereum um 99 Prozent sinken
  • medium.com: Study: The Carbon Emissions of Bitcoin From an Investor Perspective
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