Berlin (dpa/tmn) - Wer sich auf einen Ausbildungsplatz bei der Stadt Warendorf (Nordrhein-Westfalen) bewirbt, hat es leicht. Einfach den neuen Personalausweis (E-Perso) auf das Lesegerät legen, schon stehen Name, Anschrift und Geburtsdatum im Formular.

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So weit, so gut, wäre das nicht die einzige Anwendung für den Ausweis mit eingebautem Chip - rund acht Jahre nach seiner Einführung im November 2010. Und Warendorf ist hier nur ein Beispiel. In Sachen digitale Verwaltung und elektronische Behördengänge ist in Deutschland noch viel Luft nach oben.

Das soll sich ändern, wenn es nach der designierten Staatsministerin für Digitales im Bundeskanzleramt, Dorothee Bär (CSU), geht. "Eine moderne, digitale Verwaltung" hat sie sich zum Ziel gesetzt. Behörden müssten endlich so vernetzt werden, dass Bürger nicht Stunden auf Ämtern vergeuden, nur um sich zum Beispiel umzumelden, gibt sie ein Beispiel. Dabei will die Bundesregierung einen neuen Anlauf unternehmen, mit dem E-Perso den Zugang zu staatlichen Dienstleistungen zu vereinfachen.

Die Praxis sieht momentan anders aus: Nur jeder Zehnte hat laut einer aktuellen Ipsos-Studie in den vergangenen zwölf Monaten Behördengänge über das Internet erledigt. Mehr als jeder Zweite (55 Prozent) löste Anliegen persönlich. Und das, obwohl mit dem E-Perso längst zahlreiche Amtsgänge auch elektronisch mit dem Computer oder Smartphone erledigt werden könnten. Theoretisch.

Alles, was man braucht, ist ein E-Perso mit freigeschalteter Online-Ausweisfunktion (e-ID), ein durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zertifiziertes Lesegerät oder ein kompatibles Smartphone mit NFC-Chip und die AusweisApp 2. So kann man sich elektronisch ausweisen, etwa bei Behördenanträgen, einer Kontoeröffnung oder in Versicherungsangelegenheiten. Mit der Unterschriftsfunktion lassen sich digitale Dokumente rechtsverbindlich signieren. Eigentlich ganz einfach und praktisch. Theoretisch.

Ausweis und Lesegerät
Mit dem Ausweis und einem Lesegerät können sich Nutzer zum Beispiel bei Anträgen auf Ämterwebseiten identifizieren. © dpa / Kai Remmers

Was genau in Deutschland den digitalen Gang zum Amt bremst, lässt sich so einfach nicht feststellen. Man kann es auf das mangelnde Angebot schieben. Bundesweit gibt es eine Auswahl an verfügbaren Bürgerdiensten in Verbindung mit dem E-Perso. Dazu gehören etwa Informationen zum Kindergeld abrufen, ein Führungszeugnis beantragen, den Punktestand in Flensburg abfragen, Renteninformationen verwalten oder Petitionen beim Bundestag unterschreiben.

Schaut man aber in die Länder und Kommunen, herrscht Wildwuchs. Zurück zum Beispiel Warendorf. Während dort laut Personalausweisportal nur die eine - für den Durchschnittsbürger eher mittelmässig hilfreiche - Funktion angeboten wird, kann man im Saalekreis in Sachsen-Anhalt etwa Autos abmelden, im schleswig-holsteinischen Norderstedt sogar Umzüge innerhalb der Stadt melden, Briefwahlunterlagen beantragen oder eine Meldebestätigung anfordern.

Wie nützlich der Chip-Ausweis ist, hängt also stark davon ab, wo man wohnt. Und wofür er sich im Einzelfall nutzen lässt, müssen Bürger bislang mühsam selbst herausfinden. Das Personalausweisportal des Bundesinnenministeriums (BMI) gibt hier eine nach Bund, Ländern, Landkreisen und Kommunen sortierte Übersicht und informiert umfassend zu den Möglichkeiten des Ausweises mit Chip.

Auf der anderen Seite stösst die e-ID beim Bürger offenbar nicht auf sonderlich grosses Interesse: 53 Millionen E-Persos sind laut BMI ausgegeben. Nur rund ein Drittel davon, rund 17,7 Millionen, haben eine aktive e-ID. Der Rest ist bislang nur ein teurer Ausweis. Wie viele der aktiven e-IDs tatsächlich genutzt werden, ist unklar. Nutzungsstatistiken erhebt das BMI nach eigenen Angaben nicht.

AusweisApp 2
Wer seinen elektronischen Personalausweis nutzen will, kann das mittlerweile auch mit dem Smartphone tun. Dazu braucht es ein Gerät mit NFC-Chip und die AusweisApp 2. © dpa / Silas Stein

Um die Verbreitung und auch die Nutzung etwas zu fördern, werden seit Juli 2017 alle neuen Ausweise automatisch mit aktiver e-ID ausgegeben. Bislang "tote" Ausweise lassen sich gegen Gebühr beim Bürgeramt aktivieren. Unternehmen haben es seitdem auch leichter, eigene Anwendungen anzubieten - etwa eine Identitätsprüfung für Online-Händler oder eine Altersprüfung für Online-Videotheken.

Laut BMI ist für 2018 ausserdem die Einführung des Bürger- und Unternehmenskontos Bund geplant. Darüber soll mit Hilfe des E-Persos eine einfache Authentifizierung gegenüber Behörden möglich sein - wenn man denn eine aktive e-ID hat und auch weiss, wann und wie man den E-Perso richtig einsetzt.

Fakten zum E-Perso

Das wird auf dem Ausweis gespeichert: Auf dem Ausweis-Chip werden Familienname, eventuelle Geburtsnamen, Vornamen, das Geburtsdatum, der Geburtsort, Adresse und Postleitzahl und die Seriennummer des Ausweises gespeichert. Ausserdem ein hochauflösendes biometrisches Passbild und - optional - zwei Fingerabdrücke des Ausweisinhabers. Es gibt keine Pflicht zur Speicherung der Fingerabdrücke. Nicht gespeichert werden Unterschrift, Grösse und Augenfarbe.

Kosten: Ein E-Perso kostet Antragsteller unter 24 Jahren 22,80 Euro und ist dann für sechs Jahre gültig. Antragsteller ab 24 Jahren zahlen 28,80 Euro bei zehn Jahren Gültigkeit. Ein nachträgliches Aktivieren der e-ID, das Ändern der PIN im Bürgeramt oder die Freischaltung einer gesperrten e-ID kosten jeweils 6 Euro. Basislesegeräte für den E-Perso gibt es ab 20 Euro, Sicherheitsexperten raten allerdings zu den teureren Standardlesegeräten mit eigenem Tastenfeld. Sie kosten rund 80 Euro. Komfortgeräte mit Tastenfeld und Bildschirm gibt es ab rund 120 Euro.

AusweisApp 2: Das kostenlose Programm läuft unter Windows (7/8/10) und macOS, ausserdem gibt es Apps für iOS und Android.

Verbreitung: Ende November 2020 laufen die letzten der chiplosen und laminierten "alten" Personalausweise aus. Dann wird es nur noch den E-Perso geben.  © dpa

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