Hamburg (dpa/tmn) - Immer mehr TV-Zuschauer sind im Streaming-Fieber. Nach Angaben des IT-Verbands Bitkom schauen mehr als drei Viertel (77 Prozent) der deutschen Internetnutzer ab 14 Jahren Filme, Serien, Fernsehsendungen oder Videos bereits nicht-linear, also wann sie wollen und übers Internet.
Befeuert wird dieser Trend durch die Tatsache, dass laut Branchenverband gfu bereits in jedem zweiten Haushalt (53 Prozent) ein internetfähiger Fernseher (Smart-TV) steht, der Zugriff auf Mediatheken und On-Demand-Dienste ermöglicht. Zudem rollen Streaming-Boxen und -Sticks den Markt auf - und das hat Gründe.
"Die smarten Funktionen von Fernsehern altern schneller als die eigentliche TV-Technik", erklärt Christoph de Leuw von der "Computer Bild". Auf Smart-TVs der ersten und zweiten Generation laufe praktisch keine App und kein On-Demand-Dienst mehr. "Mit einem Streaming-Stick oder einer Streaming-Box ist man zu günstigen Preisen ab 35 Euro wieder auf dem neuesten Stand - muss aber mit zwei Fernbedienungen hantieren." So gut wie allen Boxen und Sticks gemein ist der einfache Anschluss an die HDMI-Buchse. Strom liefert ein eigenes Netzteil oder ein USB-Port des Fernsehers.
Vor dem Kauf einer Nachrüstlösung sollte man sich Gedanken darüber machen, welche Mediatheken, On-Demand-Dienste oder Videoportale man nutzen möchte. "Netflix und Amazon sowie Youtube haben sich inzwischen als Grundversorgung für Filme und Serien etabliert, auch Maxdome ist praktisch überall verfügbar", sagt de Leuw. Aber Nutzern können natürlich ganz individuell auch Sky Online, Apple iTunes, Google Play oder andere Dienste wichtig sein.
Auch wenn ein Dienst oder eine Mediathek vom vorhandenen Smart-TV oder Streaming-Gerät nicht ab Werk beherrscht wird und auch nicht per App nachgerüstet wird, gibt es noch Brückenlösungen - etwa über Googles Streaming-Standard Cast. Den unterstützen auch viele Streaming-Apps auf dem Smartphone. Wer dort in einer App einen Chromecast-Stream startet, kann diesen etwa direkt auf vielen Fernsehern mit Android-Betriebssystem anschauen - oder auf jedem beliebigen Fernseher, an den ein Chromecast-Adapter (rund 40 Euro) angeschlossen ist.
Mit dem Chromecast Ultra (rund 80 Euro) gibt es den Streaming-Adapter auch in einer Variante, die Ultra-HD-Auflösung sowie High Dynamic Range (HDR) für extrem kontrastreiche Darstellung gestattet und auch einen Netzwerkkabel-Anschluss bietet. Das ist als Alternative wichtig, falls das WLAN daheim mit dem datenintensiven UHD-Streaming überfordert ist.
Zahlreiche Apps unterstützen in ihrer iOS-Version auch AirPlay, den drahtlosen Übertragungsstandard von Apple. Video-Inhalte lassen sich so zur Streaming-Box Apple TV (ab rund 180 Euro) schicken.
Immer mehr Smart-TVs können mittlerweile auch den Inhalt von Smartphone- oder Tablet-Displays spiegeln. Hier heissen die Standards etwa Miracast oder auch Intel Wireless Display (WiDi). Christoph de Leuw verweist in diesem Zusammenhang jedoch auf eine oft hakelige Bedienung und pixelige Übertragungsergebnisse.
Eine Sprachsteuerung, wie sie etwa Amazons Fire-TV-Sticks (rund 40 Euro) und Fire-TV-Boxen (rund 90 Euro mit UHD-Unterstützung) bieten, lohnt sich nach Ansicht von de Leuw kaum. Denn vor allem die Sprachsuche funktioniere immer nur bei bestimmten Diensten. Bei Amazon klappt dies beispielsweise lediglich beim hauseigenen Angebot, aber nicht etwa bei Netflix, und bei Android-Geräten nur in der Google-Umgebung.
Weil die Auto-Ergänzungsfunktion bei Amazon, Google und Co inzwischen zuverlässig arbeite, komme man in der Regel mit dem Eintippen von wenigen Buchstaben schneller zum Ziel, sagt de Leuw - auch wenn die Bildschirmtastaturen wenig zeitgemäss wirken. Die Sprachsteuerung für Befehle wie Start, Stopp, Lautstärke oder Programmwechsel hält der Experte ohnehin für komplett verzichtbar.
Wer Filme, Fotos oder auch Musik vom Rechner auf den Fernseher streamen möchte, kann dies problemlos etwa über die Verbindungen iTunes-Software zu Apple TV oder Chrome-Browser zu Chromecast realisieren. Generell sind heute aber auch die meisten Smart-TVs in der Lage, sich von Rechnern oder Netzwerkfestplatten im Heimnetzwerk Medieninhalte auf den Bildschirm und in die Lautsprecher zu holen. Und im Zweifel kann man immer noch USB-Sticks oder -Festplatten mit Musik, Fotos oder Filmen direkt an den Fernseher hängen. © dpa
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.