Die Smartwatch am Handgelenk, Sensoren in den Schuhen, und auf der Nase gibt die smarte Brille Informationen über die Umgebung: Technisch möglich wäre das längst. Doch bislang sind die Verbraucher beim Kauf tragbarer Technologie - der sogenannten Wearables - zurückhaltend.
Nur die "Activity Tracker" genannten Fitnessarmbänder setzen sich langsam durch. Sie machten im vergangenen Jahr laut Zahlen des IT-Verbandes Bitkom mit rund einer Million verkauften Einheiten die Mehrheit der rund 1,7 Millionen in Deutschland verkauften Wearables aus.
Solche Fitnesstracker hat zum Beispiel der kanadische Hersteller Mio mit dem Fuse und dem kleineren Slice zum Mobile World Congress (22. bis 25. Februar) nach Barcelona mitgebracht. Sie sollen so genaue Messungen liefern wie ein EKG und auch gleich ermitteln können, wie anstrengend eine Aktivität für den Träger ist, verspricht Ashley White von Mio. Die Messdaten werden also personalisiert, in einer App gesammelt und für konkrete Trainingsvorschläge ausgewertet.
Um die Smartwatch wird es ruhiger
Um die Smartwatches ist es indes etwas ruhiger geworden - verschwunden sind sie aber nicht. Am Stand des Schweizer Herstellers MyKronoz gibt es zwei neue Modelle zu sehen: die ZeRound, eine runde Einsteigeruhr, die Fitnessdaten sammelt und für Telefonanrufe genutzt werden kann, sowie das Sportmodell ZeSport mit Pulsmesser und robustem Gehäuse. Auch am Haier-Stand gibt es eine neue Smartwatch zu sehen: Die Chinesen zeigen eine Edelstahluhr in Chronometeroptik. Für 200 Euro gibt es ein rundes Display, Fitnesstrackerfunktionen mit Pulsmessung, smarte Benachrichtigungen und - bei gekoppeltem Telefon - Anrufe über die Uhr.
Während bei den Fitnessarmbändern und den Smartwatches nur wenige neue Funktionen hinzugekommen sind, trägt Popstar will.i.am zusammen mit der Telekom dick auf. Ihr Wearable namens Dial soll mehr sein als nur eine Smartwatch: Der Handgelenkcomputer soll komplett unabhängig vom Smartphone funktionieren, kostenpflichtige Internetverbindung inklusive. Gesteuert wird das recht grosse Dial grösstenteils über Stimmkommandos, wie "Black Eyed Peas"-Musiker will.i.am in Barcelona vorführte. Dabei müssen sich Nutzer keine Kommandos merken, sondern können relativ frei heraus mit dem Gerät sprechen. Was genau Dial ausser Musik abspielen, Anrufen, Fitnesstracking und Fotos machen noch so alles beherrscht, blieb zunächst im Dunkeln. Das Band soll aber noch in diesem Jahr auf den Markt kommen.
Eine Idee zum Einsatz smarter Technik im Alltag kommt vom chinesischen Hersteller Eachpal. Ihr vom dänischen Designbüro Jacob Jensen Design entworfenes Halo-Armband kann im Notfall Helfer alarmieren. Dazu wird bei Auslösen der Alarmgeste - dreimaliges Schütteln oder Antippen des Armbandes - eine Notfall-SMS an vorher eingestellte Kontakte gesandt. Auch andere Nutzer der Plattform können so über den eigenen Standort informiert werden. Das gekoppelte Smartphone zeichnet ausserdem in den zehn Sekunden nach dem Alarm den Umgebungston auf und überträgt ihn. Den Polizeinotruf erreicht man so allerdings nicht. Ausserdem kann man mit dem wie ein Schmuck-Armreif wirkenden Gerät Smartphonefunktionen per Gesten steuern.
Am Messestand von Garmin gibt es neben den bekannten Sportuhren und GPS-Geräten vor allem an einer Stelle grossen Andrang: Varia Vision heisst das kleine Display, das an Sonnenbrillen angebracht wird. Verbunden mit einem kompatiblen Gerät, spiegelt das Display Daten wie Geschwindigkeit, zurückgelegte Strecke oder die Pulsfrequenz ein. Der Blick nach oben rechts ist ähnlich wie bei Googles erster Datenbrille Glass allerdings etwas gewöhnungsbedürftig.
Bei Epson - sonst eher für Drucker bekannt - ist man da schon weiter. Das Moverio BT-300 ist ein Kleincomputer mit angeschlossener Projektionsbrille. Zwei kleine OLED-Displays an den Seiten der Brille projizieren ein Bild in HD-Auflösung (1280 zu 720 Pixeln) direkt ins Sichtfeld des Trägers.
Neben eher banalen Anwendungen wie dem Ansehen von Filmen sind im Privatkundenbereich vor allem Drohnenpiloten die Zielgruppe der rund 800 Euro teuren Epson-Brille. Sie können von entsprechend ausgerüsteten Fluggeräten live das Videobild und weitere Daten wie Geschwindigkeit oder Höhe übertragen. Andere Anwendungsbereiche sind Museen, der Einzelhandel oder die Ausbildung; Volkswagen etwa benutzt laut Epson einen Vorgänger der Brille zur Schulung von Monteuren.
Die Smartphone-Trends des MWC
Die meisten Smartphone-Nutzer wünschen sich vor allem einfach mehr Akkulaufzeit. Drei Viertel der Befragten einer aktuellen Bitkom-Studie wollen ihr Smartphone seltener ans Ladegerät hängen. Auf Platz zwei und drei der Wunschliste: mehr Speicherplatz und eine bessere Kamera.
Was die Akkulaufzeit angeht, enttäuschen die meisten Hersteller mit ihren Neuheiten auf dem Mobile World Congress in Barcelona (bis 25. Februar). "Es ist besser geworden, aber noch längst nicht so, wie Verbraucher sich das wünschen", urteilt Timm Lutter, beim IT-Branchenverband Bitkom zuständig für Unterhaltungselektronik.
Stromsparmodi oder Schnellladefunktionen bieten mittlerweile zwar fast alle Geräte. Doch die meisten der leistungsstarken und stromhungrigen Smartphones müssen trotzdem mindestens jeden zweiten Tag an die Steckdose. Bei den grossen Herstellern eröffnet zumindest LG mit seinem neuen G5 den Nutzern einen Ausweg: Ist der Akku leer, kann er zumindest schnell gegen einen vollen ausgetauscht werden.
Beim Speicher sieht die Sache anders aus. Waren früher noch 8 Gigabyte (GB) bei günstigeren Modellen Standard, sind es mittlerweile häufig 16, die Mittelklasse bewegt sich auf 32 GB zu. Archos packt in sein Diamond 2 Plus gleich 64 GB - reichlich Platz für Fotos und Videos. Weiteren Speicherplatz gibt es bei ZTE, Huawei, Alcatel, Sony, Haier und Co per SD-Karte.
Auch Samsung hat nach dem für seinen begrenzten Speicherplatz viel kritisierten Galaxy S6 auf die Kunden gehört und im Nachfolger wieder einen Steckplatz für Zusatzspeicher eingebaut. "Jetzt können die Leute selbst entscheiden, wie viel Speicher sie wollen", sagt Produktmanager Patrick Pfaff. Das Galaxy S7 und S7 Edge gibt es entsprechend nur noch mit 32 GB Speicher. Kosten: rund 700 Euro für das S7, etwa 800 für das S7 Edge.
Grosse Fortschritte gibt es bei den Kameras. Selbst die Mittelklasse schiesst mittlerweile Bilder, die sich hinter Kompaktkameras nicht mehr verstecken müssen. Und die Smartphone-Oberklasse rüstet weiter auf: Sony schickt mit dem Xperia X (ab Ende Mai für rund 600 Euro) ein neues Spitzenmodell mit 23 Megapixeln (MP) ins Rennen, sogar die meist nur für Selbstporträts genutzte Frontkamera löst mit 13 MP höher auf als die Hauptkamera vieler Konkurrenten.
Auch Samsung hat bei der Kamera der neuen Galaxys aufgerüstet. Die Sensorauflösung beträgt zwar nur noch 12 Megapixel, dafür sind die einzelnen Pixel grösser und damit lichtempfindlicher geworden. Auch die Blende lässt mit maximal f/1,7 noch mehr Licht auf den Sensor als beim Vorgänger. Interessant auch das Konzept beim neuen LG G5: Es hat gleich zwei Kameras - ein 16-MP- und ein 8-MP-Modell mit 135 Grad Weitwinkel zwischen denen je nach Aufnahmesituation umgeschaltet wird.
Mit Blick auf die vielen leistungsstarken Android-Smartphones zeigt sich aber auch eins: Kaum ein Gerät sticht noch aus der Masse heraus. Einstmals teure Funktionen wie Fingerabdrucksensoren oder gute Kameras haben mittlerweile viele Geräte an Bord. Ausgefalleneres wie gebogene Displays oder eine zweite Anzeige auf der Rückseite sind auch Mangelware - das aber wohl auch mangels Verbraucherinteresse. Nur rund jeder Zehnte hat laut Bitkom-Studie Lust auf Design-Experimente wie biegsame oder gebogene Displays.
Trotzdem gibt es interessante Ausnahmen, etwa das S60 von Cat Phones. Es kombiniert ein gut ausgestattetes Android-Gerät in einer wasser- und stossfesten Aussenhülle mit einer Wärmebildkamera. Beim Hersteller verspricht man sich für das rund 650 Euro teure Gerät vor allem im Profibereich gute Chancen. Handwerker könnten damit nach Kältebrücken oder defekten Stromleitungen suchen, Energieberater Thermobilder von Häusern machen. Doch es geht auch verbrauchernäher. "Sie können damit auch prüfen, ob Ihr Grillgut die richtige Temperatur hat", erklärt Stefan Ehgartner am Stand von Cat Phones.
Eines der wenigen Windows-Geräte zeigt Akyumen mit einem Phablet namens Holofone an seinem Stand. Als besonderes Feature steckt in einem Buckel an der Rückseite ein mobiler Projektor. Bis zu zwei Stunden lang kann er mit einer Akkuladung den Bildschirminhalt des Telefons in HD-Qualität projizieren. Unternehmenschef Aasim Saied sieht Bildungseinrichtungen, Filmfans und mobile Spieler als Kunden für seine Produkte. Rund 650 Euro dürfte das Holofone nach dem Verkaufsstart im Sommer kosten. Ein Smartphone namens Hawk mit der gleichen Projektortechnik soll zur Elektronikmesse Cebit in Hannover vorgestellt werden, ebenso ein Falcon genanntes Tablet.
Interessant ist auch das modulare Konzept, das LG mit seinem neuen Spitzenmodell G5 ausprobiert, und zu dem auch der austauschbare Akku gehört - bei einem Oberklassegerät im Metallgehäuse inzwischen eine Seltenheit. An der Unterseite des G5 lassen sich Zusatzmodule anstecken. Ein Cam Plus genanntes Modul bringt etwa zusätzliche Fotofunktionen, Bedienelemente und mehr Akkukapazität. Das Modul Hifi Plus erweitert das Telefon um einen Soundprozessor für HD-Audio. © dpa
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