00100100111000100 – so ungefähr sähe das Internet aus, wenn es sie nicht gäbe: die Browser. Denn egal, was der User tut, ob er online einkauft, Nachrichten liest oder seine E-Mails checkt, immer ist er auf die Übersetzung der Bits und Bytes durch diese Programme in Text und Bild angewiesen. Doch wie hat alles angefangen?
Als der Informatiker Tim Berners-Lee Ende 1989 ein System austüftelte, das den Austausch von Forschungsergebnissen mit Kollegen weltweit erleichtern sollte, konnte er kaum ahnen, zu was sich dieses sogenannte World Wide Web innerhalb von 20 Jahren entwickeln sollte.
Mittlerweile haben fast zwei Drittel der europäischen Haushalte einen Internetzugang, in Deutschland waren es Ende 2009 stolze 79 Prozent. Und egal, was der User im Internet macht – ob er E-Mails schreibt, online einkauft, den Zugfahrplan checkt oder sich in Communitys mit Freunden austauscht – fast immer braucht er dazu einen Browser.
Der erste Browser hörte auf den Namen WorldWideWeb und bestand lediglich aus textgefüllten Kästen. Bilder wurden nicht angezeigt und mussten separat geöffnet werden. Das änderte sich mit dem...
...Mosaic - aus grau wird bunt
Erst 1993 wurde dem Internet Farbe und damit Leben eingehaucht: Der Mosaic-Browser des National Center for Supercomputing Applications (NCSA) verhalf dem weltweiten Netz zum Durchbruch; nicht einmal ein Jahr nach seiner Veröffentlichung war Mosaic schon millionenfach in Umlauf. Viele der damals benutzen Buttons lassen sich noch heute finden: Vor, Zurück, Neu laden, Speichern, Öffnen, Startseite, die Adresszeile. Sprich: Das Ur-Prinzip ist bis heute dasselbe.
Netscape Navigator: Das Web wird erwachsen
Um mit dem Forschungsprojekt auch Geld zu verdienen, verliess NCSA-Entwickler Marc Andreessen das Mosaic-Team, gründete Netscape und veröffentlichte 1994 die erste Version der legendären Navigator-Reihe. Im Vergleich zum Mosaic war der Navigator vor allem eins: schnell. Ausserdem entwickelte sich der Browser mit den wachsenden Anforderungen, die User an das Internet stellten, oder stiess selbst solche Entwicklungen an. Stichwort: CSS, SSL, Cookies, Javascript, Frames, HTML
Der User konnte also immer besser mit dem und über das Web kommunizieren sowie Daten eingeben, abfragen, übermitteln oder darstellen. Und noch etwas erfanden die Netscape-Entwickler: das Plug-in. Über diese Schnittstelle konnte digitales Zubehör leicht an den Browser angedockt und dieser so für neue Anwendungen oder Dateiformate geöffnet werden.
Sieger des Browserkriegs: der Internet Explorer
Konsequent wurde der Navigator zum Netscape Communicator weiterentwickelt, der einen E-Mail- und News-Client enthielt, und somit auch alternative Kommunikationswege eröffnete. Doch von damals über 80 Prozent Marktanteil versank Netscape innerhalb weniger Jahre in der Bedeutungslosigkeit. Hauptgrund war die Entscheidung Microsofts, sich nach jahrelangem Zögern doch mit dem Internet zu befassen. Gemeinhin spricht man hier vom Browserkrieg, aus dem der Internet Explorer (IE) als klarer Sieger hervor ging.
Lustigerweise war die erste Version des IE noch nicht mal eine Eigenentwicklung, sondern basierte auf Mosaic. Bis zur Version 4 im Jahr 1997 hinkte Microsoft Netscape technisch hinterher, aber der IE gewann stetig Marktanteile, da er an das Betriebssystem Windows gekoppelt war. Gepaart mit Microsofts finanzieller Macht sorgte das für das Aus von Netscape und sicherte dem IE 6 Anfang des neuen Jahrtausends stolze 90 Prozent Marktanteil – allerdings, ohne Revolutionäres zu bieten.
Die jungen Wilden: Firefox und Opera
Revolution hatten sich andere auf die Fahnen geschrieben: Zum einen das Mozilla-Projekt, das nach der Veröffentlichung des Netscape-Quellcodes entstand, als die Niederlage im Browserkrieg nahte. Durch die Trennung der im Communicator noch gebündelten Programme entstand unter anderem der Browser Firefox, der schlanker, schneller und sicherer als der IE sein sollte – und heute der grösste Konkurrent des Microsoft-Browser ist.
Das kostenlose Open-Source-Projekt überzeugte schon in der ersten Version mit Funktionen wie dem sogenannten Tabbed Browsing, also mehreren gleichzeitig geöffneten Seiten in einem Fenster, oder einem RSS-Reader, um Nachrichten zu abonnieren. Auch Erweiterungen, sogenannte Add-ons, waren von Anfang möglich. Sie liessen dem User die Wahl, ob er nur das Grundprogramm nutzen oder es um zahlreiche Funktionen wie Mediaplayer-Steuerung oder Download-Hilfen erweitern wollte.
Während Firefox vor allem durch seine Kompaktheit punktete, war der Opera-Browser des gleichnamigen norwegischen Unternehmens von Beginn als Tausendsassa konzipiert: E-Mails, Adressbuch, RSS-Feeds, Datentransfers per FTP – dies und umfangreiche Möglichkeiten zum Anpassen der Bedienoberfläche waren inklusive. Auch Mausgesten, also die Steuerung durch bestimmte Bewegungen mit der Maus, unterstützt Opera als einziger Browser serienmässig. Mit der Zeit kamen Funktionen wie Widgets – also kleine Zubehörfenster für Wetter, Notizblöcke, Taschenrechner oder Spiele –, ein Bittorrent-Client für schnellere Datentransfers von PC zu PC und ein Chatclient hinzu.
Die Qual der Wahl
2006 reagierte Microsoft auf die wachsende Konkurrenz mit dem eigentlich gar nicht geplanten IE 7. Mit Tabbed Browsing, einem Suchfenster mit optionalen Suchmaschinen, Phishing-Filter gegen Internetbetrug und vielem mehr konnte er den Rückstand gegenüber Firefox und Opera verringern, ohne jedoch Innovationen zu bieten. Mit der Version 8 von 2009 wurde zudem ein Private-Modus eingeführt, in dem keine Cookies oder Verläufe gespeichert werden – bei Firefox war dies schon früher Standard. Auch die automatischen Suchvorschläge, die kleinen Vorschaubilder geöffneter Seiten oder die Liste der zuletzt oder häufig besuchten Seiten entsprechen parallelen oder früheren Entwicklungen bei anderen Browsern.
Während sich Microsoft mit dem IE auf Windows konzentriert, gibt es Firefox und Opera auch für Linux und Mac OS X. Opera hat zudem den mobilen Markt im Blick und produziert fleissig Browser für Handys und Smartphones. Auch Mozilla arbeitet derzeit an einer mobilen Version. Hinzu kommen jüngere Konkurrenten wie Apples Safari-Browser, der seit 2007 nicht nur auf Macs läuft, und der Chrome-Browser, den der Suchmaschinen-Riese Google 2008 vorgestellt hat.
Relativ neu ist das Auslagern von persönlichen Daten ins Web. So besitzt Opera die Option, Lesezeichen oder Verläufe mit einem Online-Konto und Browsern auf anderen Rechnern oder Handys zu synchronisieren. In der aktuellen Opera-Version 10 ermöglicht es die sogenannte Unite-Funktion, Daten auf dem eigenen Rechner für Freunde oder Kollegen freizugeben oder Dateien auf deren Rechnern zu benutzen. Bei Mozilla heisst das Weave und ist für die nächste Firefox-Version geplant.
Grundaufgabe der Multimedia-Monster bleibt aber weiterhin, das für den Menschen unverständliche Chaos von Nullen und Einsen in mehr oder weniger sinnvollen Text und sichtbare Bilder zu übersetzen. Daran hat sich auch 20 Jahre nach Erfindung des Internets und 16 Jahre nach Veröffentlichung von Mosaic – damals fast schon ein Synonym für Browser – immer noch nichts geändert.
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