Die Berliner Datenschutzbehörde verwarnte eine Schule wegen des Unterrichts per Lernplattform. Sie stellte daraufhin den Einsatz der Software ein. Schulen, denen ähnliches passiert, sollten sich wehren. Ein Verbot dieser Angebote ist rechtlich oft kaum zu begründen.
Die Corona-Pandemie hat auch die Schulen fest im Griff. Damit die Schulpflicht zur Not von Zuhause erfüllt werden kann, findet der Unterricht mancherorts per Videokonferenz statt.
Eine Berliner Grundschule verzichtete aus Angst vor datenschutzrechtlichen Konsequenzen auf den Einsatz gängiger Videokonferenzsoftware. Sie stieg zur Sicherheit auf die Kommunikation mit den Schülern per Padlet um. Das ist eine Art digitales schwarzes Brett, auf dem man Hausaufgaben hinterlegen und sich mit den Schülern austauschen kann.
Eltern beschwerten sich darüber, dass dies ohne Einwilligung geschah bei der Berliner Datenschutzaufsichtsbehörde. Die verwarnte die Schule wegen des Einsatzes der Plattform. Betrachtet man den Fall aus Berlin rechtlich, dann zeigt sich, dass die Berliner Behörde über das Ziel des datenschutzrechtlich vertretbaren hinausgeht.
Schulen dürfen Videokonferenzsoftware nutzen
Unterricht per Videokonferenz ist in der Praxis auf technisch stabile Weise oft nur unter Verwendung von Software insbesondere US-amerikanischer Herkunft möglich. Deren Einsatz birgt datenschutzrechtliche Risiken. Schliesslich hat der Europäische Gerichtshof letzten Sommer die Rechtsgrundlage für Datentransfers in die USA in vielen Fällen pauschal für ungültig erklärt.
Damit ist aber keine Entscheidung für konkrete Fälle getroffen. Insbesondere bei der Rechtmässigkeit des Einsatzes von "Microsoft-Teams" gehen die Meinungen auseinander. Neun deutsche Datenschutzbehörden halten den Einsatz für problematisch, ohne ihn zu verbieten. Acht weitere Behörden teilen diese Haltung nicht. Fünf dieser acht halten die Mehrheitsmeinung gar für untragbar und gestatten den Einsatz bis zum Abschluss weiterer Prüfungen. In Baden-Württemberg findet ein Test an Schulen statt, der von der dortigen Aufsichtsbehörde begleitet wird.
Alle behördlichen Positionen gegen den Einsatz von Software sind rechtlich so lange unverbindlich, bis sie ein Nutzungsverbot aussprechen. Ein solches existiert soweit ersichtlich nicht. Die Konsequenz ist einfach. Wo kein Verbot besteht, kann man auch keines befolgen.
Datenschutzbehörden hüten sich aus gutem Grund vor einer Untersagung des Einsatzes von Teams, Zoom und Co: Verbieten kann man im Rechtsstaat nicht einfach so. Man muss dafür gute und gerichtlich nachprüfbare Gründe benennen. Das scheint nicht möglich zu sein. Jedenfalls bis zu einem Verbot darf man die Software also nutzen.
Behörden drohen keine Bussgelder wegen Datenschutzverstössen
Wenn eine Schule oder sonstige Behörde ein konkretes Videokonferenzverbot erhält, dann kommt sie der Rechtssicherheit einen Schritt näher. Sie kann dann nämlich dagegen klagen und die Begründung der Untersagung durch die Behörde gerichtlich prüfen lassen.
Bis die letzte Instanz den Fall entschieden hat, darf sie die Software rechtskonform weiternutzen. Ein Bussgeld wegen eines möglichen Datenschutzverstosses muss eine Behörde in Deutschland anders als ein Unternehmen nicht befürchten. So will es unser nationales Datenschutzrecht.
Schulen brauchen keine Einwilligung für erforderliche Online-Kommunikation
Vorauseilend gehorsam hatte die Berliner Grundschule auf Videokonferenzunterricht verzichtet und stattdessen nur die Plattform Padlet benutzt. Dies allerdings ohne Einwilligung der Eltern. Deswegen wurde sie von der Datenschutzbehörde verwarnt.
Die Datenschützer sahen also nicht in der Nutzung der Plattform generell einen Verstoss, sondern darin, dass sie ohne Einwilligung erfolgte. Dass man für den zulässigen Einsatz von Padlet zur Online-Kommunikation mit Eltern und Schülern eine datenschutzrechtliche Einwilligung braucht, liegt fern.
In der Corona-Pandemie ist Online-Unterricht auf Distanz unter Einsatz dafür benötigter digitaler Hilfsmittel – sei es Videokonferenz oder Padlet - erforderlich, um den Schulbetrieb aufrechtzuerhalten. Diese Rechtspflicht berechtigt und verpflichtet die Schule grundsätzlich selbst dann zum Einsatz der erforderlichen Software, wenn alle betroffenen Eltern und Schüler sie ausdrücklich ablehnen.
Das Datenschutzrecht steht dem digitalen Unterricht etwa dann entgegen, wenn eine rechtmässig verbotene Software benutzt wird. Auch bei unnötiger Datenverarbeitung, zum Beispiel der Aufzeichnung des Unterrichts ohne Einwilligung, entstehen Rechtsprobleme. Fehleinschätzungen zum Datenschutz sind verständlich. Das gilt jedenfalls, wenn sie bei Eltern entstehen. Werden sie aber von Datenschutzaufsichtsbehörden ausgelöst, dann sind sie höchst ärgerlich, weil sie verunsichern. Solche Fälle gehören vor Gericht.
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