Die Keuchhusten-Infektionen nehmen in Europa deutlich zu. Wie gefährlich ist die Infektionskrankheit, wie ist die aktuelle Lage und was schützt vor einer Ansteckung?
In vielen Ländern Europas häufen sich die Keuchhusten-Infektionen. Die vom Europäischen Zentrum für die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) veröffentlichten Zahlen sind alarmierend.
Von 2023 bis April 2024 wurden fast 60.000 Keuchhusten-Fälle gemeldet – ein zehnfacher Anstieg im Vergleich zu den Jahren 2022 und 2021.
Experten warnen vor Keuchhusten-Epidemie
ECDC-Direktorin Andrea Ammon spricht bereits von einer Keuchhusten-Epidemie und mahnt an, wachsam zu bleiben und Impfkampagnen voranzutreiben. Die Keuchhusten-Impfung sei die wichtigste Massnahme zum Schutz von vulnerablen Gruppen. Diese hat sich im Vergleich mit der Corona-Pandemie verschoben: Zwar sind auch ältere Personen und chronisch Kranke gefährdet, jedoch birgt Keuchhusten besonders für Säuglinge ein mitunter lebensbedrohliches Risiko.
In England wurden laut der britischen Gesundheitsbehörde UKHSA seit Jahresbeginn mehr als dreimal so viele Keuchhusten-Infektionen gemeldet wie im gesamten Jahr 2023. Fünf Kinder sind bereits gestorben.
Auch in den Niederlanden sind bereits Menschen an den Folgen von Keuchhusten gestorben, darunter vier Säuglinge.
Keuchhusten – die Lage in Deutschland
Auch in Deutschland werden immer mehr Infektionen gemeldet. Seit 2013 unterliegt Keuchhusten der Meldepflicht. Auch Verdachtsfälle müssen gemeldet werden. Das Robert-Koch-Institut (RKI) verzeichnet bereits seit dem vierten Quartal 2022 eine deutliche Zunahme von Infektionen mit dem Keuchhusten-Erreger: 4.180 Fälle seit Beginn des Jahres. Im gleichen Zeitraum 2023 lagen dem RKI 1.446 gemeldete Infektionen vor.
Das RKI schätzt, dass eine Reihe von Faktoren zu den steigenden Fallzahlen führen. Sehr wahrscheinlich handele es sich bei der zyklisch auftretenden Krankheit auch um einen "Nachholeffekt" nach der Corona-Pandemie. Im Zusammenhang mit den zahlreichen Schutzmassnahmen waren auch die Keuchhusten-Fälle stark zurückgegangen – und die Immunität der Bevölkerung. Der letzte grosse Ausbruch war im Jahr 2016.
Was ist Keuchhusten?
Keuchhusten (Pertussis) ist eine hochansteckende und weltweit verbreitete Infektionskrankheit der Atemwege. Ausgelöst wird Keuchhusten durch Bakterien, überwiegend das durch das Bakterium Bordetella pertussis. Diese werden von Mensch zu Mensch übertragen.
Im Körper bilden die Erreger Giftstoffe und greifen die Schleimhäute der Atemwege an.
Keuchhusten: welche Symptome gibt es?
Bis die ersten Keuchhusten-Symptome auftreten, können zwischen neun und 20 Tage vergehen. In dieser Zeit sind Infizierte bereits ansteckend. Keuchhusten verläuft oft in drei Stadien:
- In den ersten ein bis zwei Wochen treten meist Beschwerden wie bei einer leichten Erkältung auf.
- In der zweiten Phase setzt trockener, teils krampfartiger Husten ein. Die eingeatmete Luft erzeugt oft ein keuchendes Geräusch. Auch zäher Auswurf und Erbrechen können zu den Folgen der Hustenanfälle gehören, ebenso Schlaf- und Appetitlosigkeit. Die besonders unangenehme Phase hält in der Regel vier bis sechs Wochen an.
- Die dritte Phase ist die Erholungsphase, die etwa sechs bis zehn Wochen dauert. Der Husten klingt langsam ab. Faktoren wie körperliche Anstrengung, Zigarettenrauch oder Kälte können jedoch zu unangenehmem Reizhusten führen.
Bei einem milden Verlauf ohne starke Hustenanfälle bleibt Keuchhusten oft unerkannt. Bei Neugeborenen kann Keuchhusten zu lebensbedrohlichen Atemstillständen führen. Auch ältere Menschen und Menschen mit chronischen Erkrankungen der Lunge sind anfälliger für schwere Verläufe oder Komplikationen wie Lungen- oder Mittelohrentzündungen.
Bei sehr starken Krankheitsverläufen droht sogar eine Hirnschädigung durch Sauerstoffmangel. Dieser kann Dauerschäden wie Sehstörungen oder Lähmungen nach sich ziehen.
Vorsichtsmassnahmen und Behandlung von Keuchhusten
Besteht der Verdacht einer Infektion, muss das Personal der medizinischen Einrichtung vor dem Besuch informiert werden, damit entsprechende Schutzmassnahmen getroffen werden können. Bei Verdachtsfällen oder nachgewiesenen Infektionen dürfen Gemeinschaftseinrichtungen wie Pflegeheime, Kitas oder Schulen nicht besucht werden. Auch müssen Verdachts- und Infektionsfälle der Einrichtungsleitung gemeldet werden. Durch einen Abstrich kann festgestellt werden, ob die betroffene Person infiziert ist oder noch Erreger ausscheidet.
Bestätigt sich der Verdachtsfall, wird gegebenenfalls ein Antibiotikum verschrieben. Eine frühzeitige Antibiotika-Therapie kann die in der zweiten Phase einsetzenden Hustenanfälle deutlich lindern oder bestenfalls verhindern.
Zudem wird die Ansteckungsfähigkeit abgeschwächt und deutlich verkürzt. Ausreichende Flüssigkeitsaufnahme und mehrere kleine Mahlzeiten am Tag können Husten und Brechreiz lindern. Bei einem akuten Hustenanfall sollten insbesondere Kinder eine aufrechte Sitzposition mit leicht nach vorne gebeugtem Kopf einnehmen.
Lesen Sie auch
Ist Keuchhusten eine Kinderkrankheit?
Oft wird fälschlicherweise angenommen, dass Keuchhusten eine Kinderkrankheit ist. Doch auch Erwachsene und Säuglinge können sich infizieren.
Da Säuglinge nur schrittweise geimpft werden können und der Immunschutz entsprechend langsamer entwickelt wird, ist eine Keuchhusten-Infektion für sie besonders gefährlich.
Wie lange kann man Keuchhusten nachweisen?
Um Keuchhusten eindeutig nachzuweisen, wird ein Abstrich von Nase und Rachen gemacht und ins Labor geschickt. Als zuverlässiger Direktnachweis hat sich der PCR-Test erwiesen. Keuchhusten-Erreger können bereits im Sekret nachgewiesen werden, bevor sich Antikörper gebildet haben.
Wie lange Erreger nachgewiesen werden können, hängt auch davon ab, ob eine Antibiotika-Therapie frühzeitig eingeleitet wurde. Laut RKI können Erkrankte, die zeitnah Antibiotika verordnet bekommen, in der Regel fünf Tage nach Beginn der Therapie wieder am öffentlichen Leben teilnehmen. Ohne Antibiotika-Therapie dürfen Erkrankte etwa 21 Tage nach Beginn des Hustens wieder Gemeinschaftseinrichtungen betreten.
Antikörper bilden sich überwiegend erst drei Wochen nach Beginn der Hustenanfälle. Um diese im Blut nachzuweisen, wird eine sogenannte Serodiagnostik durchgeführt. Die Immunität nach einer Erkrankung hält laut Helmholtz München etwa 7 bis 20 Jahre, nach einer Impfung circa 3,5 bis 12 Jahre. Ob nachgewiesene Antikörper durch eine Impfung oder eine Erkrankung gebildet wurden, kann bislang nicht unterschieden werden.
Wie lange dauert Keuchhusten?
Eine Keuchhusten-Erkrankung dauert meistens zwischen vier bis sechs Wochen. Danach beginnt die sechs bis zehnwöchige Erholungsphase, in der die Hustenanfälle langsam abklingen.
Betroffene können jedoch auch Monate nach der eigentlichen Erkrankung noch an Reizhusten leiden. Dieser wird oft durch äussere Faktoren wie körperliche Belastung, Kälte oder verschmutzte Luft ausgelöst.
Was tun bei Atemnot bei Keuchhusten?
Spezielle Selbsthilfetechniken wie Atemübungen und Sitzpositionen, die Menschen mit Atemwegserkrankungen wie Asthma oder COPD empfohlen werden, können bei Atemnot durch Keuchhusten hilfreich sein, da sie die Bronchien stabilisieren und den Brustkorb entlasten:
- Kutschersitz einnehmen: Mit nach vorne gebeugtem Oberkörper hinsetzen und die Ellenbogen auf die Knien stützen. Diese atemerleichternde Sitzhaltung entlastet Schultergürtel und Brustkorb, wodurch die Atemhilfsmuskeln die Atmung besser unterstützen können. Auch kann sie sich beruhigend auswirken und einsetzende Panikgefühle lindern.
- Lippenbremse: Im Kutschersitz sitzend kann die Atemtechnik "Lippenbremse" akuter Atemnot entgegenwirken. Mit geschlossenem Mund durch die Nase einatmen und die Luft langsam durch leicht gespitzte Lippen ausatmen. Die Lippenbremse hält die Bronchien weit. Der leichte Luftstau verlangsamt und verbessert zudem die Ausatmung.
Besondere Vorsicht ist bei Säuglingen geboten: Sie können den Schleim nicht abhusten, was zu akuter Atemnot oder Atemstillstand führen kann. Der zähe Schleim muss deshalb im Krankenhaus abgesaugt werden. Zur Linderung der Beschwerden können entzündungshemmende und krampflösende Medikamente verordnet werden.
Wann in der Schwangerschaft soll man sich gegen Keuchhusten impfen?
Für Schwangere gelten besondere Impfempfehlungen. Da Pertussis-Erreger für Neugeborene ein besonders hohes Gesundheitsrisiko darstellen, wird Schwangeren geraten, sich zu Beginn des letzten Schwangerschaftsdrittels gegen Keuchhusten impfen zu lassen.
Bei einem erhöhten Risiko einer Frühgeburt sollte die Impfung im zweiten Schwangerschaftsdrittel erfolgen. Die Empfehlung gilt für jede Schwangerschaft und unabhängig von zurückliegenden Keuchhusten-Impfungen.
Wie wird Keuchhusten übertragen?
Keuchhusten-Erreger werden durch Tröpfcheninfektion übertragen, beispielsweise beim Sprechen, Niesen oder Husten. Ohne ausreichende Immunität führt beinahe jeder Kontakt zwischen einer Infizierten und einer nicht immunisierten Person zu einer Ansteckung.
Nicht jede Erkrankung wird erkannt. Doch auch bei milden Verläufen kann der Erreger übertragen werden.
Impfung gegen Keuchhusten – das rät die STIKO
Wer sich mit Keuchhusten ansteckt und die Krankheit überwindet, entwickelt eine natürliche Immunität. Diese schützt etwa sieben bis 20 Jahre vor einer Neuansteckung. Die Keuchhusten-Impfung gilt als bester Schutz vor Ansteckung oder schweren Verläufen.
Der Schutz hält etwa 3,5 bis zwölf Jahre an. Aber: Auch immunisierte Menschen können vom Erreger besiedelt werden und möglicherweise andere anstecken – auch, wenn sie selbst nicht erkranken. Wie oft man gegen Keuchhusten geimpft werden sollte, hängt von individuellen Faktoren wie Beruf, chronischen Vorerkrankungen oder familiären Umständen ab. Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt folgendes Impfschema für verschiedene Altersklassen und Personengruppen:
- Schwangere: Da Pertussis-Erreger für Neugeborene ein besonders hohes Gesundheitsrisiko darstellen, wird Schwangeren geraten, sich zu Beginn des letzten Schwangerschaftsdrittels gegen Keuchhusten impfen zu lassen. Bei einem erhöhten Risiko einer Frühgeburt sollte die Impfung im zweiten Schwangerschaftsdrittel erfolgen. Die Empfehlung gilt für jede Schwangerschaft und unabhängig von zurückliegenden Keuchhusten-Impfungen.
- Säuglinge: Säuglinge sollten möglichst frühzeitig gegen Keuchhusten geimpft werden. Die STIKO rät zu vier Teil-Impfungen zwischen dem 2., 3., 4. und 11. bis 14. Lebensmonat. Da die Grundimmunisierung bei Säuglingen erst nach Abschluss der Teil-Impfungen entwickelt ist, sind sie darauf angewiesen, dass ihr Umfeld geimpft ist und sich rücksichtsvoll verhält.
- Kontaktpersonen von Säuglingen: Auch der Impfstatus von engen Kontaktpersonen von Säuglingen sollte überprüft und gegebenenfalls spätestens vier Wochen vor der Geburt aufgefrischt werden.
- Kinder und Jugendliche erhalten im Alter von fünf bis sechs Jahren und neun bis 16 Jahren jeweils eine Auffrischimpfung.
- Erwachsenen Personen wird zur einmaligen Auffrischungsimpfung geraten, wenn die Impfungen gegen Tetanus und Diphtherie anstehen. Besonders Menschen mit chronischen Lungenerkrankungen wie COPD sollten entsprechende Vorsichtsmassnahmen einhalten und ihren Impfstatus im Auge behalten.
- Beschäftigte im Gesundheitswesen und in Gemeinschaftseinrichtungen tätige Personen sollten alle zehn Jahre erneut gegen Keuchhusten geimpft werden.
Weitere Informationen zur aktuellen Lage in Ihrer Wohngegend erhalten Sie beim örtlichen Gesundheitsamt.
Redaktioneller Hinweis
- Die Informationen in diesem Artikel ersetzen keine persönliche Beratung und Behandlung durch eine Ärztin oder einen Arzt.
Verwendete Quellen
- infektionsschutz.de: Keuchhusten
- gov.uk: Whooping cough cases continue to rise
- rivm.nl: Actuele cijfers kinkhoest
- lungeninformationsdienst.de: Keuchhusten-Impfung
- lungeninformationsdienst.de: Impfungen bei COPD besonders wichtig
- ecdc.europa.eu: Increase in pertussis cases in EU/EEA
- rki.de: Aktuelle Epidemiologie von Bordetella parapertussis-Infektionen in Deutschland
- rki.de: Keuchhusten (Pertussis)
- kinderarzte-im-netz.de: Keuchhusten (Pertussis)
- rki.de: Schutzimpfung gegen Pertussis: Häufig gestellte Fragen und Antworten
- lungeninformationsdienst.de: Atemtechniken und Atemschulung
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.