Ein aktuell kursierendes Video von einer Pressekonferenz des RKI soll beweisen, dass Masken nicht vor Corona schützen. Was im Netz nicht erwähnt wird: Das Video ist mehr als zwei Jahre alt. Inzwischen gibt es zahlreiche Belege für den Nutzen von Masken.
Auf Facebook kursiert aktuell ein Video-Ausschnitt aus einer Pressekonferenz des Robert-Koch-Instituts (RKI). Darin ist RKI-Vizepräsident Lars Schaade zu sehen. Er sagt, dass es keine wissenschaftliche Evidenz dafür gibt, dass Maskentragen einen Sinn hätte. Mehr als 2.200 Nutzerinnen und Nutzer teilten den Beitrag.
Was darin nicht erwähnt wird: Die Aussage ist veraltet und überholt. Sie stammt aus einer Pressekonferenz vom Februar 2020, schon zwei Monate später hat das RKI seine Richtlinien zum Tragen von Masken revidiert.
Aussage vom RKI-Vizepräsident Lars Schaade stammt von Februar 2020
Im knapp zweiminütigen Video, das auf Facebook kursiert, wird der Name von Lars Schaade eingeblendet (ab Minute 0:23). Schaade ist Vizepräsident des RKI und antwortet im Ausschnitt auf die Frage, warum das Tragen von Masken nichts nutze (ab Minute 1:20): "Das ist mehrfach untersucht worden. Es gibt einfach keine wissenschaftliche Evidenz, dass das irgendeinen Sinn hätte."
Mit diesem Zitat und dem Namen von Lars Schaade finden wir über eine Google-Suche mehrere Medienberichte, die den entscheidenden Hinweis zum Zeitpunkt der Aussage liefern. So wird etwa bei NTV die Aussage von Schaade auf den 28. Februar 2020 datiert. Mit diesem Datum finden wir eine vollständige Aufnahme der Pressekonferenz auf dem YouTube-Kanal des Senders Phoenix. Der Ausschnitt, der auf Facebook kursiert, beginnt bei Minute 16:30. Das Zitat ist authentisch, aber mehr als zwei Jahre alt. Zu Beginn der Pandemie war der Nutzen von Masken noch unklar, das ist inzwischen anders.
RKI hat Empfehlung bereits April 2020 an neue Erkenntnisse angepasst
Wir haben beim RKI nachgefragt, inwiefern sich die Einschätzung von damals verändert hat. "Das RKI hat zum damaligen Zeitpunkt das Tragen von Masken in der allgemeinen Bevölkerung nicht empfohlen. Bis zum 28.2.2020 waren in Deutschland insgesamt 53 [Covid-19] Fälle bekannt", schrieb uns eine Sprecherin.
Damals seien noch etliche Aspekte des Virus nicht bekannt gewesen. Es sei daher unvermeidlich und notwendig, Empfehlungen auf Grundlage neuer Erkenntnisse anzupassen. Bereits am 1. April, also etwa ein Monat nach der Pressekonferenz, habe das RKI das Tragen von Masken in bestimmten Situationen im öffentlichen Raum empfohlen. Mitte April veröffentlichte das RKI eine entsprechende Empfehlung in seinem Epidemiologischen Bulletin.
Zum damaligen Zeitpunkt habe es noch keine wissenschaftlichen Belege für "die Sinnhaftigkeit für das generelle Maskentragen in der Allgemeinbevölkerung" gegeben, so die Pressesprecherin. Das ist mittlerweile anders. "Im Laufe der Pandemie hat es weltweit unzählige wissenschaftliche Publikationen gegeben, die den Nutzen von Masken, insbesondere als kollektive Quellkontrolle, in der Pandemie belegen", schrieb sie uns.
Schon 2020 gab es jedoch Kritik an der Entscheidung des RKI, die Empfehlung zum Maskentragen sei zu spät und zu zögerlich gewesen. Nach Medienberichten soll das RKI Masken so spät empfohlen haben, weil medizinisches Personal das knappe Gut dringend brauchte.
Masken senken das Infektionsrisiko, wie mehrere Studien gezeigt haben
Wie wir in einem Faktencheck von April 2022 erklärten, bestätigen verschiedene Studien die grundsätzliche Wirksamkeit von Masken.
Eine Untersuchung des Max-Planck-Instituts aus Dezember 2021 zeigt zum Beispiel, dass FFP2-Masken das Ansteckungsrisiko drastisch senken. Demnach liegt selbst auf drei Meter Entfernung das Ansteckungsrisiko ohne Masken innerhalb weniger Minuten bei nahezu 100 Prozent; tragen sowohl die infizierte, als auch die nicht-infizierte Person eine gut sitzende FFP2-Maske, sinke das Risiko einer Ansteckung in den Promillebereich.
In einer Fall-Kontroll-Studie aus Kalifornien vom 11. Februar 2022 befragten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Menschen mit positivem Covid-19-Testergebnis und – als Kontrollgruppe – Menschen mit negativem Ergebnis. Die Personen hielten sich in den zwei Wochen vor ihrem Testergebnis in öffentlichen Räumen auf und hatten keinen Kontakt zu einer nachweislich infizierten Person. Das Ergebnis: Personen, die angaben, immer eine medizinische OP-Maske getragen zu haben, hatten eine 66 Prozent geringere Wahrscheinlichkeit für ein positives Testergebnis als Personen, die angaben, nie eine Maske getragen zu haben.
Eine von der Bundesregierung beauftragte Sachverständigenkommission kommt unter Berücksichtigung der vorhandenen Studien in einem Bericht vom 30. Juni 2022 zum Schluss, dass die grundsätzliche Wirksamkeit von medizinischen Masken zur Verhütung und Bekämpfung einer Infektion als weitgehend gesichert gilt.
Verwendete Quellen:
- ntv: Wegmarken im Überblick: Ein Jahr Coronavirus-Liveticker
- YouTube: Tägliches Pressebriefing Robert-Koch-Institut zu COVID-19 in Deutschland
- Robert Koch Institut: Epidemiologisches Bulletin
- Spiegel.de: Deutsche Corona-"Strategie": Der schlimmste, ärgste, längste Fehler
- Max-Planck-Institut: So gut schützen Masken
- Center for Disease Control and Prevention: Effectiveness of Face Mask or Respirator Use in Indoor Public Settings for Prevention of SARS-CoV-2 Infection — California, February–December 2021
- Bericht des Sachverständigenausschusses nach § 5 ABS. 9 IFSG: Evaluation der Rechtsgrundlagen und Massnahmen der Pandemiepolitik
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.