Es ist eine Situation, die viele verunsichert: Man wird Zeuge eines Unfalls, Menschen sind verletzt und brauchen Hilfe. Wie reagieren Verkehrsteilnehmer dann richtig? Das Handy zu zücken und erstmal Fotos vom Crash zu machen, wie es immer häufiger auf Schweizer Strassen passiert, gehört definitiv nicht dazu. Was zu tun, was zu vermeiden ist – wir haben die wichtigsten Fragen und Antworten für Sie zusammengestellt.

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Es krachtmuss ich helfen?

"Ja, dazu sind wir gesetzlich verpflichtet", sagt Christoph Meier vom Schweizerischen Samariterbund. Wer nicht hilft und einfach weiterfährt oder durch Gaffen sogar Hilfe behindert, kann wegen unterlassener Hilfeleistung angeklagt werden. In Artikel 128 des Schweizerischen Strafgesetzbuches heisst es dazu: "Wer (…) nicht hilft, obwohl es ihm den Umständen nach zugemutet werden könnte, wer andere davon abhält, Nothilfe zu leisten, oder sie dabei behindert, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft." Nur, wenn sicher ist, dass die Hilfe bereits von anderer, professioneller Seite geleistet wird, braucht ein Unfallzeuge nicht einzugreifen.

Wie reagiere ich richtig?

Auf keinen Fall sollten Unfallzeugen überstürzt handeln. "Bei Notfallsituationen ist es immer ratsam, erstmal durchzuatmen und nach der Regel 'schauen – denken – handeln' vorzugehen", sagt Meier. Dabei stehe der Eigenschutz an erster Stelle. "Niemand verlangt von einem Helfer, sich selbst in Gefahr zu bringen, indem er etwa quer über die Autobahn zu einer Unfallstelle rennt." Rettungsorganisationen empfehlen, das Auto zunächst sicher zu parken und das Warnblinklicht einzuschalten. Dann vorsichtig aussteigen, eine Warnweste anziehen und das Warndreieck aufstellen, im Ort mindestens 50 Meter vor der Unfallstelle, ausserorts 100 Meter. Zudem sollte es stets vor Kurven oder Hügeln stehen. So ist der nachfolgende Verkehr rechtzeitig gewarnt.

Welche Informationen benötigt die Notrufzentrale?

Sobald Ersthelfer die Unfallstelle abgesichert haben, sollten sie sich einen Überblick über den Unfall verschaffen: Bestehen Gefahren, etwa ein Brand? Wie viele Verletzte gibt es? "Dann so schnell wie möglich die Notfallnummer 144 wählen", sagt Meier. Dabei ist es von Vorteil, wenn Anrufer auf Fragen nach dem Ort oder der Anzahl der Verletzten vorbereitet sind. "Aber in der Leitstelle sitzen geschulte Rettungssanitäter, die nach einem ganz bestimmen Frageschema vorgehen, damit keine wichtigen Informationen vergessen werden."

Wie helfe ich den Opfern?

Sprechen Sie die Menschen an, teilen Sie ihnen mit, dass Sie da sind und Hilfe bereits unterwegs ist. "Das ist allein psychologisch oft eine sehr grosse Hilfe", sagt Meier. Empfehlungen, welchen Opfern man zuerst helfen soll, will er nicht aussprechen. "Jeder Unfall, jede Verletzung ist anders. Man sollte einfach tun, was einem möglich ist." Etwa Motorradfahrern, die nicht normal atmen oder bewusstlos sind, vorsichtig den Helm abnehmen oder starke Blutungen stoppen. Auch dabei: An die eigene Sicherheit denken und im Idealfall Handschuhe tragen. Reagiert ein Verletzter nicht mehr, sollten Helfer prüfen, ob er noch atmet. Wenn er atmet, gehört er in die Bewusstlosenlage. Ist keine Atmung zu erkennen, sollte der Ersthelfer mit der Herz-Druck-Massage die Wiederbelebung einleiten.

Kann ich als Ersthelfer für Fehler bestraft werden?

"Nein, wenn man Laie ist, kann man in der Schweiz für Fehler bei der Ersthilfe nicht belangt werden", lautet Meiers eindeutige Antwort. "Nur, wenn man nicht hilft", fügt er noch hinzu.

Wie oft sollte man seine Erste-Hilfe-Kenntnisse auffrischen?

Wie in vielen Ländern ist ein Erste-Hilfe-Kurs auch in der Schweiz obligatorisch für alle Führerscheininhaber. Der Schweizer Rat für Wiederbelebung empfiehlt, dieses Wissen alle zwei Jahre aufzufrischen. "Die Praxis ist wichtig", sagt Meier. "Wer sich sicher fühlt, ist eher bereit zu helfen."

Unterstützung bietet etwa das Buch „Erste Hilfe leisten – sicher handeln“, das im Sommer 2014 beim Careum Verlag Zürich (ISBN 978-3-03787-179-9) erschienen ist. Das Gemeinschaftswerk verschiedener Schweizer Rettungsorganisationen gibt eine Übersicht über erste Hilfemassnahmen in Notfallsituationen.

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