Wie gefährlich ist der Glyphosat wirklich? Müssen die Menschen befürchten, durch Aufnahme des chemischen Unkrautvernichtungsmittels an Krebs zu erkranken und in der Folge daran zu sterben? Auch mehr als 800 Studien liefern kein eindeutiges Ergebnis, sondern lassen Interpretationsspielraum. Das Problem ist der private Gebrauch.
Der Chemiekonzern Bayer hat am Freitag die Zusammenfassung von mehr als 300 Studien zu dem umstrittenen Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat online gestellt. Die Veröffentlichung ist Teil der Transparenz-Initiative des Konzerns, wie Bayer mitteilte.
Bayer muss Vertrauen zurückgewinnen
Das Vertrauen in die wissenschaftliche Integrität des Pflanzenschutzes ist für uns von zentraler Bedeutung", erklärte Vorstandsmitglied Liam Condon. Der Grünen-Experte Harald Ebner sagte, der Konzern sei "deutlich zurückgerudert" bei seinen Aussagen.
Bayer konzentriere sich bei der Veröffentlichung der Studien zu Glyphosat auf Sicherheitsstudien, die im Rahmen des Zulassungsverfahrens für Pflanzenschutzmittel der EU eingereicht worden seien, erklärte der Konzern.
Auf der Seite cropscience-transparency.bayer sind auf Englisch Zusammenfassungen von Studien zu den Themen Rückstände, Umweltverhalten, Toxikologie und Ökotoxikologie zu finden.
Ergebnisse ab 2019 auch auf Deutsch
Auf Deutsch sollen sie kommendes Jahr zugänglich sein, wie ein Sprecher AFP sagte. Dann will Bayer auch deutlich umfangreichere Studien veröffentlichen.
Bayer hat den US-Saatgutkonzern Monsanto für rund 54 Milliarden Euro gekauft, der in den USA in einem Zivilprozess in erster Instanz zu einer Schadenersatzzahlung verurteilt wurde.
Die Jury urteilte, glyphosathaltige Unkrautvernichtungsmittel wie Roundup und RangerPro hätten "wesentlich" zur Krebserkrankung des Klägers beigetragen, eines früheren Hausmeisters. Monsanto legte Berufung ein. Weitere 9300 Klagen gegen Monsanto sind in den USA anhängig.
Bayer betont stets, der Konzern sei "davon überzeugt, dass Glyphosat bei sachgerechter Anwendung ein wirklich sicheres Präparat ist".
Kein Satz darf interpretierbar sein
Im Geschäftsbericht zum dritten Quartal änderte der Konzern seine Angaben zu dazu vorliegenden Studien leicht ab - nach Angaben eines Sprechers, um auszuschliessen, dass der betreffende Satz anders interpretiert werden könnte.
Der Konzern erklärt aktuell, "mehr als 800 Zulassungsstudien für die US-Umweltschutzbehörde (EPA) sowie für europäische und andere Aufsichtsbehörden kommen zu dem Ergebnis, dass diese Produkte bei sachgerechter Anwendung sicher sind".
Mehr als 800 Studien sprechen für Glyphosat
Im Bericht zum zweiten Quartal hiess es noch, mehr als 800 wissenschaftliche Studien sowie Aufsichtsbehörden weltweit hätten bestätigt, dass Glyphosat nicht krebserregend und dass die bestimmungsgemässe Anwendung sicher sei.
Der Unternehmenssprecher stellte klar, dass bei der EPA mehr als 800 Studien eingereicht worden seien, die sich auf die Gesundheit von Menschen oder Säugetieren beziehen.
Darüber hinaus sei die EPA 2017 in einer Bewertung des Krebsrisikos, in der 121 Studien geprüft worden seien, zu dem Schluss gekommen, dass Glyphosat "für Menschen wahrscheinlich nicht krebserregend" sei. Die "tageszeitung" hatte Bayer falsche Angaben vorgeworfen; tatsächlich gebe es nur rund 50 Studien zum Krebsrisiko.
Grüne: "Glyphosat nicht unbedenklich"
Ebner sagte dazu, Bayer rudere "deutlich zurück bei den Aussagen zu Glyphosat, Krebs und Anzahl von Studien", bleibe aber kreativ im Umgang mit Studienergebnissen.
Zwar seien tatsächlich rund 800 Studien in die Glyphosat-Bewertung der Behörden eingeflossen, allerdings kämen nicht alle zu dem Schluss, dass Glyphosat unbedenklich sei.
Zwischen generell "unbedenklich" und "sicher bei Verwendung entsprechend der Anwendungshinweise" bestehe zudem ein himmelweiter Unterschied, fuhr Ebner fort. Gerade bei Privatanwendern könne eine sachgemässe Anwendung nicht sichergestellt werden. © AFP
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