- Erst vor wenigen Tagen unterzog sich die ehemalige GNTM-Kandidatin Theresia Fischer zum zweiten Mal einer kosmetischen Beinverlängerung.
- Nachdem sie sich in der Vergangenheit die Oberschenkel um acht Zentimeter strecken liess, sind nun die Unterschenkel dran: Die 1,78 Meter grosse Wahlhamburgerin erhofft sich dadurch weitere sechs Zentimeter mehr Körperlänge.
- Wie so eine Spezial-OP genau funktioniert, für wen sie geeignet ist und was man dabei alles beachten sollte, erklärt der Leiter des Bein- und Fusszentrum Bayern Dr. Guido Köhne im Interview.
Herr Dr. Köhne, welche Patienten lassen Beinverlängerung durchführen? Für wen ist das gedacht?
Dr. Köhne: Da müssen wir zunächst unterscheiden zwischen medizinisch notwendigen OPs und den kosmetischen. Medizinische Gründe, sich die Beine zu verlängern, sind zum Beispiel angeborene, verkürzte, unterschiedlich lange Beine oder die Verkürzung einer Extremität durch einen Unfall. Bei Kleinwüchsigkeit mit einer Körpergrösse unter 1,40 Meter besteht ebenso eine medizinische Indikation zur Beinverlängerung. Eine kosmetische Beinverlängerung hingegen wird eher von Patienten angefragt, die sich zu klein fühlen, darunter leiden und deswegen eine beidseitige Beinverlängerung wünschen. In der Regel kommen zu uns kaum Frauen; vielmehr sind es Männer, die unglücklich mit ihrer Körpergrösse sind. Meist sind sie zwischen 20 und 30 Jahre alt – ein ideales Alter für diese OP, weil in dieser Lebensphase die Knochenbildung am besten ist.
Wie muss man sich so eine Beinverlängerungsoperation denn genau vorstellen?
Dr. Köhne: Um den Knochen zu verlängern, führen wir einen Marknagel über einen 1,5 Zentimeter langen Schnitt an der Hüfte oder am Knie in den Knochen ein. Der Nagel ist rund 25 Zentimeter lang und wird am Knochen mit Schrauben fixiert. Zuvor durchtrennen wir dafür den Oberschenkel- beziehungsweise Unterschenkelknochen. Der Nagel kann später magnetisch oder mechanisch verlängert werden. Dadurch wird der Knochen auseinandergezogen, in der Regel täglich um einen halben bis einen Millimeter. Im Zwischenraum bildet sich neue Knochenmasse. Diese verknöchert im Laufe der Zeit. Muskeln und Sehnen wachsen dabei automatisch mit.
Wie viel grösser kann man maximal durch eine Beinverlängerung werden?
Dr. Köhne: Am Oberschenkel würde ich aus proportionalen Gründen bei der kosmetischen Beinverlängerung zu maximal sechs Zentimetern raten. Viele sind schon nach vier oder fünf Zentimetern zufrieden und hören dann auf. Wer sich zehn Zentimeter und mehr wünscht, dem rate ich, sich zusätzlich zeitversetzt am Unterschenkel operieren zu lassen. Nicht jeder Grössenwunsch ist erfüllbar oder ärztlich anzuraten, manche Menschen musste ich auch schon wieder wegschicken.
Wie viel kostet eine ästhetische Beinverlängerungsoperation?
Dr. Köhne: Sie kann zwischen 50.000 und 100.000 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer kosten, je nachdem ob man nur die Ober- oder auch die Unterschenkel verlängert. Da der Eingriff ästhetisch ist, also medizinisch nicht notwendig, müssen Patienten die Kosten dafür selbst tragen. Der Hauptanteil der Kosten entsteht durch die Nägel, weitere Kosten entstehen durch die Krankenhausaufenthalte und die sehr aufwendige ärztliche Betreuung. Medizinisch dringend notwendig ist die persönliche Nachbehandlung durch den Operateur. Hierbei wird die Knochenbildung durch Röntgenaufnahmen und der Dehnungszustand der Weichteile kontrolliert. Am Schluss folgt noch ein Klinikaufenthalt. Bei diesem werden die Nägel schliesslich entfernt.
Lohnt sich da überhaupt ein Preisvergleich?
Dr. Köhne: Unbedingt. Bei den Marknägeln muss man sich genau beraten lassen, da es viele unterschiedliche Nägel gibt und entsprechend unterschiedliche Preise. Wichtig ist, dass es sich um zertifizierte Medizinprodukte handelt. Interessierte sollten jedes Angebot genau prüfen und schauen, was alles an Leistungen inklusive ist und ob die Nachbehandlung vernünftig kalkuliert ist. Ohne die geht es nämlich nicht.
Was geben Sie bei Beinverlängerungs-OPs im Ausland zu bedenken, die ja oft günstiger sind?
Dr. Köhne: Im Ausland wird öfter das Fixateur-Verfahren angewendet. Es ist günstiger, weil es die Knochen von aussen durch die Haut fixiert, aber auch veraltet. Davon rate ich dringend ab. Aber auch bei modernen OP-Verfahren gebe ich zu bedenken, dass für die anschliessende Verlängerung und Verknöcherung in der Regel bis zu zwei Monate Hotelaufenthalt mit eingerechnet werden müssen. Ausserdem hängt der Erfolg des Eingriffes massgeblich davon ab, wie gut der Patient nach der OP dehnt, und von regelmässigen Nachkontrollen. Die können sich bis zu 1,5 Jahre hinziehen. Das lassen viele ausser Acht. Zu mir kommen häufig Patienten, die im Ausland operiert wurden und deren Beinverlängerung wegen unzureichender Nachbehandlung einer Korrektur bedarf.
Wie lange dauert die Reha und ab wann kann man sich wieder uneingeschränkt bewegen?
Dr. Köhne: Ab wann der Patient wieder alles machen kann, hängt davon ab, um wie viel Zentimeter die Beine verlängert wurden. Wenn Sie z.B. 1,5 Monate lang verlängern, brauchen Sie drei Monate, bis der Knochen fest ist. Entscheidend ist auch, wie gut gedehnt wurde und der Knochen sich entwickelt. Danach können Sie zuhause beginnen, wieder Sport zu machen, etwa auf dem Heimtrainer. Die Belastungen sollten Sie dann Schritt für Schritt erhöhen. Wenn der Nagel nach einem Jahr oder 1,5 Jahren entfernt wird, sollten Sie noch ein paar Wochen etwas vorsichtiger sein, am besten z.B. nicht aus grosser Höhe herunterspringen. In bis zu einem Prozent der Fälle kommt es vor, dass der Knochen in dieser Phase bricht. Aber auch das ist abhängig von der Wahl des Nagels und des Nageldurchmessers.
Mit welchen Risiken ist eine ästhetische Beinverlängerung verbunden?
Dr. Köhne: Zum einen kann sich die Stelle der Haut, an der der Schnitt ansetzt, infizieren. Später im Verlängerungsprozess und auch danach ist das Dehnen sehr wichtig. Wer nicht richtig dehnt, für den wird das künstliche Wachsen schmerzhaft. Wenn ich da keine Mitarbeit sehe, breche ich auch schon einmal die Verlängerung ab. Bedenken Sie: Eine OP am Oberschenkel ist wie ein Halbmarathon, zwei OPs zusammen sind wie ein Marathon. Das entsprechend intensive Dehnen ist einfach das A & O.
Wie schmerzhaft ist eine Beinverlängerung?
Dr. Köhne: Je nach Schmerzempfinden nehmen die Patienten in den ersten Tagen nach der OP Schmerzmittel; die Verlängerung an sich empfinden sie als sehr unterschiedlich schmerzhaft. Wer viel dehnt, vermeidet, dass das Wachsen weh tut. Wenn es dennoch schmerzt, kann man die tägliche Verlängerung auch etwas reduzieren. Ich prüfe übrigens vor der OP genau, ob sich ein Patient dehnen kann. Das ist absolute Grundvoraussetzung.
Warum ist ein psychiatrisches Gutachten erforderlich?
Dr. Köhne: Patienten brauchen das nicht unbedingt, aber ich schliesse Patienten aus, die Medikamente wegen einer psychischen Krankheit nehmen oder in psychiatrischer Behandlung sind. Der Grund ist einfach: Die Beinverlängerung ist langwierig, da ist es wichtig, dass jemand auch psychisch fit ist und durchgängig motiviert mitmacht und es durchzieht. Wichtig ist auch zu klären, ob der Grund für den Wunsch nach einer Beinverlängerung tatsächlich in der geringen Körpergrösse liegt, oder ob die Motivation aufgrund einer psychischen Erkrankung vorliegt. Im Zweifel sollte ein Facharzt ein psychiatrisches Gutachten durchführen.
Manche Ihrer Kollegen sind der Ansicht, die Beinverlängerung sei der härteste Eingriff, den es in der plastischen Chirurgie gibt. Wie sehen Sie das?
Dr. Köhne: Das sehe ich nicht so. Ein Gesicht zu rekonstruieren, das stark verletzt ist, ist doch viel komplexer. Beinverlängerung ist vielmehr eine Erfahrungssache. Ich mache das seit zwölf Jahren, davor war ich auch schon zwölf Jahre in der Ausbildung. Man muss den Eingriff am besten schon 30 bis 50 Mal unter Anleitung gemacht haben, bevor man eigenständig loslegt. Fragen Sie deshalb unbedingt den Arzt oder die Ärztin vorab, wie oft er oder sie schon Beinverlängerungen durchgeführt hat. Bei mir sind es mittlerweile über 500 Beinverlängerungs-OPs.
Wie kamen Sie dazu, Beinverlängerungen anzubieten?
Dr. Köhne: Das lag einfach an der Nachfrage. Ich habe ja schon viele Jahre medizinische Beinverlängerungen durchgeführt.
Als mich dann immer mehr Menschen fragten, ob ich nicht auch im ästhetischen Bereich operieren kann, weil sie für die Beinverlängerung nicht ins Ausland gehen wollten, habe ich mich schliesslich dazu entschieden.
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