Vor dem Schlafen nochmal auf das Handy schauen – diese Routine ist für viele Menschen selbstverständlich. Dabei belegen Studien, dass wir durch das LED-Licht der Bildschirme oftmals schlechter schlafen. Damit nicht genug: Das blaue Lichtspektrum kann noch viele weitere schädliche Auswirkungen auf unsere Gesundheit haben.
Viele Menschen verbringen einen Grossteil ihres Tages jobbedingt vor dem Computer. Zwischendurch kommt immer wieder das Smartphone zum Einsatz. Abends wartet schon der Fernseher, und vor dem Schlafen wird nochmal kurz das Handy gecheckt – Tag für Tag wird so aus nächster Nähe durchgehend auf erleuchtete Bildschirme geschaut.
Die Folge: Immer mehr Menschen klagen über gereizte Augen. Denn blickt man konzentriert auf einen Bildschirm, blinzelt man automatisch weniger. Durch die niedrigere Lidschlagfrequenz kann sich der Tränenfilm im Auge nicht mehr gleichmässig verteilen und die Augen trocknen aus.
Doch der permanente Blick auf Bildschirme könnte noch weitaus schwerwiegendere Folgen haben. Schuld daran ist neuesten Forschungen zufolge das blaue Licht, das von LED-Beleuchtung ausgeht.
Was ist blaues Licht?
Displays von Handys, Tablets und Co. werden heutzutage vorwiegend von Leuchtdioden, sogenannten LEDs (light-emitting diode) hinterleuchtet. Im Vergleich zu klassischen Glühbirnen verbrauchen LEDs deutlich weniger Energie und sind günstiger. Deshalb kommen sie nicht nur in Bildschirmen zum Einsatz, sondern beispielsweise auch in Lampen, Scheinwerfern oder Werbeplakaten.
Rund 73 Prozent der Haushalte nutzen aktuell LEDs als Innenraumbeleuchtung - nach dem Aus der Glühlampe und dem schrittweisen Verschwinden der Energiesparlampe ist ihr Marktanteil in den letzten zehn Jahren von 1,4 Prozent auf 61 Prozent gestiegen. Auch in Taschenlampen und einigen Spielsachen sind sie zu finden.
LED-Beleuchtung ist daher aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Doch um weisses, helles Licht zu erzeugen, mischen LEDs blaue und gelbe Lichtanteile miteinander. Der Anteil im blauen Spektralbereich ist dabei besonders hoch und energiereich. Ansonsten wäre beispielsweise die Darstellung auf Displays massiv rot-, grün- oder gelbstichig.
Die weite Verbreitung von LEDs und unser wegen ständiger Nutzung von Bildschirmen verändertes Sehverhalten bewirken, dass wir blauem Licht heute wesentlich stärker ausgesetzt sind als früher. Doch im Gegensatz zu anderen Lichtformen, die im vorderen Augenbereich absorbiert werden, kann "Blaulicht" aufgrund seines Spektrums fast ungefiltert durch das Auge auf die Netzhaut dringen.
Schwerwiegende Schäden an den Augen
Dies bleibt nicht immer folgenlos: Immer mehr Studien warnen vor den gesundheitlichen Auswirkungen von "Blaulicht". Forscher der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin fanden beispielsweise heraus, dass blaues Licht chemische Reaktionen im Auge auslöst und dadurch das Gewebe schädigen kann. Laut ihrer Studie kann, wer absichtlich aus kurzer Distanz länger als zehn Sekunden direkt in das Licht einer LED-Diode schaut, seine Netzhaut gefährden.
"Gerade der energiereiche Teil des Lichtspektrums, zu dem die Farbe Blau zählt, kann Schäden am Auge verursachen", bestätigt auch Inge Paulini, die Präsidentin des Bundesamts für Strahlenschutz
Forscher der französischen Lebensmittel- und Umweltbehörde ANSES kamen zum gleichen Ergebnis. Ihre Studie belegt die Schädigung von Netzhautzellen durch LED, was wiederum eine verminderte Sehschärfe zur Folge haben könnte.
Dabei wurde gezielt zwischen kurzzeitiger Nutzung von LED-Licht mit hoher Intensität und einer dauerhaften Nutzung von Lichtquellen mit geringer Intensität unterschieden. Eine dauerhafte Nutzung von LED-Licht mit geringer Stärke sei zwar weniger gefährlich, könne aber die Alterung des Netzhautgewebes beschleunigen und zu einer Verschlechterung der Sehschärfe führen.
Schlaflos durch die Nacht mit LED-Licht
Laut dem Bericht von ANSES besteht jedoch kein Risiko für Augenschäden durch LED-Bildschirme von Smartphones oder Laptops. Allerdings könnte die Beleuchtung der Bildschirme Auswirkungen auf den Schlafrhythmus haben.
Dass blaues Licht unseren natürlichen Schlaf-Wach-Rhythmus beeinflusst, wurde bereits in zahlreichen Studien untersucht und nachgewiesen. Insbesondere zu viel "Blaulicht" am Abend und in der Nacht kann dazu führen, dass die nächtliche Ausschüttung des auch als "Schlafhormon" bezeichneten Melatonins unterdrückt wird.
Dadurch wird die innere Uhr gestört und es kann eine seelische Unruhe entstehen, die zu Schlafstörungen führen kann. Den französischen Wissenschaftlern von ANSES zufolge erhöht sich die Gefahr für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und manche Krebsarten, da ein Mangel an Melatonin dazu führt, dass DNA-Schäden in den Zellen schlechter repariert werden.
Stärkere Hautalterung durch blaues Licht
Das hochenergetische Licht stört nicht nur die Melaninproduktion, es kann sich – ähnlich wie UV-Strahlung – auch negativ auf die Hautgesundheit auswirken, warnen Experten. Sie sprechen hier von "Digital Aging" oder "Indoor-Smog": Studienergebnisse der "University of New Mexico" oder der Forschungsgruppe des Pharmakonzerns Lipo Chemicals konnten nämlich nachweisen, dass Blaulicht vermehrt die Bildung freier Radikale in der Haut auslöst.
Freie Radikale werden insbesondere auch durch Zigarettenrauch, UV-Strahlung, Stress oder Luftverschmutzung gebildet. Diese Sauerstoffmoleküle schädigen Zellen und Gewebe in der Haut. Frühzeitige Hautalterung, Spannungsverlust und Hyperpigmentierung sind die Folge.
Was hilft gegen zu viel blaues Licht?
Um die Belastung durch "Blaulicht" zu reduzieren, gibt es einfache Mittel. Bevorzugen Sie grundsätzlich warmweisse LEDs. Denn: Die Industrie hat bereits auf die Entwicklungen der Forschung reagiert. So wurde der Blaulichtanteil bei vielen LEDs zur Raumlichtbeleuchtung zugunsten eines wärmeren Lichts reduziert.
Inge Paulini vom Bundesamts für Strahlenschutz erklärt dazu: "Wichtig bei der Beleuchtung ist die Lichtfarbe. Je wärmer das Licht, desto geringer der Blaulichtanteil." Sie rät ausserdem explizit dazu, Lampen grundsätzlich so anzubringen, dass man nicht direkt in das Leuchtmittel hineinsehen kann.
Wer seine Augen zusätzlich schützen möchte, legt regelmässige Bildschirmpausen ein, damit sich die Netzhaut wieder regenerieren kann. Über die Bildschirm-Darstellung lassen sich die Blautöne herunterregeln und der Gelbanteil erhöhen, etwa durch spezielle Modi wie beispielsweise einen bereits vorinstallierten Nachtmodus.
Dieser ist auch auf vielen Smartphones verfügbar, alternativ gibt es spezielle Filterapps, die den Blaulichtanteil gezielt senken. So kann die Belastung gerade an Bildschirmarbeitsplätzen und bei jedem Blick aufs Handy reduziert werden. Experten raten auch dazu, direkt vor dem Zubettgehen grundsätzlich nicht mehr auf LED-Bildschirme von Handys und Laptops zu schauen.
Zusätzlich werden mittlerweile spezielle Brillengläser im Handel angeboten, die einen integrierten Blaulichtfilter haben. So können die gefährlichen Farbtöne direkt herausgefiltert und die Augen geschont werden.
Verwendete Quellen:
- Ärzte Zeitung: Wenn blaues Licht den Schlaf raubt
- Bundesamt für Strahlenschutz
- Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin: Photobiologische Sicherheit von Licht emittierenden Dioden (LED)
- Science Direct: Reflections on smart phones, tablets, and ultraviolet (UV) light: Should we worry?: An observational study
- Global Cosmetic Industy: Liposhield® HEV Melanin: Protection from the adverse effects of High Energy Visible (HEV) Light
- c't - Magzin für Computertechnik: Blaulicht bei Smartphone-Displays: Ernstzunehmende Sirene oder Fehlalarm?
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