Der Body-Mass-Index galt lange als bewährtes Mass für ein gesundes Gewicht. Eine grössere Rolle spielen jedoch die Verteilung des Fetts am Körper und die Lebensgewohnheiten.
Der Zusammenhang zwischen Lebensdauer und Körpergewicht wird von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern bis heute diskutiert. Ein wichtiger Faktor für die Beurteilung ist der Body-Mass-Index, der beschreibt, ob eine Person untergewichtig, normalgewichtig, übergewichtig oder fettleibig ist. Studien zufolge lässt sich an den errechneten Werten allein jedoch nicht erkennen, ob ein Mensch gesund ist oder nicht.
BMI dient der Gewichtsklassifikation und hat Schwächen
Der Body-Mass-Index – kurz BMI – geht auf den belgischen Mathematiker Adolphe Quetelet zurück, der von 1796 bis 1874 lebte. Der Wert berechnet sich aus dem Quotienten aus Körpergewicht und Körpergrösse zum Quadrat:
Body-Mass-Index = Körpergewicht [kg] / Quadrat der Körperlänge [m2]
Der BMI wird als Mass für die Beurteilung des Körpergewichts verwendet und dient der Gewichtsklassifikation. "Das Ausmass des Übergewichts kann durch eine Berechnung des BMI relativ einfach bestimmt und in unterschiedliche Übergewichtskategorien eingestuft werden", erklärt Diplom-Oecotrophologin Silke Restemeyer von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.V. in Bonn. Übergewicht bei Erwachsenen ist definiert bei einem BMI ab 25, Adipositas beginnt bei einem Körpermasseindex von 30.
Die Grenzwerte für den BMI sind altersabhängig. Ab einem Alter von 64 Jahren befindet sich der optimale BMI in einem Bereich zwischen 24 und 29, ab einem BMI von 29 liegt Übergewicht vor. "Bei Kindern und Jugendlichen werden nach Alter und Geschlecht eingeteilte BMI-Perzentilen empfohlen, da das Wachstum noch nicht abgeschlossen ist", erklärt Silke Restemeyer. "Übergewicht ist definiert als ein Gewicht über der 90. Perzentile, das bedeutet, dass 10 Prozent der Gleichaltrigen schwerer und 90 Prozent leichter sind." Bei einem Gewicht über der 97. Perzentile spricht man von Adipositas.
Um das optimale Körpergewicht zu ermitteln, hat sich der BMI als international gültiges Referenzmass durchgesetzt. Er gibt eine gute Orientierung, reicht aber für die Gesamtbeurteilung einer Person allein nicht aus.
"Der Body-Mass-Index (BMI) hat verschiedene Limitationen", weiss Jens Aberle, Präsident der Deutschen Adipositas-Gesellschaft und Facharzt für Innere Medizin, Endokrinologie und Diabetologie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. "So berücksichtigt er beispielsweise nicht die Fettverteilung am Körper oder die Muskelmasse."
Aus medizinischer Sicht haben Menschen mit einem BMI zwischen 25 und 30 Übergewicht. Dies muss sich jedoch nicht unbedingt negativ auf die Gesundheit auswirken. Verschiedene Studien zeigen, dass ein BMI in dieser Höhe keinen grossen Einfluss auf die Lebenserwartung und unterschiedliche Erkrankungen haben muss. Wichtig ist es daher, weitere Faktoren zu betrachten. Problematisch wird es insbesondere, wenn neben dem Übergewicht auch Erkrankungen wie Diabetes bestehen.
Unstrittig unter Fachleuten ist hingegen, dass sich deutliches Übergewicht negativ auf die Gesundheit und die Lebenserwartung auswirken kann. Wer einen BMI über 30 hat, gilt als adipös. Je ausgeprägter die Adipositas ist, desto grösser ist das Risiko für Folgeerkrankungen.
Birnentyp gesünder als Apfeltyp
Der BMI lässt viele Faktoren ausser Acht. So geht in die Berechnung nur das Gesamtgewicht des Körpers ein und nicht, woraus er besteht. Da Muskeln schwerer sind als Fettgewebe, haben trainierte Menschen einen höheren BMI. Ihr aktiver Lebensstil wirkt sich jedoch positiv auf die Gesundheit aus.
Eine wichtige Rolle spielt auch das Fettverteilungsmuster, das vom BMI ebenfalls nicht berücksichtigt wird. "Sitzen die überflüssigen Kilos am Bauch, dann wird es gefährlich", betont Silke Restemeyer. Harmloser sind zumeist Fettpolster am Gesäss oder an den Oberschenkeln, wie das oftmals bei Frauen auftritt. "Der 'Birnentyp' ist also besser als der 'Apfeltyp'." Messen lässt sich das über den Taillenumfang.
Ab einem Taillenumfang von 80 cm bei der Frau und 94 cm beim Mann steigt das Risiko für Diabetes und Herz-Kreislauf-Krankheiten an. Der Grund: Das im Bauchraum abgelagerte Fett wirkt sich stärker auf den Stoffwechsel aus als Fett an anderen Körperstellen. Ein Bauchumfang von über 102 Zentimetern bei Männern und 88 Zentimetern bei Frauen gilt als gesundheitlich bedenklich. Auch die sogenannte Waist-To-Height-Ratio gibt Auskunft darüber, wie sich das Körperfett verteilt. Durch das Verhältnis von Taillenumfang und Körpergrösse lässt sich besser einschätzen, ob ein gesundheitliches Risiko durch Übergewicht besteht oder nicht.
Bewegung wichtig für die Gesundheit
Wenn der Taillenumfang erhöht ist, sollten Personen ärztlichen Rat einholen. Ärztinnen und Ärzte können überprüfen, ob weitere Risikofaktoren für Herz-Kreislauf- und Stoffwechselkrankheiten vorliegen und bestimmen dazu unter anderem Blutdruck, Blutzucker und Blutfette.
Einen wichtigen Einfluss auf das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen haben auch eventuelle Vorerkrankungen, familiäre Veranlagung und der persönliche Lebensstil. So weisen Raucher oftmals ein geringeres Körpergewicht auf, leben aber trotzdem ungesund und haben Studien zufolge eine höhere Sterblichkeit. Auch regelmässige Bewegung wird vom BMI nicht berücksichtigt, obwohl sie die Wahrscheinlichkeit einer Erkrankung senken kann. Gut trainierte Menschen mit leichtem Übergewicht sind daher oftmals gesünder als schlanke Bewegungsmuffel.
Den Menschen ganzheitlich betrachten
In der Medizin ist der BMI weiterhin ein wichtiger Indikator. "Trotz dieser Limitationen bleibt der BMI aus medizinisch-wissenschaftlicher Sicht ein wertvolles Instrument zur Diagnosestellung, Beurteilung des Therapieverlaufs und auch für Messungen auf Bevölkerungsebene", betont Prof. Dr. Jens Aberle von der Adipositas-Gesellschaft. "Der BMI ist eng mit Sterblichkeit und Folgeerkrankungen wie Typ-2-Diabetes oder Bluthochdruck assoziiert."
Insbesondere extrem hohe oder sehr niedrige BMI-Werte stellen in den meisten Fällen ein gesundheitliches Risiko dar. Doch auch bei Personen mit einem BMI zwischen 25 und 30 sollten weitere Faktoren betrachtet werden. "Um das individuelle Risiko für Folgeerkrankungen genauer zu bestimmen, kann der BMI durch Messungen des Bauchumfangs oder der Waist-to-Height Ratio ergänzt werden."
Verwendete Quellen:
- Interview mit Silke Restemeyer von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.V. in Bonn
- Schriftliche Anfrage an Prof. Dr. Jens Aberle von der Deutschen Adipositas-Gesellschaft
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