Wer über Jahre viele Stunden am Tag sitzend arbeitet, entwickelt oft eine gekrümmte Körperhaltung. Die sieht nicht nur unschön aus, sondern führt mittelfristig auch zu Schmerzen und Schäden. Wir haben einen Experten nach seinen besten Tipps gefragt, um dem Bürorücken mit wenig Aufwand entgegenzuwirken.
Der Rücken wird immer runder, die Schultern sinken nach vorne und unten, dadurch neigt sich der Kopf immer mehr in den Nacken: So sieht die Körperhaltung vieler Menschen aus, die jahrelang acht Stunden täglich am Schreibtisch sitzen und nicht genug Zeit für ausgleichenden Sport finden.
Wer keine Lust hat, jede Woche mehrere Stunden im Fitnessstudio zu schwitzen, kann mit einfachen Übungen seine Haltung verbessern und dem unschönen und mittelfristig auch schmerzhaften Bürorücken entgegenwirken.
Was passiert im Körper durch lange Schreibtischarbeit?
Menschen, die jahrelang viele Stunden täglich am Schreibtisch verbringen, entwickeln oft eine Fehlhaltung. "Das kommt dadurch, dass sie den Ansatz und den Ursprung bestimmter Muskeln, insbesondere derjenigen Muskeln, die vorne an der Körperfront sind, nicht ausreichend in die Länge ziehen", sagt Prof. Ingo Froböse von der Deutschen Sporthochschule in Köln.
"Weil die Beine gebeugt sind und ich eine fast vorgeneigte Position habe, wird sich auch die gerade Bauchmuskulatur abschwächen", erklärt der Sportwissenschaftler. Dadurch können sich die Muskeln auf Dauer verspannen, verkleben oder sogar verkürzen.
Die Arme werden während der Schreibtischarbeit ständig vor dem Körper gehalten. Die Brustmuskulatur schwächt sich ab. Die Schultern fallen nach vorne unten, es bildet sich der typische Rundrücken.
"Durch die nach vorne geneigte Haltung schiebe ich im nächsten Schritt meist auch das Kinn zu weit nach vorne, so dass sich der Kopf nicht mehr in einer Achse mit der Wirbelsäule befindet", so Froböse. Das wiederum führe meist zu einer zusätzlichen Irritation und Verspannung der Muskulatur in Schultern und Nacken.
Ausserdem wirkt sich die Schreibtischarbeit negativ auf die Hüftgelenke aus. Diese sind beim Sitzen ständig gebeugt. "Somit werden die auf das Hüftgelenk und den Oberkörper einwirkenden Muskeln, die ja auch aus dem Bein und der Hüfte kommen, ebenfalls nicht mehr in die Länge gezogen und geschwächt", sagt der Experte. Beispielsweise verliere der Musculus iliopsoas, der Hüftbeuger, dadurch viel an Funktion, was sich wiederum negativ auf den Rücken auswirke.
Übungen für eine gesunde Körperhaltung
Um einem Rundrücken entgegenzuwirken, ist eine Kombination aus Dehnung, Entspannung und Kräftigung erforderlich. "Wir brauchen alle Drei", betont Froböse.
Allgemein gilt: Dehnübungen sollten in der Regel zehn Sekunden lang gehalten werden. Hier reichen bereits ein bis zwei Wiederholungen. Kräftigungsübungen sollte man so lange wiederholen, bis der Muskel zu brennen anfängt. Man sollte eine Ermüdung spüren.
1. Bauchmuskulatur dehnen
Ziel ist es, die geschwächte und verkürzte Bauchmuskulatur in die Länge zu ziehen. Aufrecht auf dem Stuhl sitzend die Arme in Hochhalte nehmen – das heisst, über den Kopf strecken. In dieser Position so weit nach hinten lehnen, wie möglich. Das dehnt fast die gesamte Frontpartie.
2. Drehsitz
Aufrecht auf einem Stuhl sitzen. Den Oberkörper zur rechten Seite drehen, zur Verstärkung der Rotation den rechten Arm hinter die Stuhllehne führen und gegen die Lehne halten und so die Brustmuskulatur aufdehnen. Die Übung anschliessend zur linken Seite wiederholen.
Im folgenden Video bekommen Sie den Drehsitz gezeigt:
3. Seitenneigung
Hier sollen die Flanken und die schrägen Bauchmuskeln gedehnt werden. Aufrecht auf einem Stuhl sitzen. Oberkörper zur Seite neigen, bis der Arm den Boden berührt.
Der Blick bleibt nach vorne gerichtet. Wieder aufrichten. Den Ablauf zur anderen Seite wiederholen.
Die Übung kann auch im Stehen ausgeführt werden. Dann sollten die Arme seitlich so weit nach unten geführt werden, wie es die Beweglichkeit erlaubt.
4. Dehnung und Kräftigung des Hüftbeugers
Aufrecht sitzen. Die Füsse, Unterschenkel und Oberschenkel stehen in der Ausgangsposition jeweils im 90-Grad-Winkel zueinander. Nun ein Bein leicht anheben und zehn Sekunden halten. Übung mit dem anderen Bein wiederholen. Das kräftigt den Hüftbeuger.
5. Schultern und Nacken entspannen
Der Schulter-Nacken-Bereich verspannt oft, lässt sich aber schwer dehnen. Hier führt eine Anspannungsübung zur Entspannung: Aufrecht sitzend beide Schultern bis zu den Ohren hochziehen und dabei die Schulter-Nacken-Muskulatur kräftig anziehen. Drei Sekunden lang halten, dann lösen und die Schultern kurz kräftig nach unten ziehen. Den Ablauf drei bis fünfmal wiederholen. Dadurch wird die Muskulatur besser durchblutet, der Stoffwechsel wieder erhöht und Verspannungen gelöst.
6. Kräftigungsübung für Bauch und Rücken
Aufrecht vorne auf die Stuhlkante setzen. Dann den Oberkörper langsam bis auf die Oberschenkel herunterneigen. Wieder aufrichten und den Oberkörper langsam nach hinten neigen, bis der Rücken leichten Kontakt mit der Rückenlehne hat. Den Ablauf mehrmals wiederholen. Das trainiert den Bauch und die Rückenmuskulatur.
7. Der Hacker
Im Stehen oder aufrecht sitzend die Oberarme nah am Oberkörper halten, die Ellbogen auf 90 Grad anwinkeln. Der Daumen zeigt nach oben. Dann asymmetrisch, also rechts und links abwechselnd, schnelle Hackbewegungen mit den Händen machen. Dreissig Sekunden lang mit hoher Geschwindigkeit wiederholen. Diese Übung verhindere, dass der Rücken in sich zusammenfällt, weil die kleinen, am Wirbelkörper liegenden Muskeln trainiert werden.
Wird die Übung mit angewinkelten Armen ausgeführt, wirkt sie auf die Körpermitte. Wenn mit gestreckten Armen gehackt wird, stärkt das vor allem die hintere, obere Rückenmuskulatur. Froböse empfiehlt, mindestens diese beiden Übungen jeweils für dreissig Sekunden einmal am Tag durchzuführen.
Auch die folgenden Übungen sind bürotauglich:
Verwendete Quellen:
- Gespräch mit Prof. Dr. Ingo Froböse, Universitätsprofessor für Prävention und Rehabilitation im Sport an der Deutschen Sporthochschule in Köln
- Aktion Gesunder Rücken e.V.: Stärke deine Muskeln – bleib Rückenfit
- Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege: Gesunder Rücken
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