Erkenntnisse von Medizinern zeigen, dass Frauen Störungen der inneren Uhr besser wegstecken als Männer. Trotzdem gilt: Wer dauerhaft – beispielsweise wegen Schichtarbeit – gegen die innere Uhr lebt, hat ein höheres Risiko für schwere Erkrankungen.
Frühaufsteher oder Langschläfer: Dass es unterschiedliche Chronotypen gibt, deren innere Uhr für einen individuellen Schlaf-Wach-Rhythmus sorgt, ist bereits hinlänglich bekannt. Der Taktgeber für den jeweiligen Tagesrhythmus hängt allerdings nicht nur davon ab, ob man eine "Lerche" oder "Eule" ist, sondern auch vom Geschlecht. Darauf weisen die beiden Mediziner Garret FitzGerald und Sean Anderson von der US-amerikanischen University of Pennsylvania im Fachmagazin "Science" hin.
Aktuelle Studien mit Tieren und Menschen legten nahe, dass Frauen widerstandsfähiger auf Störungen der inneren Uhr, etwa durch Schichtarbeit oder Zeitzonenwechsel, reagieren, so die beiden Forscher.
Die Mediziner fassen in ihrem Artikel neueste Erkenntnisse der Chronobiologie zusammen. Die Disziplin beschäftigt sich mit den verschiedenen biologischen Rhythmen, denen Menschen unterliegen. Diejenigen Rhythmen, die grob eine Länge von etwa 24 Stunden haben, werden als zirkadiane Rhythmen bezeichnet - ihr wichtigster Vertreter ist der Schlaf-Wach-Rhythmus, der bei jedem Menschen etwas anders eingestellt ist.
Typ verändert sich im Laufe des Lebens
Taktgeber dafür ist die innere Uhr. Sie steuert zahlreiche lebensnotwendige Vorgänge des Körpers, wobei grosse individuelle Unterschiede zu beobachten sind: "Lerchen", also Morgenmenschen, stehen eher früh auf, werden aber auch früher müde, während "Eulen" später am Tag munter sind, allerdings auch länger aktiv bleiben.
Der Chronotyp ist dabei genetisch bedingt, verändert sich indes im Laufe des Lebens. So sind Kinder meist Lerchen und werden als Teenager dann häufig zu Eulen, während ältere Menschen schliesslich wieder zum Lerchen-Rhythmus neigen.
Leben gegen eigenen Rhythmus schadet Gesundheit
Zahlreiche Studien haben in der Vergangenheit bereits gezeigt, wie gesundheitsschädlich ein dauerhaftes Leben gegen die innere Uhr wirken kann, etwa durch einen ständigen frühen Arbeitstags- oder Schulbeginn für Eulen-Typen oder häufige Zeitzonen-Wechsel bei Vielreisenden. Die entsprechende Störung der inneren Uhr wird unter anderem mit kardiometabolischen Erkrankungen, Übergewicht, Krebs und Depressionen in Verbindung gebracht.
Umso wichtiger sei es, so die beiden Mediziner FitzGerald und Anderson, das komplexe System zu verstehen, das den inneren menschlichen Taktgeber beeinflusse. Hier würden neuere Studien mit Menschen und Tieren überzeugende Belege dafür liefern, dass es in der Chronobiologie grosse Unterschiede zwischen den Geschlechtern gebe.
So würde die Forschung nahelegen, dass Frauen gemeinhin resilienter gegenüber Störungen der inneren Uhr sind. Zudem liege ihr Aktivitätshöhepunkt meist früher am Tag als der von Männern. Dies würde zum zirkadianen Rhythmus von Kindern passen, so die beiden Autoren.
Frauen sind weniger empfindlich bei Störungen des Schlafes
Ein weiterer Befund: Frauen hätten im Schlaf längere Tiefschlafphasen und seien weniger empfindlich bei Störungen des Schlafes als Männer. Ein möglicher Grund für diese Unterschiede zwischen den Geschlechtern könnte der "biologische Imperativ" von Frauen sein, schreiben die Wissenschaftler: "Resistenz gegen die negativen Folgen einer zirkadianen Störung in Verbindung mit einem verbesserten Schlaf, selbst wenn nächtliche Störungen auftreten, könnte die Anpassung an häufiges nächtliches Erwachen über einen längeren Zeitraum erleichtern, betrachtet man ihre Hauptrolle bei der Pflege des Nachwuchses."
Gesellschaftliche Zwänge erklärten die unterschiedlichen Taktgeber der Geschlechter dabei nicht hinreichend - vielmehr würden Studien mit Mäusen unter anderem eine entscheidende Rolle von Sexualhormonen und hier vor allem von Östrogen nahelegen.
FitzGerald und Anderson betonen, dass das Risiko durch Störungen des zirkadianen Rhythmus, etwa durch Schichtarbeit, bereits hinreichend bekannt ist - unklar sei indes, inwiefern das Geschlecht jenes Risiko beeinflusse. Dies müsse in Studien genauer untersucht werden. (dpa/kad)
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