- Bislang fehlen Daten zu Impfungen von schwangeren und stillenden Frauen.
- Sie müssen sich deshalb individuell für oder gegen eine COVID-19-Impfung entscheiden.
Impfen oder nicht? Die Frage, die sich gerade viele Menschen stellen, bewegt Frauen, die schwanger sind oder stillen, ganz besonders: Bislang gibt es kaum Daten zu COVID-19-Impfungen in ihrer Situation. Was also tun?
Aktuell sind in Deutschland zwei mRNA-Impfstoffe gegen COVID-19 zugelassen. Schwangere und stillende Frauen können sich mit beiden grundsätzlich impfen lassen. Inwiefern das empfehlenswert ist, hängt nach aktuellem Stand vom Einzelfall ab.
Was ist grundsätzlich rund um eine Schwangerschaft in Zusammenhang mit den Impfungen zu beachten?
Die Empfehlungen beruhen derzeit allesamt auf theoretischen Überlegungen. "Die zugelassenen Corona-Impfstoffe enthalten keine lebenden Viren und können deshalb zumindest theoretisch unbedenklich in der Schwangerschaft angewendet werden", sagt Christian Albring, Präsident des Berufsverbandes der Frauenärzte Deutschland und niedergelassener Frauenarzt in Hannover. "Leider existieren jedoch keine Studien dazu. Wenn mehr Erfahrungen mit den Impfreaktionen vorliegen, wird sich das möglicherweise ändern."
Wie ist der Forschungsstand zur COVID-19-Impfung in Schwangerschaft und Stillzeit?
Die bisherige Datenlage ist entsprechend sehr dünn. "Es gibt noch keine Forschung zur COVID-19-Impfung in der Schwangerschaft", sagt Albring.
"Es gibt nur Frauen, die im Rahmen der klinischen Studien geimpft wurden und bei denen sich im Nachhinein herausgestellt hat, dass sie schwanger waren." Bei diesen Frauen und ihren Babys sind bislang keine Komplikationen aufgetreten. Nach heutiger Datenlage ist es auf jeden Fall nicht notwendig, eine Schwangerschaft wegen einer erfolgten Impfung abzubrechen.
Was ist bei einem Kinderwunsch hinsichtlich der Impfung zu beachten?
Auch hierzu fehlen noch Daten, bislang zeichnen sich aber keine Probleme ab. Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist es nicht nötig, bei einem Kinderwunsch vor der Impfung routinemässig einen Schwangerschaftstest zu machen oder vor der Impfung zu verhüten und eine eigentlich gewünschte Schwangerschaft aufzuschieben.
Bisher gibt es auch keine Hinweise darauf, dass mRNA-Impfstoffe einen Einfluss auf die Fruchtbarkeit haben. Wer sich vor der Schwangerschaft impfen lässt, minimiert das Risiko, in der Schwangerschaft schwer zu erkranken und dadurch beispielsweise eine Frühgeburt zu erleiden.
"Es gibt aus den Tiermodellen, die verpflichtend am Anfang jeder Impfstoff-Entwicklung durchgeführt werden, keinerlei Hinweise darauf, dass die Impfung schädlich sein könnte für die Schwangerschaft und die Nachkommen", sagt Albring. "Deshalb ist bei Vorliegen des Impfstoffes eine Impfung der Eltern mit Kinderwunsch zu empfehlen."
In welchem Fall sollten Schwangere sich impfen lassen?
Ob es sinnvoll ist, sich als Schwangere gegen COVID-19 impfen zu lassen, sollte im Einzelfall betrachtet werden. Die Fachgesellschaften empfehlen, dass Schwangere sich mit ihrem Arzt absprechen und Vorteile und Risiken gegeneinander abwägen. Eine Impfung scheint insbesondere bei Schwangeren mit Vorerkrankungen oder einem hohen Risiko für einen schweren Verlauf von COVID-19 sinnvoll zu sein. Auch wer in seinem Umfeld ein hohes Risiko hat, sich mit dem Coronavirus anzustecken, sollte über eine Impfung nachdenken.
Was sind Risiken für Schwangere, die sich nicht impfen lassen?
Bekannt ist, dass schwangere Frauen, die schwer an COVID-19 erkranken, eine höhere Rate von Frühgeburten haben und sich bei ihnen auch weitere Risiken erhöhen, beispielsweise für eine sogenannte Schwangerschaftsvergiftung (Präeklampsie). Ausserdem ist die Rate von Neugeborenen, die auf der Intensivstation behandelt werden müssen, erhöht, wenn Schwangere an COVID-19 erkranken.
Was bedeutet eine Impfung in der Schwangerschaft für das ungeborene Kind?
Es gibt Hinweise darauf, dass eine Impfung der Mutter auch das Kind schützen kann. Zumindest ist bekannt, dass Antikörper auf das Kind übergehen, wenn die Mutter in der Schwangerschaft eine COVID-19-Infektion durchgemacht hat. Das Kind bekommt auf diese Weise einen sogenannten passiven Schutz gegen COVID-19. Entsprechend könnte auch eine Impfung der Mutter das Kind schützen.
Können sich stillende Frauen impfen lassen?
"Ja, das ist möglich", sagt Albring. Auch hierzu fehlen allerdings bislang noch Daten. Nach bisherigen Erkenntnissen gibt es bei einer COVID-19-Impfung in der Stillzeit kein erhöhtes Risiko für das Kind oder die stillende Frau. Es liegen allerdings noch keine Daten dazu vor, inwieweit die mRNA-Impfstoffe einen Einfluss auf den gestillten Säugling haben oder inwieweit Bestandteile aus der Impfung in die Muttermilch übertreten könnten. Wohl aber gibt es theoretische Überlegungen für die Antikörper, die die Mutter nach der Impfung ausbildet: "Es wird angenommen, dass die Antikörper durch die Muttermilch an das Baby weitergegeben werden, das dann ebenfalls vor einer Infektion geschützt wäre", sagt Albring.
Wann sollte eine stillende Frau sich impfen lassen?
Auch das ist – ähnlich wie bei Frauen in der Schwangerschaft – eine individuelle Abwägung. Die Fachgesellschaften empfehlen eine Impfung vor allem dann, wenn Frauen ein erhöhtes Risiko haben, schwer an COVID-19 zu erkranken. Dazu zählen Frauen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen, chronischen Lungenerkrankungen, Autoimmunerkrankungen, einem geschwächten Immunsystem sowie Diabetes, Bluthochdruck und starkem Übergewicht.
Was sollten Stillende nach der Impfung bedenken?
Im Grunde können Frauen direkt nach der Impfung weiterstillen. Falls sie aber unsicher sind und ganz sichergehen wollen, können sie eine ein- bis dreitätige Stillpause einlegen. Solange ist der mRNA-Impfstoff im Körper der Mutter noch nachweisbar.
Dabei handelt es sich aber um eine persönliche Entscheidung – internationale Empfehlungen sehen keine Notwendigkeit dafür, das Stillen nach dem Impfen zu unterbrechen oder gar ganz abzustillen.
Verwendete Quellen:
- Ärzteblatt.de: Schwangere und ihr Baby können von COVID-19-Impfung profitieren
- Jeffrey M. Kubiak et. al: SARS-CoV-2 serology levels in pregnant women and their neonates
- Robert Koch-Institut: Epidemiologisches Bulletin, Beschluss der STIKO zur 1. Aktualisierung der COVID-19-Impfempfehlung
- Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe: Hinweise zur Impfung von stillenden Frauen gegen SARS-CoV-2
- Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe: COVID-19-Impfung von Schwangeren und Frauen mit Kinderwunsch
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