Bei Reisekrankheiten denken viele zunächst an Malaria. Doch die Gefahr, unterwegs an Dengue-Fieber zu erkranken, ist mittlerweile grösser. So gefährlich ist das "Knochenbrecher-Fieber".

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Beim Dengue-Fieber handelt es sich um eine Virusinfektion, die von vorwiegend tagaktiven Aedes-Mücken übertragen wird. Sie tritt vor allem in den Subtropen auf, wird durch den Klimawandel aber auch abseits dieser immer häufiger.

Die Infizierten erleiden nach einer Inkubationszeit von fünf bis acht Tagen hohes Fieber, Übelkeit und Erbrechen oder Hautausschlag. Hinzu kommen sehr starke Kopf-, Muskel- und Gelenkschmerzen, die zu einem für Dengue typischen, steifen Gang führen können.

Was bei einer Infektion mit dem "Knochenbrecher-Fieber" ausserdem droht und wie man sich schützen kann, erklärt Tomas Jelinek, wissenschaftlicher Leiter des Centrums für Reisemedizin in Düsseldorf.

Durch den Klimawandel tritt das von Mücken übertragene Dengue-Fieber auch in bisher nicht betroffenen Regionen auf. Muss man innerhalb Europas Angst vor Dengue haben?

Wir haben im Sommer auch in Südeuropa Fälle, in den vergangenen Jahren besonders an der Côte d'Azur. Man muss grosses Pech haben, wenn man sich Dengue in Europa holt, aber es ist möglich. Gefährlich wird es, wenn Reisende aus Dengue-Gebieten das Virus in ihrem Blut haben und dann die Mücken bei uns aktiv sind. Werden die Mücken dann infiziert und stechen, kann es auch in Deutschland und Europa zu Dengue-Fällen kommen.

Und global?

Da ist Dengue ein Riesenthema. 2019 war ein schlechtes Jahr mit sehr vielen Fällen weltweit. In Südamerika fand der grösste Ausbruch der Geschichte statt. Brasilien hatte 2,4 Millionen Fälle, vor allem im südlichen Bereich, wo die grossen Städte sind.

Wie ist die Lage in Südostasien?

Die Region ist seit vielen Jahren ein Hotspot für Dengue. Ursprünglich kommen die Asiatische Tigermücke als Überträger sowie die Dengue-Viren aus Südostasien. Auch die Philippinen hatten einen massiven Ausbruch. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO hat man momentan weltweit um die 390 Millionen Fälle im Jahr. Das ist zwar eine grobe Schätzung, aber eine gigantische Zahl.

Dennoch ist vielen Touristen im Gegensatz zu Malaria die Gefahr von Dengue wenig bewusst. Woran liegt das?

Wir beraten grundsätzlich immer zu Dengue. Es gibt wenige Ziele, wo das nicht relevant ist. Ich merke aber auch, dass es viele Reisende nicht kennen. Das ist schade, weil es sich um wichtige Informationen handelt. Auch in der Presse findet Dengue wenig statt, möglicherweise, weil es meist nicht tödlich ist. Dennoch ist die Erkrankung heftig und es bekommen viele. Die Briten nennen Dengue auch "break-bone fever" - "Knochenbrecher-Fieber". Die Schmerzen können so stark sein, dass man das Gefühl hat, die Knochen würden brechen. Es verlaufen aber nicht alle Fälle schwer. Viele machen Dengue durch und merken es nicht. Das ist dann wie eine milde grippale Infektion.

Ist es gefährlicher, ein zweites Mal an Dengue zu erkranken?

Es gibt vier verschiedene Virustypen. Wenn Sie einmal Dengue hatten, sind Sie gegen einen davon immun, können sich aber mit einem der anderen anstecken. Beim zweiten, dritten und vierten Mal besteht ein gewisses Risiko einer Kurzschlussreaktion im Immunsystem, die zu Komplikationen wie inneren Blutungen führt. Beim ersten Mal ist diese Gefahr sehr gering.

Gibt es Gruppen, für die Dengue besonders gefährlich ist?

Es gibt ein Risiko für innere Blutungen und andere Komplikationen, die zum Tod führen können. Global sind besonders kleine Kinder davon betroffen. Das liegt daran, dass Kinder in den Risikogebieten Dengue schon früh bekommen. Häufig hatten sie dann bis zum Erwachsenenalter alle vier Virustypen und sind somit immun. Die tödlichen Fälle durch eine wie vorhin genannte Kurzschlussreaktion bei der Infektion mit dem zweiten, dritten oder vierten Virustyp treten deshalb meist schon im Kindesalter auf. Wenn die Kinder dann in Armut leben und es keinen Zugang zu intensiv-medizinischer Versorgung gibt, sterben sie. Das ist das Tragische. Erwachsene Reisende, die Dengue noch nicht hatten, können genauso bluten. Sie haben dann aber meistens den Zugang zu einer geregelten medizinischen Versorgung und sterben in der Regel nicht. Aber sie können ernsthaft krank werden.

Was sollte man bei einer Erkrankung tun?

Dengue wird anhand eines Bluttests festgestellt. Es kann nur symptomatisch behandelt werden. Man kann Schmerzmittel geben. Bei Komplikationen gibt es im Krankenhaus Blutkonzentrate und Ähnliches.

Sind Spätfolgen zu befürchten?

Es gibt Patienten, die danach eine Schädigung des Sehnervs erlitten. Das ist aber sehr selten. Normalerweise heilt die Krankheit aus und man wird wieder völlig gesund.

Manche Betroffenen berichten, dass sie sich noch lange schlapp und angeschlagen gefühlt haben.

Etwa zehn Prozent der Betroffenen haben nach Dengue ein ausgeprägtes Erschöpfungssyndrom. Das ist wahrscheinlich darauf zurückzuführen, dass das Virus dann eine Entzündung im Gehirn ausgelöst hat. Dann kommt es zu einem Abfall des Botenstoffes Serotonin im Gehirn. Die Patienten zeigen eine andauernde Schlappheit, ähnlich einer Depression. Das ist für diese Patienten sehr frustrierend.

Wie steht es zurzeit um einen Impfstoff?

Es gibt immer wieder Impfstoff-Kandidaten. Das ist aber schwer, weil man einen entwickeln muss, der alle vier Dengue-Typen gleich gut abdeckt. Es gab jetzt einen Impfstoff, der sich aber als wenig effektiv herausstellte. Zurzeit ist ein Impfstoff in der Entwicklung, der mehr verspricht. Er könnte bis zu 80 Prozent Schutz gegen alle Virustypen bieten, was ziemlich gut ist. Die Nachbeobachtung bis zur Zulassung dauert noch circa zwei Jahre.

Gibt es Gebiete, von denen Sie Reisenden abraten würden?

Das machen wir in der Regel nicht. Wenn es einen Ausbruch gibt, raten wir zu sehr gutem Mückenschutz durch lange Kleidung, Sprays, Moskitonetze oder Klimaanlagen. Mehr kann man nicht tun. Um abzuraten, gibt es zu wenig lebensbedrohliche Fälle. Man muss sich einfach darüber klar sein, dass die Mücken, die ja tagaktiv sind, potenziell gefährlich sind.

Über den Experten: Prof. Dr. Tomas Jelinek ist auf die Fachrichtungen Innere Medizin, Tropenmedizin und Infektiologie spezialisiert. Er hat in zahlreichen tropischen Ländern gearbeitet und dabei das Dengue-Fieber unter anderem in Laos, Brasilien und Indien kennengelernt.

Verwendete Quellen:

  • Robert-Koch-Institut: "Epidemiologisches Bulletin Nr.48"
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