Viel Glück! Das wünschen wir uns alle im Leben. Und meist hoffen wir, dass es von aussen kommt. Die neuesten Forschungsergebnisse zeigen, wie viel wir eigentlich selbst in der Hand haben.

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Für die einen ist es der richtige Lauf der Lottokugeln. Für andere die Konstellation der Sterne. Aber nicht nur Zufall oder Schicksal entscheiden über das Glücksgefühl, sondern auch das eigene Zutun, sagt Florian Becker. Der Psychologie-Professor erforscht und lehrt die Prinzipien von Erfolg und befasst sich mit Ursachen und Konsequenzen von Glück. Im Interview erklärt er, warum wir unser Denken darüber komplett umdrehen sollten.

Drei Komponenten von Glück

Doch vorab stellt Becker klar: Glück im psychologischen Sinne ist nicht das umgangssprachliche Glück beim Lottospielen. "Psychologisches Glück setzt sich zusammen aus den drei Komponenten Fühlen, Denken und Tun. Es geht um das Ausmass der augenblicklich empfundenen positiven Emotionen, also unser Fühlen", sagt der Autor.

Für ihn geht es auch darum, wie man sein Leben bewertet, ob es sinnvoll ist, man optimistisch in die Zukunft schaut oder ob wir Aufgaben haben, die uns erfüllen und in einen Glückszustand versetzen.

Herr Becker, es heisst, jeder ist seines Glückes Schmied. Stimmt das?

Florian Becker: Zu einem Teil. Wir wissen, dass ein deutlicher Teil beim Glücklichsein angeboren ist. Manche Menschen sind immer eher unglücklich, auch wenn ihre Situation objektiv noch so gut ist, andere eher glücklich.

Und natürlich gibt es auch Situationsmerkmale, die wir nicht wirklich beeinflussen können: Also in welche Familie wir geboren werden, in welche Gesellschaft, in welche gesundheitliche oder politische Lage. Aber wir haben tatsächlich selbst einen dritten Teil in der Hand, den könnten wir selbst beeinflussen.

Was nachweislich zu mehr Glück führt

Was können wir denn selbst tun, um glücklicher zu sein?

Es mag nach Allgemeinplätzen klingen, aber genug Schlaf, Bewegung insbesondere im Grünen, Meditation und gesunde Ernährung gehören dazu und haben nachweislich positive Einflüsse auf unser Glücksgefühl.

Wir sollten einfach viel von den Aktivitäten machen, die uns guttun. Und Dinge lassen, die das nicht tun. Etwa, indem wir diese delegieren oder umorganisieren. Wenn mich meine Steuererklärung nervt, dann gebe ich sie halt einem Steuerberater. Oder wenn ich den Weg zur Arbeit hasse und ständig im Stau stehe, dann versuche ich, mehr Homeoffice zu machen.

Kann ich mein Glück auch beim Denken und Fühlen beeinflussen?

Auch da habe ich tatsächlich viel in der Hand. Zum Beispiel, ob ich mich negativen Gefühlen wie Neid, Wut und Rache hingebe oder solche Emotionen nicht zulasse. Beim Denken ist wichtig, wie ich auf mein Leben schaue: Konzentriere ich mich auf das, was gut läuft, oder auf das, was nicht so gut läuft.

Machen Geld und Shopping uns nicht doch glücklich?

Kann ich etwas falsch machen beim Versuch, glücklich zu werden?

Ja, wenn man von falschen Glaubenssätzen ausgeht. Dass man meint, Glück sei ein Nebenprodukt von Erfolg oder von Vermögen. Wohlstand, Bildungserfolg oder Heirat beeinflussen unser Glück aber nur marginal, zeigen Studien. Doch viele Menschen glauben in ihrem Inneren leider trotzdem: "Wer sagt, dass man Glück nicht kaufen kann, der kennt nur nicht den richtigen Ort zum Shoppen!"

Aber wenn ich mir nach langem Sparen endlich mein Traumauto leiste oder die neuen Schuhe, dann fühle ich mich doch glücklich ...

Das stimmt. Aber: nur kurzfristig. Das Interessante ist, dass sich solche Sachen sehr schnell abnutzen. Das nennt man hedonistische Tretmühle. Die Freude hält nicht lange, und dann müssen wir wieder Neues kaufen. Und immer wieder. Ein Teufelskreis.

Nutzt sich denn ein Lottogewinn auch ab?

Ja. Es gibt Studien, in denen man Menschen untersucht hat, die Lotto spielten und nicht gewonnen haben und welche, die spielten und gewonnen haben. Kurz nach dem Gewinn sieht man natürlich einen riesigen Unterschied. Die Gewinner sind total glücklich. Aber das Interessante ist: Nach ungefähr einem Jahr ist kein Unterschied mehr in der Lebenszufriedenheit und dem Glück, das die Menschen beschreiben. Noch mal: Mehr Geld ist nicht die Lösung.

Glück als Ursache und nicht als Ergebnis

Und was lerne ich daraus?

Wir sollten unser Denken zu Glück komplett umdrehen. Auch wenn sich das erst mal verrückt anhört für viele: Glück ist weniger Abfallprodukt von Erfolg und guten Lebensbedingungen, sondern eher deren Ursache. Wer glücklich ist, der ist als Folge daraus beliebter, gesünder, beruflich erfolgreicher und wird eher gedatet.

"15 Minuten fürs Glück": Glück im Alltag finden

Auch noch nicht im Lotto gewonnen? Das wäre natürlich ein Riesenglück. Glück gibt es aber auch mitten im Alltag und völlig kostenlos. Wie wir es finden, erklärt die Therapeutin Anette Frankenberger in unserem Podcast "15 Minuten fürs Glück". (Bild: istock/4421010037)

Ist Glücklichsein denn auch ansteckend?

Auf jeden Fall. Es ist zwar so, dass wir Glück nicht kaufen können, aber es gibt eine Menge Möglichkeiten, unser Glück anzureichern. Eine relativ einfache ist tatsächlich, Menschen, die glücklich sind und Glück ausstrahlen, öfter zu treffen.

Und das Zweite ist: Wenn wir selber glücklich und gut gelaunt sind, wird das auch zurückgespiegelt! Wenn wir jemanden anlächeln, dann lächelt diese Person oft auch zurück. So kommen wir in einen positiven Kreislauf, eine positive Dynamik, und können tatsächlich uns selbst und zusätzlich auch uns gegenseitig glücklicher machen.

Was uns helfen kann, positiver zu sein

Was könnte mir denn helfen, jeden Tag positiver zu empfinden?

Eine einfache Massnahme ist eine Art Dankbarkeits-Tagebuch und sich zum Beispiel immer vor dem Einschlafen drei neue Dinge zu überlegen und sich zu fragen: Wofür bin ich heute dankbar? Es kann ein Erlebnis im Beruf gewesen sein, eine schöne Begegnung, der Anblick einer blühenden Blume, was auch immer. Vielleicht war eines ja davon, dass ich an diesem Tag ein interessantes Interview zum Thema Glück gelesen und dadurch wertvolle neue Inspirationen erhalten habe.

Jeder Mensch findet Dinge, die gut waren. Es geht darum, unser Gehirn an diese neue Perspektive zu gewöhnen. Viele sind es nur gewohnt zu fragen: "Was stört gerade, was läuft schlecht, wo ist ein Risiko, was ärgert mich?" Idealerweise lernen wir, unser Denken mehr auf das auszurichten, was positiv ist. Diese Übungen sollten wir zur Gewohnheit werden lassen, dass wir unser Gehirn trainieren, auf Dinge zu achten, die gut sind. So sehen wir auch mehr Chancen bei Beziehungen und im Beruf.

Und dann klappt es auch mit dem Glücksgefühl?

Definitiv. Und den ganzen Rest bekommen wir leichter dazu: Bessere Gesundheit, mehr Wohlstand und erfülltere Beziehungen.

(Katja Sponholz, dpa/af)

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