Wann ist man depressiv? Wie äussert sich die Krankheit? Sind Depressionen heilbar? Hier finden Sie die Antworten.

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Schlechtes Wetter, kurze Tage, im Dunkeln zur Arbeit, im Dunkeln zurück. Wer hegt während eines langen Winters nicht schon einmal trübsinnige Gedanken und fühlt sich deprimiert? Das ist nur allzu menschlich und nicht weiter bedenklich. Doch was, wenn die melancholische Stimmung nicht mehr weggehen will?

Die Winterdepression

Fühlt man sich über Wochen hinweg kraftlos, ohne Antrieb und hat zu nichts mehr Lust, dann könnte es sich um eine "saisonal abhängige Depression", also um eine Winterdepression, handeln. Grund dafür ist nach Ansicht von Experten das fehlende Tageslicht, beziehungsweise die mangelnde Lichtintensität. Wer sich durch die Symptome über einen längeren Zeitraum beeinträchtigt fühlt, sollte dennoch einen Arzt konsultieren.

Depression bis 2020 die zweithäufigste Krankheitsursache

Depressionen können jedoch auch vollkommen unabhängig von der Jahreszeit auftreten. Schätzungen zufolge erleiden rund sechs Prozent der Bevölkerung in westlichen Industriegesellschaften irgendwann in ihrem Leben eine Depression, auch unipolare affektive Störung genannt. Hinzu kommt rund ein Prozent an Menschen, die im Rahmen einer bipolaren affektiven Störung unter Depressionen leiden. Das sind Menschen, die neben den depressiven Phasen auch manische Phasen erleben (Phasen, die gekennzeichnet sind von massiv gesteigertem Antrieb, grossem Enthusiasmus, Omnipotenzgedanken und Selbstüberschätzung bis hin zum Grössenwahn). Schwere Depressionen sind sehr ernst zu nehmen, denn ungefähr zehn Prozent der Betroffenen begehen Selbstmord.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) geht davon aus, dass die Anzahl der Depressionen weiterhin zunehmen und bis 2020 in den Industriestaaten sogar die häufigste Krankheitsursache neben Herz-Gefäss-Erkrankungen sein wird.

Und obwohl diese psychische Störung mittlerweile fast schon eine Volkskrankheit ist, wird sie in vielen Fällen gar nicht oder erst sehr spät erkannt. Ein Grund dafür sind die körperlichen Begleiterscheinungen einer Depression: Kopf-, Nacken- oder Rückenschmerzen, Herz- und Atembeschwerden, Magen-Darm-Probleme sowie Unterleibsschmerzen werden oftmals erst spät mit der Diagnose Depression in Verbindung gebracht.

Reaktive und endogene Depression

Bei der Depression unterscheidet man oftmals zwei Kategorien der Erkrankung: Eine Depression, die durch eine schlimme Erfahrung ausgelöst wird, wie zum Beispiel durch den Tod eines Angehörigen oder Freundes, oder aber auch durch den Verlust der Arbeit, wird als reaktive Depression bezeichnet. Eine Depression ohne erkennbaren Auslöser hingegen wird endogene Depression genannt.

Wie äussert sich eine Depression?

Einfach nicht aufstehen wollen, nicht aufstehen können... Viele negative Gefühle und Gedanken gehen mit einer Depression einher. Nach der ICD, der internationalen Klassifikation von Krankheiten durch die WHO, leiden depressive Menschen unter einer gedrückten Stimmung, ihre Antriebskraft und ihre Aktivität sind im Ganzen vermindert. Sie sind unfähig, sich zu freuen, verlieren das Interesse, sogar an Dingen, die ihnen einmal viel bedeutet haben, und auch die Konzentration ist beeinträchtigt. Betroffene sind oft sehr müde - dabei können bereits kleine, alltägliche Handlungen sie über die Massen anstrengen und erschöpfen.

Auch Schlafstörungen können ein Zeichen für eine Depression sein. Typisch ist hier das so genannte "Morgenerwachen" und das "Morgentief". Die Person wacht sehr früh auf und kann nicht wieder einschlafen. Dementsprechend geht es ihr morgens besonders schlecht, während sich im Laufe des Tages das Befinden etwas bessern kann.

In vielen Fällen ist auch der Appetit gestört - Betroffene nehmen in der Folge ab, manche aber auch zu. Ausserdem sind das Selbstvertrauen und das Selbstwertgefühl beeinträchtigt. Die Betroffenen fühlen sich wertlos oder auch schuldig. Weitere Symptome sind Libidoverlust und eine psychomotorische Verlangsamung, das heisst man bewegt sich nur noch sehr langsam und schwerfällig, da bereits das Gehen als grosse Anstrengung empfunden wird. Im schlimmsten Fall kommt es zu Suizidgedanken.

Leichte, mittelschwere und schwere Depression

Abhängig von der Anzahl und der Schwere der auftretenden Symptome wird eine Depression (man spricht auch von depressiver Episode) als leicht, mittelgradig oder als schwer bezeichnet.

Bei einer leichten Depression treten mindestens zwei bis drei der beschriebenen Symptome auf. Der betroffene Mensch fühlt sich beeinträchtigt, kann aber in der Regel den meisten seiner Aktivitäten nachgehen, also zum Beispiel weiterhin seine Arbeit verrichten.

Bei einer mittelschweren/mittelgradigen Depression treten meist vier oder mehr der beschriebenen Symptome auf und der Betroffene hat bereits grosse Schwierigkeiten, seinem normalen Alltag und den damit verbundenen Aktivitäten nachzugehen.

Eine schwere Depression ist gekennzeichnet durch mehrere der beschriebenen Symptome, die als sehr quälend empfunden werden und damit einen schweren Leidensdruck auslösen. Typisch sind dabei der Verlust des Selbstwertgefühls sowie das Auftreten von Gefühlen von Wertlosigkeit und Schuld. Auch Suizidgedanken und -handlungen kommen häufiger vor.

Behandlungsmöglichkeiten

Die Anzahl und Ausprägung der Symptome und damit der Schweregrad der Depression ist von wesentlicher Bedeutung für die zu wählende Behandlung.

Um eine genaue Diagnose stellen zu können, stehen den behandelnden Medizinern verschiedene anerkannte psychologische Testverfahren zur Verfügung. Diese erfassen wichtige Symptome und bewerten sie mit Punkten. Anhand der Ergebnisse lässt sich dann die Schwere der Depression feststellen. Mithilfe der Hamilton-Depressionsskala beispielsweise beurteilt ein Arzt die Symptome seines Patienten, bei der Depressions-Selbstbeurteilungsskala nach von Zerssen hingegen bewertet der Patient selbst seine Symptome.

Im Anschluss daran verordnet der Arzt eine Therapie. Bei leichteren Fällen kann bereits Johanniskraut (Hypericum perforatum) helfen, das in Deutschland und Europa häufig verwendet wird. Auch mit Bewegung lassen sich schon gute Fortschritte in der Behandlung von Depressionen erzielen, wie zahlreiche Studien gezeigt haben.

Weiterhin kann eine Psychotherapie wie etwa eine kognitive Verhaltenstherapie nachgewiesenermassen helfen, Depressionen zu überwinden. Sie trägt dazu bei, negative Denkweisen und Verhaltensmuster, die mit einer Depression oft einhergehen, zu verändern.

Bei schweren Fällen muss eine Psychotherapie jedoch mit einer medikamentösen Behandlung kombiniert werden. Dazu werden sogenannte Antidepressiva verschrieben. Heute sind dies hauptsächlich die selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer/SSRI), die trizkylischen Antidepressiva ("Trizyklika") und die Monoaminoxidase (MAO)-Hemmer. Antidepressiva machen nicht süchtig und werden auch ohne begleitende Psychotherapie eingesetzt.

Depressionen haben mit den heute zur Verfügung stehenden Therapiemöglichkeiten gute Heilungschancen. Allerdings gibt es auch Formen von Depressionen, die wiederholt auftreten können - die sogenannte rezidivierende depressive Störung - die dann einer erneuten Behandlung bedarf.

Depressionen können auch im Rahmen des Burnout-Syndroms auftreten, so dass bei einer Depression auch diese Möglichkeit in Betracht gezogen werden sollte. Eine Abgrenzung ist jedoch schwierig und sollte durch einen erfahrenen Experten getroffen werden.

Quellen:

Pinel, Pauli (Hrsg.), "Biopsychologie", 2007, Pearson

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