Kopenhagen - Führende Gesundheitsexperten warnen davor, dass die Zahl der Menschen mit einer nicht-diagnostizierten HIV-Infektion in Europa wächst. Fehlende Diagnosen bedeuteten, dass Hunderttausende Menschen nicht die Versorgung erhielten, die sie benötigten, teilten die WHO Europa und die EU-Gesundheitsbehörde ECDC in einem gemeinsamen Bericht mit.
Es habe einen starken Rückgang bei den gemeldeten Fällen im ersten Corona-Jahr 2020 gegeben, und auch 2021 sei die Zahl der gemeldeten Neudiagnosen in der WHO-Region Europa fast 25 Prozent unter dem Vor-Pandemie-Niveau geblieben. Es bestehe dringender Bedarf, das Testen auf HIV schnellstmöglich auszuweiten.
Stigmatisierung hält viele vom Testen ab
"Ohne regelmässige HIV-Tests für die am stärksten Gefährdeten kann ein langer Zeitraum zwischen der HIV-Infektion und -Diagnose vergehen", warnte ECDC-Direktorin Andrea Ammon. Späte Diagnosen erhöhten das Risiko schwerer Erkrankungen und sogar von Todesfällen. Der WHO-Regionaldirektor Hans Kluge betonte, weiterhin weit verbreitete Stigmatisierungen hielten Menschen davon ab, sich testen zu lassen. Dies gefährde das Ziel, Aids bis 2030 ein Ende zu bereiten.
Das Bild, das die Experten von der HIV-Situation in Europa zeichnen, ist zweigeteilt. So blieb die vermutete Zahl der neuen HIV-Infektionen in der 50 Länder umfassenden WHO-Region Europa im Zeitraum 2018 bis 2021 Schätzungen zufolge unverändert, immer mehr Fälle blieben aber unter dem Radar. Für den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR), zu dem die EU, Norwegen, Liechtenstein und Island zählen, gebe es im Gegensatz dazu Hinweise, dass die Zahl der Menschen mit unentdeckter Infektion wahrscheinlich zurückgeht.
Nach ECDC/WHO-Angaben wurden im Laufe der vergangenen vier Jahrzehnte HIV-Infektionen bei über 2,3 Millionen Menschen in der WHO-Region Europa nachgewiesen und gemeldet, darunter vor allem im Osten der Region. Fast 590.000 davon lebten im EWR. © dpa
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