Sind COVID-19-Impfungen mit mRNA-Impfstoffen schuld am Ausbruch der Affenpocken? Nein – es gibt keine Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen mRNA-Impfstoffen und Affenpocken.

Am 4. August veröffentlichte eine österreichische Website einen Text mit der Überschrift "Israelischer Top-Experte: Affenpocken kommen vom mRNA-Impfstoff". Darin heisst es, Shmuel Shapira, ehemaliger Leiter des israelischen Instituts für biologische Forschung, habe auf Twitter geschrieben: "Affenpocken-Fälle waren jahrelang selten. In den letzten Jahren wurde ein einziger Fall in Israel dokumentiert. Es ist erwiesen, dass die mRNA-Impfstoffe das natürliche Immunsystem beeinträchtigen. Ein Ausbruch von Affenpocken nach einer massiven COVID-Impfung ist kein Zufall."

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Weiter heisst es, der Beitrag sei von Twitter gelöscht worden. Andere Nutzerinnen und Nutzer verbreiten den Inhalt auf Sozialen Netzwerken jedoch weiter (hier, hier und hier).

Ob Shapira sich so geäussert hat, ist unklar. Wir fanden lediglich einen Tweet von ihm, in dem es heisst: "Twitter hat mich gewarnt, ich soll meinen Tweet, der eine Verbindung zwischen Affenpocken und COVID-19 herstellt, löschen."

Keine Belege, dass Affenpocken eine Folge von COVID-19-Impfstoffen seien

Aus dem diffusen Zusammenhang, den Shapira angeblich suggeriert hat, trifft die österreichische Website die Aussage, Affenpocken würden verursacht durch die mRNA-Impfung. Für die Behauptung, Affenpocken seien eine Folge von COVID-19-Impfungen mit mRNA-Impfstoffen, gibt es jedoch keine Belege. Shapiras angebliche Behauptung, mRNA-Impfstoffe würden das Immunsystem nachhaltig schwächen, ist falsch.

Ein deutlicher Hinweis: Der erste Fall von Affenpocken beim Menschen wurde laut RKI schon 1970 bei einem Kind in der Demokratischen Republik Kongo festgestellt. Vereinzelte Ausbrüche gab es in den USA auch 2003 – lange vor der Corona-Pandemie.

Impfungen mit mRNA-Impfstoffen schwächen das Immunsystem nicht nachhaltig, wie wir bereits mehrfach in Faktenchecks berichtet haben (hier und hier).

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Immunsystem erleidet keinen nachhaltigen Schaden durch Impfung mit mRNA-Impfstoffen

Die aktuell gegen COVID-19 eingesetzten mRNA-Impfstoffe regen menschliche Zellen dazu an, das sogenannte Spike-Protein des Coronavirus zu produzieren. Das gibt den Anstoss für das Immunsystem, Antikörper gegen SARS-CoV-2 zu produzieren. Dadurch wird das Immunsystem so trainiert, dass eine Erkrankung unwahrscheinlicher wird oder milder verläuft. In einem Faktencheck von November 2021 haben wir den Vorgang ausführlich beschrieben.

Dass Impfungen das Immunsystem nicht schwächen, erklärte auch Bodo Plachter, kommissarischer Leiter des Instituts für Virologie an der Universität Mainz gegenüber AFP Faktencheck. Als Erklärung für den Ausbruch der Affenpocken käme ein durch Impfung beeinträchtigtes Immunsystem deshalb nicht infrage.

Affenpocken werden von Nagetieren oder Menschen übertragen, nicht durch mRNA-Impfstoffen verursacht

In Deutschland wurden laut RKI bislang 3.350 Fälle von Affenpocken gemeldet (Stand: 24. August 2022). Diese Fälle stünden in Zusammenhang mit einem weltweiten Ausbruch der Krankheit, die seit Mai 2022 insbesondere Europa betreffe, so das RKI. Die Zahl der wöchentlich übermittelten Fälle ist laut RKI seit Anfang August leicht rückläufig.

Nach übereinstimmenden Informationen des RKI und des Bundesforschungsinstituts für Tiergesundheit (Friedrich-Loeffler-Institut) handelt es sich bei Affenpocken um eine Viruskrankheit, die vermutlich vor allem von Nagetieren auf den Menschen übertragen wird. Eine Ansteckung von Mensch zu Mensch ist nach aktuellen Kenntnissen insbesondere bei engem Kontakt möglich. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schrieb am 27. Juni, dass sich die Krankheit vor allem unter Menschen verbreitete, die kürzlich sexuellen Kontakt mit einem neuen oder mehreren männlichen Partnern hatten. Weder das RKI noch das Friedrich-Loeffler-Institut, noch die WHO verweisen auf einen Zusammenhang zwischen mRNA-Impfstoffen und Affenpocken.

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