Darf man eigentlich Alkohol trinken, wenn man ein Antibiotikum nimmt? Muss man die Tabletten immer zu festen Zeiten einnehmen? Wirkt das Medikament auch dann noch, wenn man plötzlich Durchfall bekommt – und hilft es eigentlich auch gegen eine Erkältung? Um Antibiotika ranken sich einige Annahmen, die falsch sind.
Was sind Antibiotika eigentlich?
Kurz gesagt sind Antibiotika bestimmte Arzneimittel, die gegen Bakterien wirken. Einige Antibiotika töten Bakterien direkt ab. Andere hemmen ihre Vermehrung sehr stark, sodass das Immunsystem des Körpers es schafft, eine Infektion selbst einzudämmen.
Gegen Viren wirken Antibiotika allerdings nicht, sondern vor allem gegen schwere Infektionen, die Bakterien auslösen, also zum Beispiel bei einer Lungenentzündung oder bei einer Blutvergiftung.
Helfen Antibiotika bei einer Erkältung?
In den allermeisten Fällen ergibt es keinen Sinn, bei einer Erkältung Antibiotika einzunehmen. "Antibiotika und Erkältungen passen überhaupt nicht zusammen", sagt Professor Dr. Attila Altiner, Direktor des Instituts für Allgemeinmedizin der Universitätsmedizin Rostock.
Überwiegend lösen Viren Erkältungskrankheiten aus – und gegen sie wirken Antibiotika nun einmal nicht. Auch eine Grippe ist das Werk von Viren.
Es ist nicht nur so, dass die Antibiotika bei einer Erkältung nicht gegen die Viren wirken – unter Umständen leidet man dann nicht nur unter der eigentlichen Erkrankung, sondern auch noch unter Nebenwirkungen der Antibiotika.
"Es kann zum Beispiel passieren, dass einem schlecht wird und man Durchfall oder einen Ausschlag bekommt", sagt der Experte. "Antibiotika können aber auch dramatische Folgen haben."
Eine mögliche, wenn auch sehr seltene Folge ist eine Entzündung des Dickdarms, die unter Umständen sogar zum Tod führen kann. "Auch deshalb sollte man Antibiotika nur dann einnehmen, wenn es unbedingt notwendig ist", sagt Altiner.
Eine Erkältung braucht vor allem Geduld. "Halsschmerzen können durchaus einmal eine Woche lang anhalten, Husten sogar drei Wochen", sagt Altiner. Antibiotika beschleunigen die Heilung in dem Fall nicht.
Kann man die Einnahme einfach abbrechen, wenn man sich besser fühlt?
Früher gab es eine strikte Regel: Antibiotika müssen aufgebraucht werden. Ansonsten könnten einzelne der krankmachenden Bakterien im Körper überlebt haben und eine neue Infektion verursachen – gegen die das alte Antibiotikum dann möglicherweise nicht mehr wirkt, weil sich Resistenzen gebildet haben. So zumindest die Theorie.
"Heute ist es allerdings umstritten, ob man die Tabletten einer Schachtel wirklich alle aufbrauchen muss", sagt Altiner. Es gebe auch Indizien, die darauf hindeuteten, dass eine kürzere Einnahme in vielen Fällen ausreicht.
"Ich würde aber niemandem raten, die Einnahme einfach zu beenden", sagt der Experte. Stattdessen sei es sinnvoll, sich mit seinem Arzt abzusprechen – und der sollte in diesem Fall von vornherein eine entsprechend kurze Verordnung ausstellen.
Kann man einfach die Reste einer alten Packung einnehmen, wenn man wieder krank wird?
Hat man noch Reste alter Verschreibungen zu Hause, sollte man sie niemals einfach einnehmen, wenn man wieder krank wird. "Die Frage ist, ob die Einnahme beim ersten Mal überhaupt schon notwendig war", sagt der Experte.
Darüber hinaus fördert jede Einnahme die Bildung von Resistenzen, sodass man Antibiotika nie einfach auf Verdacht nehmen sollte.
Schädigen Antibiotika den Darm und ist es sinnvoll, dann Probiotika einzunehmen?
Antibiotika wirken nicht nur gegen die krankmachenden Bakterien im Körper, sondern auch gegen viele der sehr sinnvollen und günstigen Bakterien, die im Darm leben.
Sie wiederum haben nicht nur eine wichtige Funktion für die Verdauung, sondern auch für das menschliche Immunsystem. Mediziner sprechen bei der Gesamtheit der Bakterien im Darm auch vom Mikrobiom – und das leidet bei der Einnahme von Antibiotika erheblich.
"Meist stellt sich das Mikrobiom nach drei bis sechs Monaten aber wieder von selbst her", sagt Altiner.
Manche Menschen nehmen Probiotika ein, um den Darm dabei zu unterstützen. Zu der Frage, ob und wie sinnvoll das ist, gibt es unterschiedliche Untersuchungsergebnisse. Insbesondere ist nicht klar, welche Zusammensetzung von Bakterien im Darm wie wirkt.
"Ich denke, dass man mit Probiotika in der Regel nicht die negativen Effekte ausgleichen kann, die die Einnahme von Antibiotika auf das Mikrobiom hat", sagt Altiner.
Wirken Antibiotika auch dann, wenn man Durchfall bekommt?
Durchfall bei der Einnahme – und jetzt? Kommt genügend Wirkstoff im Körper an oder wird das Antibiotikum einfach ausgeschwemmt? "In der Regel ist es kein Problem, wenn man bei der Einnahme Durchfall bekommt", sagt Altiner.
"Der Körper nimmt das Antibiotikum trotzdem in ausreichender Menge auf, sodass es wirkt." Der Durchfall kann auch eine Nebenwirkung des Antibiotikums sein.
Häufig ist das unbedenklich – aber er kann auch auf eine gefährliche Neben- und Nachwirkung eines Antibiotikums hindeuten. "Wenn der Durchfall gar nicht aufhört oder sogar blutig wird, sollte man unbedingt zum Arzt gehen."
Muss man Antibiotika immer zu gleichen Zeit einnehmen?
Ob man Antibiotika immer zur gleichen Zeit einnehmen muss, hängt ganz vom Medikament ab. "Einige Antibiotika wirken nach der Einnahme nur wenige Stunden lang, deshalb ist es sinnvoll, sie mehrmals am Tag zu festen Zeiten zu nehmen", sagt der Experte.
Andere wirken schlecht, wenn man sie erst nach dem Essen nimmt oder vertragen sich nicht gut mit bestimmten Lebensmitteln. Da dies von Medikament zu Medikament sehr unterschiedlich ist, sollte man seinen Arzt um Rat fragen und die Packungsbeilage lesen.
Was ist, wenn man noch andere Medikamente einnimmt?
Die meisten Medikamente hemmen die Wirkung von Antibiotika nicht. "Es gibt allerdings einige Antibiotika, die Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten haben", sagt Altiner.
Deshalb ist es beispielsweise wichtig, einen Vertretungsarzt darauf hinzuweisen, welche Medikamente man einnimmt, damit es nicht zu solchen Wechselwirkungen kommt.
"Ich empfehle deshalb immer, sich von seinem Hausarzt einen Medikamentenplan ausstellen zu lassen, den man regelmässig aktualisiert", sagt Altiner. Darin sollte enthalten sein, was man wann in welcher Dosis einnimmt – und das ist insbesondere bei Reisen wichtig.
Antibiotika und Alkohol – geht das eigentlich zusammen?
Wie ist das eigentlich mit Antibiotika und Alkohol – darf man nun oder darf man nicht? Und was passiert, wenn man eigentlich nicht sollte, aber dennoch ein Glas Sekt oder ein Bier trinkt?
Bei den meisten Antibiotika geschieht tatsächlich gar nichts. Sie wirken trotzdem und auch ihre Nebenwirkungen verstärken sich durch den Alkohol nicht. Allerdings gibt es einige Antibiotika, die unangenehme Symptome wie Kopfweh und Übelkeit verursachen, wenn man sie mit Alkohol mischt.
Auch wenn das für die meisten Antibiotika nicht gilt, fördert es natürlich nicht gerade die Heilung, wenn man Alkohol trinkt, obwohl man eigentlich krank ist.
Verwendete Quellen:
- Gespräch mit Prof. Dr. Attila Altiner, Direktor des Instituts für Allgemeinmedizin der Universitätsmedizin Rostock
- BBC: "Can you have a drink while on antibiotics"
- Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA)
- Deutsche Apotheker Zeitung
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